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Die drei Hellwang-Kinder

Die drei Hellwang-Kinder

Titel: Die drei Hellwang-Kinder Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Horst Biernath
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Kränkungen, sondern auf einen stillen, sturen Haß, der auf die Dauer einfach unerträglich ist und der mich ganz krank macht. Niemals richtet sie ein Wort an mich, und wenn ich ihr etwas sage, wenn ich ihr einen Auftrag von Ihnen ausrichte, dann ist es, als spräche ich zu einem Stein oder gegen die Wand.«
    »Aber weshalb haben Sie mir das nicht längst gesagt!? rief Hellwang vorwurfsvoll, »das hätte ich doch längst erfahren müssen!«
    »Ich habe von Tag zu Tag und von Woche zu Woche auf eine Änderung gehofft — aber sie ist leider nie eingetreten.«
    »Ich verstehe das einfach nicht«, sagte Hellwang hilflos, »oder haben Sie eine Erklärung dafür?«
    Fräulein Zögling fuhr sich mit der Zungenspitze über die spröden Lippen, sie blickte errötend in ihren Schoß nieder: »Ich glaube, es ist nichts anderes als Eifersucht.«
    »Bitte?« stieß Hellwang überrascht und einigermaßen verlegen hervor.
    »Eifersucht auf die Kinder!« beeilte sich Fräulein Zögling zu erklären, um peinlichen Mißverständnissen vorzubeugen, »sie verzeiht es mir einfach nicht, daß die Kinder mich gern haben und sich mir immer mehr anschließen, was natürlich zur Folge hat, daß sie sich mit ihren kleinen Sorgen und Nöten nicht mehr an Kathi wenden, wie sie es früher taten. Ich vermeide natürlich alles, um die Kinder Kathi zu entfremden, aber ich kann es doch nicht mit Gewalt verhindern, daß die Kinder eben gern zu mir kommen.« — Fräulein Zögling hob den Blick so ratlos und so rührend unglücklich zu Hellwang empor, daß sein ritterliches Herz sich von neuem gegen dieses Ungeheuer Kathi empörte.
    »Verlassen Sie sich darauf«, versicherte er, »die Dame kriegt heute etwas von mir zu hören, was sie sich bestimmt nicht hinter den Spiegel stecken wird! Ich bin nur froh, daß wir einmal in aller Offenheit über diese Dinge gesprochen haben. Sie müssen entschuldigen, daß ich so ahnungslos war. Da lebt man nun wie blind und taub dahin...«
    Fräulein Zögling lächelte schmerzlich: »Oh, Herr Doktor, ich bin fast stolz darauf, daß es mir gelungen ist, diese häßlichen Dinge vor Ihnen so lange verborgen zu halten. In der Rangordnung meiner Pflichten versuche ich vor allem dafür zu sorgen, daß Sie in Ruhe arbeiten können.«
    Einen Augenblick lang war Hellwang versucht, sich niederzubeugen und aus einem spontanen Dankbarkeitsgefühl heraus Fräulein Zöglings Hand zu küssen. Es machte ihn geradezu betroffen, daß er erst so spät erkannte, was für ein Glück er mit der Wahl von Fräulein Zögling gehabt hatte, und daß es ein guter Engel gewesen war, der sie in sein Haus geführt hatte. Sie war nicht nur ungeheuer tüchtig — diese Eigenschaft hatte er natürlich längst erkannt und in seinen Briefen an die alte Dame auch gebührend gewürdigt, aber daß sich unter diesem scheinbar so kühlen Wesen so viel Herz und echte Wärme verbargen, sah er wirklich erst in diesem Augenblick.
    »Ach, Herr Doktor, wenn es nur das wäre, daß Kathi aus ihren feindlichen Gefühlen gegen mich gar kein Hehl macht, das wäre noch zu ertragen. Was mich aber so tief kränkt und meine Stellung im Hause untergräbt ist, daß Kathi die Kinder gegen mich aufzuhetzen versucht.«
    »Was!« rief er entrüstet, »sie intrigiert gegen Sie?«
    Fräulein Zögling nickte schwer, es war ihr anzusehen, wie ungern sie über diese Geschichten sprach. »Ja, sie intrigiert gegen mich. Ich vermutete es schon lange, aber es widerstrebte mir, diesen häßlichen Dingen nachzuspüren oder gar die Kinder auszuhorchen. Heute nun kam Britta, die mit besonderer Zuneigung an mir hängt, von selbst zu mir. Ach, die armen Kinder leben ja in einem Zwiespalt, dem ihre kleinen Herzen auf die Dauer nicht gewachsen sind. Fräulein Zögling führte das Tüchelchen wieder an die umflorten Augen. Hellwang selber war von diesen Enthüllungen aufs tiefste erschüttert. Das waren ja höllische Zustände, in denen seine Kinder neben ihm gelebt hatten!
    »Und nun hielt ich den Zeitpunkt doch für gekommen, um mit Kathi einmal ein ernsthaftes Wort zu sprechen. Leider blieb mein Appell an ihr Gewissen völlig erfolglos. Ich hatte ja auch nicht allzu viel Einsicht und Verständnis bei ihr erwartet — aber was ich dann zu hören bekam, was ich mir heute von ihr bieten lassen mußte...« Sie brach mitten im Satz ab und schluchzte trocken auf; es schienen fürchterliche Dinge gewesen zu sein, Dinge, die das Schamgefühl so gröblich verletzten, daß man sie einfach nicht

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