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Die drei Hellwang-Kinder

Die drei Hellwang-Kinder

Titel: Die drei Hellwang-Kinder Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Horst Biernath
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gewaschen!«
    Britta ließ vor Schreck ihre Gabel fallen. —
    Hellwang kam erst gegen zehn Uhr heim. Die Kinder schliefen schon lange. Es war eigentlich Kathis Aufgabe, bei seinem Signal das Gartentor und die Garagentür zu öffnen, aber dieses Mal kam ihr das Fräulein zuvor. Sie hatte Hellwangs Heimkehr auf der Terrasse erwartet. Sie hielt den linken Torflügel fest, als Hellwang einfuhr, denn er hatte die gefährliche Eigenschaft von selber zuzufallen. Hellwang nickte Fräulein Zögling zu, fuhr den
    Wagen in die Garage, schaltete die Scheinwerfer ab und zog das Schwingtor herab.
    »Gott sei Dank, daß Sie wieder da sind, Herr Doktor!« rief Fräulein Zögling ihm entgegen. »Ich habe mir schon solche Sorgen gemacht. Im Radio wurde wieder ein schwerer Unfall zwischen Laim und Pasing durchgegeben...« Sie schloß das schwere Eichentor und schob den eisernen Riegel in die Krampen. Es war eine klare Sternennacht, die Mondsichel hing tief am Himmel. Hellwang trat aus dem schwarzen Schatten des Hauses heraus. In seiner Hand knisterte ein Päckchen.
    »Sie waren in der Bibliothek, Herr Doktor?«
    »Nein — das heißt, ich wollte ursprünglich in die Bibliothek fahren und mir einige Bücher holen, aber dann ließ ich mich von dem schönen Wetter verführen und bin um den Starnberger See herumkutschiert. Eine wunderschöne Fahrt, nur zuweilen ein wenig staubig.«
    »Haben Sie schon zu Abend gegessen?«
    »Ja, ich habe mich in Seeshaupt zu einem Karpfen eingeladen. Ganz hervorragend!«
    »Dann darf Kathi also abräumen und schlafen gehen?«
    »Selbstverständlich...« Er verhielt plötzlich, als wäre ein Stichwort gefallen. Fräulein Zögling, die einen halben Schritt voranging, blieb ebenfalls stehen. Hellwang warf einen Blick zum Küchenfenster, über dessen Vorhang sich ein gewaltiger Schatten bewegte. Er dämpfte die Stimme: »Übrigens — Kathi — ich bin sozusagen mit der Dampfwalze gegen sie losgefahren und habe ihr zum Schluß meines Sermons klipp und klar die Bedingungen genannt, unter denen ihr Verbleiben im Hause möglich ist... «
    »Nun, und?« fragte Fräulein Zögling gespannt.
    »Sie hat kapituliert.« — Es kam nicht ganz so sicher heraus, wie er es wahrscheinlich hatte sagen wollen. »Sie hat widerspruchslos kapituliert!« wiederholte er und zerpflückte das Wort >kapituliert< in vier einzeln betonte Silben.
    Fräulein Zögling öffnete die Haustür und drückte auf den Hebel des Lichtschalters. Hellwang gab ihr das Päckchen, das er vorsichtig in der flachen Hand trug: »Ich habe den Kindern ein paar Stückchen Torte mitgebracht. Legen Sie das Päckchen bitte ins Kinderzimmer, damit sie es morgen gleich nach dem Erwachen finden. Ich gehe nachher selber noch einmal hinüber.« Er trat vor den Garderobespiegel, um sich die Krawatte zurechtzuziehen. Auf seinem braunen Gesicht lag eine graue Puderschicht, durch die sich dunkle Fingerspuren zogen. Sein Haar war wie mit Mehl bestäubt. »Haben wir warmes Wasser zum Kopfwäschen da?«
    »Ich fürchte, Kathi hat das warme Wasser aus dem Boiler zum Abspülen verbraucht. Die große Kopfwäsche soll morgen stattfinden.«
    »Macht nichts, dann hebe ich’s halt für morgen auf.« Hellwang verschwand im Badezimmer, um wenigstens vom Gesicht und von den Händen die Spuren der schmachvollen Niederlage zu beseitigen, die ihm ein Porsche auf einer Bauernstraße zwischen Beuerberg und Wolfratshausen, wo er einen Bekannten besuchen wollte und nicht antraf, bereitet hatte.
    »Wollen Sie heute noch arbeiten?« fragte Fräulein Zögling, als Hellwang ins Eßzimmer trat, wo sie mit dem Nähkorb am Tisch saß und einen Triangel zu flicken versuchte, den Lydia in ihr Kleid gerissen hatte. Er hob abwehrend die Hände.
    »Nein, nein, man soll einen guten Tag auch gut beschließen. Und außerdem will mein Karpfen schwimmen. Zünden Sie, derweil ich eine Flasche aus dem Keller hole, auf der Terrasse die Windlichter an. Und stellen Sie zwei Gläser auf den Tisch — Moselgläser. Sie werden mich doch nicht im Stich lassen?«
    »Nein, Herr Doktor, selbstverständlich nicht...«
    Hellwang stieg in den Keller hinab, um den Wein zu holen, ein >Erdener Treppchen< des Jahrgangs 63, von dem ihm sein Schwiegervater zu Weihnachten eine Kiste geschickt hatte. Der alte Herr sammelte Weine guter Jahrgänge und Lagen, wie andere Leute Briefmarken sammeln. Fräulein Zögling räumte eiligst das Nähzeug weg, holte zwei Gläser aus der Anrichte, stellte sie draußen auf den Gartentisch und

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