Die drei Hellwang-Kinder
ins Haus nehmen, der die Wirtschaft in Ordnung hält und der die Kinder erzieht. Eine Hausdame...«
Hellwang prallte bei diesem Wort ein wenig zurück, es betonte das Haus zu stark und die Kinder zu wenig. Aber das waren wohl nebensächliche Erwägungen. Hausdame oder Erzieherin, es ging darauf hinaus, daß man einen fremden Menschen in die Familie und Hausgemeinschaft aufnehmen sollte, und dieser Gedanke war ihm gar nicht angenehm.
»Kennst du denn jemanden, der für diese Aufgabe geeignet wäre?« fragte er schließlich und ließ deutlich erkennen, wie wenig ihm die Sache behagte.
Die alte Dame schüttelte den Kopf: »Nein, leider nicht — man müßte ein Zeitungsinserat auf geben.«
Konrad Hellwang verzog das Gesicht: »Ein Zeitungsinserat«, murmelte er, auch dieser Gedanke schien ihm äußerst zuwider zu sein.
»Unter einer Chiffre natürlich«, warf die alte Dame ein, als würden mit der Anonymität der Anzeige alle Bedenken aus der Welt geschafft, »laß mich nur machen, ich erledige das schon.«
Hellwang nickte ihr mehr düster als dankbar zu: »Wirst du wenigstens noch so lange hierbleiben, bis wir jemanden gefunden haben?«
»Aber selbstverständlich, lieber Junge! Die paar Tage wird Vater wohl noch warten können. Ich werde ihm sogleich von unseren Absichten schreiben, und er wird sich, wenn auch brummend, damit abfinden.« Sie erhob sich, um in ihr Zimmer zu gehen und Brief und Anzeige sofort aufzusetzen, als fürchte sie, Konrad Hellwang könne in seinem Entschluß wankend werden. Er griff nach ihrer Hand und drückte einen Kuß auf die zerknitterte, kühle Haut.
»Vielen Dank, Mutter«, murmelte er, »du warst mir in diesen Wochen eine große Hilfe. Ja, ich weiß wirklich nicht, was ich ohne dich angefangen hätte. Ich bin noch immer wie betäubt...«
»Warte nur«, sagte sie munter, »es wird sich schon alles einrenken, und du wirst mich gar nicht mehr vermissen, wenn wir erst einen netten, anständigen Menschen gefunden haben. Sieh einmal, noch will dir die Geschichte nicht recht in den Kopf, aber du wirst es nicht zu bereuen haben. Ganz im Gegenteil — denn du brauchst ja unbedingt jemanden, der aufs Haus und auf die Kinder achtet, schon wegen deiner Arbeit. Jetzt poltern die Kinder über die Treppen und stören dich mit jedem Quark und lassen dir keine ruhige Minute. Und du mußt arbeiten, Konrad, es ist das einzige Heilmittel für dich, um wenigstens für ein paar Stunden am Tage Ablenkung zu finden und nicht mehr daran zu denken...« Sie vollendete den Satz nicht. Hellwang blieb allein und lauschte ihren entschwindenden, leichten Schritten.
Ach, wie sollte er seine Erinnerungen und Gedanken bannen? Er preßte die Hände vor die Augen und krümmte den Rücken.
Nie mehr würde Luisa im verströmenden Lichtkreis seiner Schreibtischlampe in dem kleinen braunen Sessel kauern und ihm zuhören, wenn er ihr neue Sätze eines werdenden Buches vorlas und ihre Kritik herausforderte...
Nie mehr wird sie bei fröhlichen Fahrten an die Seen und in die Berge an seiner Seite sitzen, nie mehr ihn ermahnen, langsamer und vorsichtiger zu fahren...
Und die vertraulichen Gespräche, wenn die Kinder schliefen und der Sommerregen aufs Dach plätscherte...
Und die langen Spaziergänge durch die nahe Lohe bis nach Maria-Eich hinauf, wo wächserne Herzen fromm im goldenen Kerzenschimmer unter altersdunklen Gnadenbildern hingen...
Und die süßen Umarmungen und die beglückenden Zärtlichkeiten ihrer großen Liebe zueinander, die von Jahr zu Jahr nur gewachsen und inniger geworden war...
Es war, als würde die dunkle Wolke von Trauer und Mutlosigkeit, die ihn umhüllte, noch schwerer und schwärzer.
Draußen prasselte aus trübem, jagendem Himmel ein kurzer Hagelschauer hernieder. Die Kinder rannten jauchzend in den Schutz des überspringenden Daches und warteten dort, mit den kleinen Absätzen gegen das Haus pumpernd, den Wetterschwall ab. Hellwang unterschied ihre Stimmen. Söhnchens krähendes Bubengeschrei, Lydias spitzes Gelächter und dann Brittas warnenden Zuruf: »Seid’s stad! Ihr wißt doch...!« — Lydia verstummte augenblicklich, nur der kleine Mann keckerte lustig und unbekümmert weiter. Mochten sie lärmen, mochten sie toben, was wußten sie schon, was ihnen widerfahren war?
Söhnchen mit seinen vier Jahren fand die Geschichte fabelhaft aufregend, daß da vor einiger Zeit ein neues, kleines Brüderchen angekommen war, ein so braver und herziger kleiner Bub, daß der liebe Gott ihn
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