Die Drachenreiter von Pern 17 - Drachenwege
seufzte. »Ich hingegen widmete mich dem Singen, weil der Meisterheiler sich weigerte, mich weiterhin zu unterrichten.«
Kindan blickte bestürzt drein. Meister Zist wedelte mit beiden Händen. »Nun mach schon und lauf zu Margit. Was stehst du hier herum und hältst Maulaffen feil? Gemeinsam werden wir das Kind schon zur Welt bringen.«
Kindan drängte Margit, sie möge sich sputen, doch die Frau dachte nicht daran, sich von ihm hetzen zu lassen. Als sie endlich bei Jenella ankamen, stand Milla Hände ringend in der Tür zum Kreißzimmer und jammerte immerzu: »Das Kind kommt zu früh. Viel zu früh!«
»Blödsinn, das stimmt doch gar nicht!«, widersprach Margit in nüchternem Ton. »Jenella ist im achten Monat, und das Baby wird auf jeden Fall lebensfähig sein.« Sie baute sich vor der hysterischen Bäckerin auf und drohte ihr: »Wenn du dich nicht besser beherrschen kannst, Milla, schicke ich dich zurück in deine Küche.«
Milla, die die ganze Aufregung um keinen Preis hätte missen mögen, zog pikiert die Nase hoch, hielt jedoch den Mund.
Kindan, der Margits Hebammentasche trug, folgte ihr in das Gebärzimmer. Natalon war da und hielt Jenellas Hand. Meister Zist hatte Decken und Laken so platziert, dass die Intimsphäre der Gebärenden gewahrt blieb, und bereitete sich darauf vor, das Baby mit den Händen aufzufangen.
Doch er hatte nicht mit Margit gerechnet, die völlig Herrin der Lage war. Ohne viel Federlesens schob sie den Harfner zur Seite und nahm eine Untersuchung vor. Zufrieden wandte sie sich an Jenella. »Hab keine Angst, meine Liebe«, beruhigte sie die Frau. »Es werden keine Komplikationen eintreten. Bei den nächsten Wehen musst du pressen, so fest du kannst. Aber der Ablauf ist dir ja vertraut, schließlich ist es nicht deine erste Niederkunft.«
Dalor, der sich in eine Ecke des Zimmers verkrümelt hatte, trat nervös von einem Fuß auf den anderen. Meister Zist warf einen Blick auf ihn, machte schmale Augen und wandte sich an Kindan. »Junge, geh in die Küche und sag Bescheid, man soll ein paar Tücher in kochendes Wasser tun. Wir brauchen absolut sauberes Zeug, um später die Mutter und das Baby zu waschen. Aber nimm Dalor mit, er hat hier nichts zu suchen.«
Kindan schwante, dass Meister Zist nur daran gelegen war, Dalor aus dem Zimmer zu schaffen. Verschmitzt lächelte er dem Harfner zu. Dann ging er zu Dalor und schleppte den widerstrebenden Jungen in die Küche.
Als sie außer Hörweite waren, schlug Kindan seinem Freund vor: »Wenn wir es richtig anstellen, können wir deine Schwester in das Gebärzimmer schmuggeln. Jeder wird glauben, du seist zurückgekommen.«
»Ach ja, bitte«, tuschelte eine Mädchenstimme, und aus den Schatten löste sich eine kleine Gestalt. Es war Nuella. »Ich möchte so gern dabei sein, wenn das Baby kommt; und Mutter wird auch wollen, dass ich helfe.«
»Aber wenn Margit oder Milla etwas merken …«, hielt Dalor ihr zweifelnd entgegen.
»Keinem wird etwas auffallen, wenn sich nur jeweils einer von euch im Zimmer aufhält und ihr die gleiche Kleidung tragt«, meinte Kindan. »Bei der Aufregung, die jetzt herrscht, haben alle nur Augen für die Mutter und das Neugeborene.«
»Das klappt nur, wenn du meine Mütze trägst«, überlegte Dalor. Er zog sich seine Mütze vom Kopf und stülpte sie über Nuellas Haare.
»Perfekt«, stellte Dalor fest. »Jetzt siehst du genauso aus wie ich.«
»Aber wenn du die Mütze weglässt oder sie dir vom Kopf rutscht, fliegt der Schwindel auf«, warnte Kindan. Dalor blickte skeptisch drein.
Nuella nickte. Für sie war die Angelegenheit damit erledigt. Sie wandte sich an Kindan. »Du läufst jetzt in die Küche und sagst der Köchin, sie solle das schärfste Messer, das sie hat, sterilisieren. Sie wird sich vielleicht sträuben, aber darauf gehst du gar nicht ein. Wir brauchen es, um die Nabelschnur durchzuschneiden. Das sterilisierte Messer soll sie dann auf die Tücher legen, die in kochendem Wasser keimfrei gemacht wurden. Auf diese Weise wird es nicht von neuem verunreinigt.«
Kindan machte sich auf den Weg in die Küche und staunte über Nuella, die wie selbstverständlich das Heft in die Hand genommen hatte.
Doch sein Plan funktionierte reibungslos. Kindan sorgte dafür, dass Nuella und Dalor jede Viertelstunde ihre Plätze in dem Kreißzimmer tauschten. Als Jenella ihre Tochter erkannte, riss sie erschrocken die Augen auf. Nuella nickte der Mutter beruhigend zu und deutete verstohlen in Kindans Richtung.
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