Die Drachenreiter von Pern 15 - Drachenklänge
trotz der dicken Socken eiskalt anfühlten. Er nötigte sie, heißes Klah zu trinken, und wenn sie die viele Flüssigkeit ausscheiden musste, setzte er sie auf einen Eimer.
Mittlerweile hatte sich der Nebel so weit gelichtet, dass er die lotrecht in den Himmel stürmenden Klippen sah. Nirgendwo erspähte er eine Art Pfad oder Steig, den er hätte hinaufklettern können, um nach Hilfe zu suchen. Das Boot auf eigene Faust aus der Bucht zu segeln, traute er sich nicht zu, dazu fehlte ihm das seemännische Können. Außerdem hatte er nicht die geringste Ahnung, wo sie sich befanden – ob an Tilleks Küste, an den öden Gestaden des westlichen Hochlandes oder gar in den Gewässern von Fort, falls der Sturm sie so weit abgetrieben hatte.
Er gönnte ihnen beiden noch einen weiteren Tag zum Ausruhen, und als dann die nächste Morgendämmerung frostig und bei klarem Himmel aufzog, rüttelte er Kasia wach, damit sie ihm die Segelanweisungen gäbe.
»Wenn ich die Luke offen lasse, kannst du dann genug sehen, um mir zu sagen, was ich tun soll?« fragte er sie, als er merkte, dass sie zu schwach war, um seine Besorgnis zu teilen. Sie hatten kaum noch Proviant, die Holzkohle ging ihnen aus, und wenn sie die Kabine nicht beheizen konnten, würden sie in der Nacht erfrieren.
»Sie werden uns suchen«, murmelte sie.
»Aber sie können uns nicht sehen. Wir müssen aufs Meer hinaus, damit sie unser Boot überhaupt entdecken.«
»Du schaffst das schon, Rob«, flüsterte sie ohne die Spur eines Lächelns. »Du vermagst mehr, als du dir zutraust.«
»Das gleiche gilt für dich. Du bist auch stärker als du denkst«, gab er unverblümt zurück. Mittlerweile versuchte er gar nicht mehr, seine Angst zu unterdrücken.
Traurig schüttelte sie den Kopf und schloss wieder die Augen.
Er beobachtete sie und dachte daran, wie tapfer sie im Sturm gekämpft hatte. Doch nun war der Orkan vorbei, und sie verließ sich darauf, dass er, ihr Ehemann, sein Versprechen einlöste, sie zu behüten und zu beschützen. Nie hätte er gedacht, dass er so bald schon auf die Probe gestellt würde.
»Na schön, wenn du meinst. Dann wollen wir mal.«
Die Furcht schien ihn zu lähmen. Seine Füße waren schwer wie Blei. Ungelenk kletterte er an Deck. Rings um das kleine Boot ragten finster und bedrohlich die Klippen auf. Was ihm anfangs wie ein sicherer Zufluchtsort erschienen war, wirkte nun wie ein Gefängnis.
Ich brauche das Boot ja nur ein Stück weit aufs offene Meer zu segeln, sagte er sich. Das müsste mir doch gelingen. Er befeuchtete einen Finger und reckte ihn in die Luft. Nur ein leiser Hauch war zu spüren. Zum Glück wehte der Luftzug vom Land aufs Meer. Jetzt merkte er, dass sie buchstäblich im letzten Augenblick den Anker hatten fallen lassen. Es hätte nicht viel gefehlt, und das Boot wäre gegen die Klippen getrieben.
Er konnte sich nicht entscheiden, ob er zuerst das Segel oder den Anker hochziehen sollte. Dann dachte er sich, bei bereits gehisstem Segel könnte das Schiff sofort Fahrt aufnehmen, sowie er den Anker lichtete.
Beides glückte ihm, doch als er sich in die Plicht setzte und nach der Ruderpinne griff, war er außer Atem.
»Ich habe das Segel gehisst und den Anker eingeholt, Kasia«, rief er. »Jetzt fehlt nur noch eine Brise, die uns ins freie Wasser bringt.«
Sie murmelte etwas, das wie eine Ermutigung klang, und endlich glitt das Boot an dem schützenden Wall der Klippen vorbei. Als sie die offene See erreichten, kam ihm die immense Wasserfläche beinahe zu ruhig vor. Doch hier frischte der Wind auf und füllte das Segel.
»Nach rechts oder nach links, Kasia? Ich habe keine Ahnung, wo wir sind.«
»Nach steuerbord … nach rechts, Rob.« Ihre Stimme klang so schwach, dass sie ihre Segelkommandos dreimal wiederholen musste, ehe er sie verstand. Einmal raffte sie sich sogar auf, ihre Koje zu verlassen und spähte aus der Luke. Er atmete erleichtert auf, als er ihr Gesicht sah, das wieder einen Funken Lebensmut ausdrückte.
Ihren Befehlen folgend, wendete er die Schaluppe nach steuerbord und musste gleich im nächsten Augenblick den Kurs korrigieren, damit sie nicht auf ein Riff liefen, das wie eine Unzahl schrundiger Zähne knapp über die Wellen reichte. Panik drohte ihn zu übermannen.
Als er glaubte, dass sie die Klippen weit genug hinter sich gelassen hatten, nahm er alle seine Kräfte zusammen, entsann sich, was er bei Kapitän Gostol gelernt hatte, und fing an zu kreuzen.
Die Schaluppe nahm Fahrt auf, und nach
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