Die Drachenreiter von Pern 15 - Drachenklänge
wenn es stimmt, dauert es noch fünfzig Planetenumdrehungen oder gar mehr, bis es Fäden vom Himmel regnet«, hielt Robinton ihm entgegen. »Dann sind wir beide – du und ich – steinalt.«
»Die meisten Drachenreiter werden über hundert – mit fünfzig stehen sie noch in der Blüte ihrer Kraft«, widersprach Falloner. »Der alte M'odon ist beinahe hundertundzehn Planetenumdrehungen alt, und sein brauner Nigarth strotzt vor Energie und Gesundheit.«
»Kann er sich an den letzten Fädenfall erinnern?«
»Nein, dazu ist er nicht alt genug, aber sein Urgroßvater hat gegen die Fäden gekämpft.«
In diesem Augenblick ermahnte Merelan die Klasse zur Ruhe. »Heute lernen wir das Lied der Fragen. Weyrführer S'loner hat mich eigens darum gebeten, euch Text und Melodie beizubringen. Robinton, sing es uns bitte noch einmal vor, damit wir die Melodie im Ohr haben. Es sollte uns zur Ehre gereichen, dem Wunsch eines Drachenreiters nachzukommen, sowie es allen Menschen geziemt, jeden Drachen und jeden Reiter mit äußerster Zuvorkommenheit zu behandeln.«
***
Fünf Tage später erschien ein grüner Reiter mit einer Einladung. Merelan und Robinton sollten im Weyr zu Abend speisen, und die Meistersängerin möchte doch bitte so freundlich sein und ein paar der neuen Musikstücke interpretieren, die man unlängst in Burg Benden gehört hatte.
Robinton war sich nicht sicher, ob man sie wegen des Lieds der Fragen eingeladen hatte oder sich einfach nur am Gesang seiner Mutter erfreuen wollte.
»Natürlich werde ich dort singen, Robie«, erklärte sie lächelnd ihrem Sohn. »Deshalb nehmen wir auch unsere Instrumente mit. Aber ich bin froh, dass man dich auch eingeladen hat. Ich möchte, dass du den Benden Weyr kennen lernst.« Sie legte eine Pause ein und zwinkerte ihm komplizenhaft zu. »Dann hast du keine Angst, wenn du eine Nacht im Fort Weyr verbringen musst.«
»Woher weißt du das?« Die Lehrlinge verrieten niemandem etwas von dieser Mutprobe, und ein Mädchen hätten sie erst recht nicht eingeweiht.
Merelan schmunzelte. »In der Harfnerhalle gibt es viele offene Geheimnisse, über die man nur nicht spricht. Natürlich hätte ich keinen Augenblick lang ernsthaft angenommen, du könntest dich des Nachts in einem leeren Weyr fürchten.«
Geschmeichelt warf sich Robinton in die Brust. »Aber sind nicht alle Weyr verschieden?«
Merelan dachte darüber nach. »Doch, sicher, und in den Archiven lagern sogar Karten, die Auskunft darüber geben, wie ein Weyr angelegt ist. Das heißt, dieses Kartenmaterial zur Orientierung müsste vorhanden sein. Sowie ich nach Fort zurückkehre, werde ich mich darum kümmern.«
»Wann gehen wir denn zurück, Mutter?« Nicht, dass es Robinton nach Hause gezogen hätte. Hier in Benden fühlte er sich ausgesprochen wohl, und einen so guten Freund wie Falloner hatte er noch nie gehabt.
Seine Mutter strich ihm über das Haar.
»Vermisst du die Harfnerhalle?«
»Nicht, wenn du mich unterrichtest«, erwiderte er. »Obwohl du strenger mit mir bist als Meister Washell oder Kubisa.«
»Tatsächlich?«
»Es gefällt mir, dass ich dich jetzt ganz für mich allein habe.«
»Aber du hast mich nicht für dich allein, Robie«, korrigierte sie ihn. Ihre Stimme klang so merkwürdig, dass er zu ihr hochblickte und bemerkte, dass seine Mutter die Stirn runzelte. »Du teilst mich mit allen Bewohnern von Benden, und vor allem meine Schüler haben einen berechtigten Anspruch auf mich.«
Eine Weile sann er darüber nach. »Ja, sicher, aber es ist trotzdem anders als in der Harfnerhalle.«
»Recht hast du«, räumte sie leise ein. Dann schlug sie einen forschen Ton an. »Und jetzt sollten wir beide ein wenig üben, damit wir unsere Vorstellung im Weyr nicht verpatzen.«
***
Später erzählte Robinton Falloner von der Einladung. »Kommst du auch mit?« fragte er hoffnungsvoll.
»Ich? Nein. Warum sollte ich?«
»Aber … aber … aber …«
Falloner winkte ab und grinste lässig. »Hier in der Burg bin ich gut aufgehoben. Meine leibliche Mutter starb bei meiner Geburt. Meine Pflegemutter verschied an einem Fieber, das die Heilerin nicht senken konnte, und jetzt gibt es da droben im Weyr niemanden mehr, den ich gern Wiedersehen möchte.«
»Nicht mal deinen Vater?«
Falloner legte den Kopf schräg und sah seinen Freund aus leicht zusammengekniffenen Augen an. »Mein Vater bedeutet mir genauso wenig wie dir der deine.«
»Ich habe nie etwas in dieser Hinsicht gesagt …«
»Aber du sprichst niemals
Weitere Kostenlose Bücher