Die drei Ausrufezeichen 41 - Im Bann des Flamenco
»Ich sehe mal nach«, sagte sie und lief zu dem Haus zurück.
»Sei bloß vorsichtig!«, rief ihr Felipe nach.
»Klar!«, antwortete Franzi. Langsam näherte sie sich der Stelle, an der das Holzstück lag. Sie nahm es auf und betrachtete es mit gerunzelter Stirn. Das Holz war dunkel, morsch und wurmstichig. Franzi sah zur Balkonbrüstung nach oben. Von hier konnte das Geschoss nicht stammen, die Balustrade war viel heller. Vorsichtig ging sie zum seitlichen Eingang und daran vorbei. Dabei hielt sie sich eng an der Wand. Ihr Blick fiel auf die groben Steinquader der hohen Mauer, die das gegenüberliegende Haus umschloss. Beherzt kletterte Franzi daran hoch, indem sie die breiten Fugen als Kletterhilfe nutzte. Schnell erreichte sie den oberen Rand, schwang ein Bein rüber und blieb rittlings sitzen. Verwundert sah sie sich um. Franzi stutzte. Sie war auf einer Dachterrasse gelandet!
Die Tür und die Fenster, die zur Terrasse führten, waren mit Brettern verbarrikadiert. Das Haus schien ebenfalls nicht bewohnt zu sein. Trotzdem musste Franzi vorsichtig sein!Schnell ließ sie sich auf den Boden rollen und blieb in geduckter Haltung sitzen. Sie stieß mit dem Ellbogen gegen etwas Hartes und Kantiges. Es war unter einer Plane verdeckt. Franzi hob vorsichtig einen Zipfel hoch – und riss die Augen auf.
Detektivtagebuch von Kim Jülich
Sonntag, 21:30 Uhr
Kaum sind wir in Cuenca angekommen, schon haben wir alle Hände voll zu tun. Und zwar nicht mit Spanischlernen – sondern mit Detektivarbeit! Und das auch noch in mehreren Fällen:
1. Das Attentat
Marie wäre beinahe von einem großen Holzstück getroffen worden, das von einer Dachterrasse heruntergefallen ist! Glücklicherweise ist nichts passiert. Es stellt sich die Frage, ob jemand nachgeholfen hat (und wenn, dann vor allem: WARUM?!?) oder ob ein unglücklicher Zufall zu der gefährlichen Situation geführt hat. Franzi hat auf der Terrasse unter einer Plane einen großen Stapel mit alten Balken entdeckt. Sie sahen genauso aus wie das Holzstück, das uns so erschreckt hat. Eigentlich ist es fast unmöglich, dass der Balken von alleine über die Brüstung gerutscht ist. Aber der Gedanke, dass jemand hinter uns herläuft und Sachen auf uns wirft, ist einfach zu gruselig …
Wir werden den Tatort in jedem Fall in den nächsten Tagen noch einmal besichtigen.
2. Die Frau im Brunnen
Außerdem hatten wir eine merkwürdige Begegnung: Wie aus d em Nichts tauchte eine Frau hinter uns auf, als wir Fotos von uns gemacht haben, und ist blitzschnell wieder verschwunden. Als wir der Sache nachgegangen sind, haben wir einen Gang entdeckt, der zum alten Wasserversorgungsnetz von Cuenca gehört. Was hatte die Frau dort zu suchen? Felipe tippte darauf, dass sie sich einfach verlaufen hat. Vielleicht war es so. Vielleicht aber auch nicht! Die Frau könnte auch das Holzstück auf uns geworfen haben, nachdem sie gemerkt hat, dass wir ihr gefolgt sind?! Aber warum sollte sie so etwas tun? Wer ist diese Frau?!
Die drei !!! werden die Sache im Auge behalten!
3. Die verschwundene Reliquie
Wir wurden gleich bei unserer Ankunft überraschend mit diesem Fall beauftragt und werden ab morgen mit Hochdruck ermitteln. Unser Auftraggeber ist der Pfarrer Antonio Delgado. Ich übernehme im Folgenden die wichtigsten Punkte aus meinem handschriftlichen Protokoll von heute Nachmittag:
Am Samstag, 8:00 Uhr, stellte A. Delgado fest, dass eine goldene, mit blauen Edelsteinen geschmückte Kapsel, die ein Knochenstück des kleinen Fingers von San Julián de Cuenca (dem Schutzpatron von Cuenca und ehemaligem Bischof, der im Jahr 1208 gestorben ist) enthält, verschwunden ist. Die Reliquie muss im Zeitraum von Freitagnachmittag bis Samstagmorgen vom Schreibtisch im Büro des Pfarrers entwendet worden sein. Er hatte die Kapsel dort liegen, weil er sie in den Reliquienschrein einfügen wollte, der frisch restauriert aus Madrid eingetroffen war. Durch einen Besuch am Freitagnachmittag wurde Señor Delgado jedoch abgelenkt: Eine Architekturstudentin aus Berlin, Monika Sales, tauchte völlig überraschend auf . Sie bat ihn um Kopien von alten Stadtplänen von Cuenca, die in der K irchen-Bibliothek archiviert sind. Augenblicklich benötigte die Studentin die Pläne für eine Hausarbeit über alte Städte aus dem 12. Jahrhundert. Antonio Delgado zeigte ihr den Weg in die Bibliothek und zum Kopierer. Auf dem Rückweg traf er auf den Vertreter einer Bruderschaft, der mit ihm etwas wegen der bevorstehenden
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