Die Drachenschwestern
Ärger merkte Kaja dass sie rot wurde. Langsam
aber sicher wurde sie wütend. Richtig wütend.
„Ich sehe schon, du spionierst mir tatsächlich nach. Und
ich dachte wirklich, du hättest dich gebessert. Gut für dich, dass du morgen
nicht da bist – ich hätte dich nämlich sowieso nicht mitgenommen!“
Er
schnaubte verächtlich. „Wie wenn du mich zurückhalten könntest!“
Kaja wollte gerade zu einer weiteren scharfen Erwiderung
ansetzen, als ihr plötzlich ein Gedanke kam, der sie innehalten ließ. Könnte es
sein... überlegte sie und fragte dann gleich laut: „Kann es sein, dass der Herr
Drache eifersüchtig ist?“
„Ich?
Eifersüchtig?“ Vor lauter Entsetzen über ihre Frage war seine Stimme ein paar
Oktaven höher geklettert.
„Pah, mach doch was du willst. Aber komm nachher nicht
an und sage, ich hätte dich nicht gewarnt!“
Mit diesen Worten drehte er sich um, wie eine beleidigte
Diva und rauschte aus dem Zimmer.
„Ein
eifersüchtiger Drache“, sinnierte Kaja verzückt und starrte ihm hinterher.
Dieses Wissen ließ sich sicher irgendwann mal gewinnbringend einsetzen,
wenn er wieder einmal gar zu selbstgefällig wurde. Sie grinste. Schließlich raffte
sie sich auf, machte in der Küche halbwegs Ordnung und taumelte dann,
ausgelaugt von der ganzen Aufregung, erschöpft aber zufrieden ins Bett.
Kapitel 14
Am nächsten Morgen wachte Kaja überraschend fit auf. Sie hatte tief und
traumlos geschlafen. Sie blieb noch einen Moment unter der Decke liegen und
warf einen Blick aus dem Fenster, welches immer weit offen stand. Sie brauchte
einfach so viel frische Luft, wie möglich und hasste nichts mehr als
geschlossene Fensterläden. Deshalb konnte sie jetzt auch ungehindert den
strahlend blauen Himmel bewundern. Sehr gut, dann würde sie eine angenehme
Fahrt nach Bern haben. Kaja freute sich auf den Tag, der vor ihr lag. Einerseits
war sie gespannt auf Tims Freund, auch wenn sie sich keine großen Hoffnungen
machte, dass er ihr weiterhelfen könnte. Sie wusste ja selbst nicht einmal
genau, wonach sie eigentlich suchte. Zudem freute sie sich darauf, Tim wieder
zu sehen, wenn sie ehrlich war. Allerdings fand sie das gleichzeitig ein wenig
beängstigend. Es ließ sich nicht leugnen, dass zwischen ihnen eine gewisse
Anziehungskraft herrschte, die früher nicht da gewesen war.
Du Dummkopf, schalt sie sich. Das ist ja kein Wunder,
das ist jetzt auch beinahe zehn Jahre her. Entschlossen schlug sie die
Bettdecke zurück und stellte sich der herbstlich kühlen Morgenluft. Zum Glück
waren es nur einige Schritte ins Badezimmer. Sofort schaltete sie ihren kleinen
Heizbläser ein. Immer noch bibbernd schlüpfte sie unter die Dusche und drehte
den Hahn auf, bis das Wasser so heiß war, dass sie es gerade noch knapp
ertragen konnte. Zehn Minuten später war sie fertig und wickelte sich in das
bereitgelegte Handtuch.
Während Zorro sein Frühstück verschlang, packte sie ihre
Tasche. Ihre Agenda und ihr Handy hatte sie schon verstaut, so dass sie nur
noch ein paar Müsliriegel aus dem Schrank nahm und in die Tasche stopfte. Mit
einer vollen Wasserflasche unterm Arm und Zorros Leine in der Hand ging sie zur
Tür. Zorro sprang freudig voraus und die beiden machten eine kurze Runde zur
Hundewiese. Da sie früh aufgestanden war und mit wenig Verkehr rechnete, nahm
sie sich die Zeit, noch ein wenig mit ihm zu spielen. Schließlich musste er
nachher lange genug im Auto sitzen. Während sie beobachtete, wie Zorro
übermütig dem Ball nachjagte, fiel ihr wieder ein, wie viel Spaß er immer bei
Mémé hatte. Bedauernd stellte sie fest, dass Zorro im Grunde genommen kein
Stadthund war, auch wenn sie sich bemühte, ihm möglichst viel Abwechslung zu
bieten. Sie nahm den Ball von Zorro in Empfang und warf ihn erneut. Sie selber
würde eigentlich auch lieber auf dem Land wohnen. Aber jeden Tag zur Arbeit in
die Stadt pendeln, das konnte sie sich auch nicht vorstellen. Wenn ich nur
selbständig wäre, seufzte sie. Aber das war sie nun mal nicht. Sie verscheuchte
die lästigen Gedanken aus ihrem Kopf. Es hatte keinen Zweck, über Dinge
nachzugrübelnd, die sich nicht ändern ließen. Ein letztes Mal warf sie den Ball,
bevor sie sich auf den Rückweg machten.
Endlich waren sie unterwegs. Zuerst hatte sie noch
einmal in die Wohnung zurückkehren müssen, um ihren Autoschlüssel zu holen.
Zorro hatte ihre Abwesenheit natürlich dazu genutzt, die Nachbarskatze durch
sämtliche Gärten zu jagen, was dazu geführt hatte, dass
Weitere Kostenlose Bücher