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Die drei Hellwang-Kinder

Die drei Hellwang-Kinder

Titel: Die drei Hellwang-Kinder Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Horst Biernath
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kein Wort überhören. Ihr Ausdruck dabei war unergründlich. Am ehesten schien er noch ein tiefes Erstaunen auszudrücken, als höre sie Dinge, die ihr völlig neu waren und von denen sie bisher keine blasse Ahnung gehabt hatte. Hellwang zündete sich, was er ganz selten tat, eine Zigarette an. Und ohne rechten Übergang schlug er plötzlich einen neuen Ton an:
    »Hören Sie zu, Kathi, seien Sie doch vernünftig. Machen Sie mir das Leben doch nicht schwerer, als es ohnehin schon ist. Sie werden mit dem Haus und mit den Kindern allein nicht fertig. Das sehen Sie doch ein? Wir brauchen also Fräulein Zögling. Ersparen Sie mir doch Maßnahmen, zu denen ich mich trotz unserer alten Verbundenheit entschließen müßte, wenn dieser Stunk im Hause kein Ende nimmt. Vertragen Sie sich mit Fräulein Zögling und söhnen Sie sich mit ihrer Gegenwart endlich aus. Es gehört nichts dazu als ein wenig guter Wille.«
    »Und a schlecht’s Gedächtnis...« murmelte Kathi.
    »Was sagten Sie da?«
    »Nix«, entgegnete Kathi kühl. Hellwang schien ihre Bemerkung tatsächlich nicht verstanden zu haben. Er zerdrückte die halb gerauchte Zigarette im Aschenbecher und überlegte, ob er noch etwas hinzufügen solle oder ob er am Schluß deutlich genug gewesen sei. Kathi stand abwartend vor der Tür. Sie beobachtete Hellwang mit gespannter Aufmerksamkeit. Er kam ihr merkwürdig verändert vor. Sie wußte nicht zu sagen, worin die Veränderung bestand, aber sie war vorhanden, und sie schnüffelte wie ein windender Hund. Bei seinen ganzen Ausführungen war sie das Gefühl nicht losgeworden, er spräche nicht zu ihr allein, sondern sozusagen noch zu einem unsichtbaren Parkett, das sich jenseits der Tür am anderen Ende des Korridors befand. —
    »So, Kathi, ich hoffe nun, daß wir uns verstanden haben. Entweder — oder! Sie müssen sich jetzt schon entschließen, wofür Sie sich entscheiden wollen. Wenn Sie der Meinung sind, daß Sie sich mit Fräulein Zögling auch in der Zukunft nicht verstehen können, dann wäre es mir lieb, Sie sagten mir gleich Bescheid und würfen mir den Krempel hin, um mir diese unangenehme Aufgabe zu ersparen. Gern täte ich es nicht, das dürfen Sie mir wahrhaftig glauben.«
    Er wartete. Sekunden verstrichen. Sie wurden endlos lang. Für beide. Hellwang warf Kathi einen fragenden Blick zu. Sie schwieg noch immer. Was mochte in ihrem Schädel Vorgehen? Er entdeckte Schweißperlen auf ihrer Stirn, und er schämte sich ein wenig seines Polterns und seiner nicht gerade mutigen Haltung, mit der er ihr die Entscheidung zugeschoben hatte. Ein treuer Mensch — wer wollte Kathi ersetzen? Plötzlich bangte ihm davor, daß sie gehen könnte.
    »Nun, Kathi...« sagte er versöhnlich und in einem Ton, als gäbe er ihr einen freundschaftlichen Rippenstoß, doch keine Dummheiten zu machen und diesen verfluchten Eigensinn fahren zu lassen. Er sah, wie sie die Oberlippe hochzog und die Zunge an die Zähne drückte...Er zog die Schultern an — dieses vertrackte Geräusch — es ging ihm jedes Mal durch Mark und Bein.
    »Ich bleibe!« sagte Kathi laut und hell. Es klang unwiderruflich. Wie eine Fanfare. Und wenn die Welt voll Teufel wär! Genau so klang es. Und es war in diesem Klang nichts Versöhnliches und nichts, was darauf hindeutete, daß Kathi den ernsthaften Vorsatz gefaßt habe, ihr Verhalten zu ändern.
    Nicht ganz im Sinne des Erfinders...dachte Hellwang etwas bestürzt, aber er brachte es nicht über ein lahmes: »Also schön, Kathi, wir verstehen uns jetzt hoffentlich!« hinaus.
    »Und ich kann dann wohl wieder gehen?«
    Hellwang nickte wortlos.
    Kathi drehte sich kurz um und verschwand.
    Wahrscheinlich wartete jetzt Fräulein Zögling darauf, daß er zu ihr käme oder sie riefe, um sie über das Ergebnis der Unterredung mit Kathi zu unterrichten. Ein gutes Ergebnis? Er zögerte mit der Antwort. Aber schließlich entschied er sich doch dazu, diese Gewissensfrage zu bejahen. Er hatte Kathi seine Bedingungen genannt und sie hatte sich zum Bleiben entschieden. Unter seinen Bedingungen — selbstverständlich.
    Ihm brummte der Schädel ein wenig. War Föhn im Anzug? Die Berge im Süden versteckten sich hinter Dunstschleiern, und die Luft hatte nichts von der gewaschenen, gläsernen Klarheit jener Tage, an denen das Gebirge greifbar nah heranrückte und die Atmosphäre mit Spannungen aufgeladen wurde, die an seinen Nerven zerrten. Luisa hatte den Föhn nie gespürt.
    Föhn oder nicht, es lockte ihn, sich für ein paar

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