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Die Drei Federn - Joshuas Reise (German Edition)

Die Drei Federn - Joshuas Reise (German Edition)

Titel: Die Drei Federn - Joshuas Reise (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stefan Bolz
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seinen Blick über das mondbeschienene Tal schweifen, das unter ihnen lag. Er spürte plötzlich ein Brennen in den Augen. „Ja, ich schätze schon. Jedenfalls bis ich so dumm war, loszugehen und sie zu verlassen und einem Traum zu folgen. Seitdem gibt es nichts als Elend.“
    Der Wolf sah ihn an. Seine blauen Augen schienen tief in Joshuas Seele einzudringen. Er konnte seinen Blick nicht abwenden. Er spürte Tiefe in dem Wolf und Weisheit, doch dahinter sah er auch Trauer.
    Nach einer Weile erreichte ihn das Bild eines verschneiten Waldes. Eiszapfen hingen von großen Kiefern herab, deren Äste so schneebeladen waren, dass sie fast den Boden berührten. Er sah einen weiblichen Wolf, dessen Vorderpfote in einer Falle steckte. Um die große Eisenkralle herum, die Haut und Fleisch der Wölfin bis auf den Knochen durchdrungen hatte, war Blut zu sehen. Drei Tage lang war Grau bei ihr geblieben und hatte ihr Wild zu fressen gebracht. Doch als die Jäger am vierten Tag eintrafen, waren sie gekommen, um zu töten. Grau kämpfte und konnte einen von ihnen töten, bevor er seinen Bogen heben konnte. Der zweite Jäger verfehlte Grau um wenige Zentimeter, doch er war ein guter Jäger aus den Dörfern bei der Felsschlucht und sein zweiter Pfeil fand, nur wenige Momente nachdem Grau dem ersten entkommen war, das Herz seiner Gefährtin.
    Er wollte sterben, in diesem Moment, an diesem Ort. Ohne sie an seiner Seite hatte sein Leben jeglichen Sinn verloren. Er wollte auf die Lichtung treten und der Pfeil des großen Jägers sollte auch sein Herz finden. Vielleicht, dachte er, würden sie sich nach dem Tod wiedersehen. Aber etwas in ihm war noch nicht bereit dafür. Er konnte sich einfach nicht überwinden, es tatsächlich zu tun. Ihm wurde klar, dass sie es nicht gewollt hätte. Wie ein warmer Wind, der in der Nacht im Hochland die Wärme von den weiten, sonnendurchfluteten Tälern in die Berge trägt, sprach es sanft zu ihm über das Leben, das sie sich für ihn wünschte.
    So hielt er sich versteckt, bis die Nacht dem Tag wich und der Jäger verschwand und ihren Körper mit sich nahm. Drei Tage lang betrachtete er den Ort, an dem sie gelegen hatte, doch er fand keine Spuren mehr von ihr. Der Schnee hatte alles zugedeckt. Das Blut und sogar ihr Duft waren verschwunden. Es war, als hätte es sie nie gegeben.
    Der Wolf lief zehn Tage lang. Beinahe ohne Pause durchquerte er das Hochland, fraß kaum etwas und spürte kaum etwas. Er wünschte, er könnte seinen Verlust einfach zurücklassen, ihm davonlaufen und ihn niemals wieder zu Gesicht bekommen. Doch er verfolgte ihn, wie ein Jäger seine Beute verfolgt, und am elften Tag wurde er langsamer und ließ zu, dass seine Trauer ihn einholte. Er sank zu Boden und weinte, bis er in einen traumlosen Schlaf fiel. Und als er am nächsten Morgen erwachte, war die Leere in seinem Herzen weit wie die Tundra und ebenso kalt.
    „Es tut mir leid“, dachte Joshua. „Es tut mir so leid.“
    „Danke“, erwiderte der Wolf.
    „Du hast alles getan, um ihr zu helfen.“
    „Ich weiß“, dachte Grau.
    „Du hast sie nicht dort zurückgelassen. Du bist bei ihr geblieben.“ Die Bitterkeit, die diesen Gedanken begleitete, überraschte Joshua selbst.
    „Nein. Ich habe sie nicht verlassen. Das macht mich nicht weniger verantwortlich. Denn ich hätte es gewesen sein müssen, der dort in der Kälte starb, nicht sie. Ich hätte alles darum gegeben, an ihrer Stelle zu sein. Alles und mehr.“
    Darauf gab es keine Antwort und Joshua fühlte die Leere, die den Wolf in diesem Moment umgab und er erkannte, dass diese Leere auch sein Herz erfüllte.

 
     
     
    Kapitel 5 – Krieg
     
     
    Die folgenden Tage verbrachten Joshua und der Wolf damit, die Landschaft zu durchwandern. Sie überquerten Flüsse und erklommen Hügel, nur um auf der anderen Seite wieder herunterzuklettern und den nächsten in Angriff zu nehmen. Die meiste Zeit hingen beide ihren eigenen Gedanken nach, bis sie am dritten Tag wieder einmal einen Hügel überwunden hatten und inmitten einer kleinen Siedlung eine alte Scheune entdeckten.
    „Spürst du das?“, dachte Joshua.
    „Nein. Was meinst du?“, fragte Grau.
    „Ich habe das schon einmal gespürt. In meinem Pferch. Am Anfang waren wir zwei Hähne. Aber der andere war fast doppelt so groß wie ich und hat ständig nach mir und den Hühnern gepickt. Eines Morgens öffnete sich die Tür zum Pferch und der Bauer kam herein und packte den anderen Hahn und brachte ihn zu einem Platz neben

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