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Die drei Hellwang-Kinder

Die drei Hellwang-Kinder

Titel: Die drei Hellwang-Kinder Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Horst Biernath
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Stunden davonzumachen, im offenen Wagen den Schädel zu lüften, aus dem Motor herauszukitzeln, was er hergab, und später irgendwo draußen am See oder im Forsthaus zu rasten und sich eine Renke, blau oder gebraten, zu genehmigen. Warum auch nicht? Was hinderte ihn daran? Die Arbeit war für heute ohnehin ins Hintertreffen geraten. Er steckte die Zigarrentasche ein und verließ das Haus. Die Kinder spielten am Teich. Der Stangl Toni und die Mühlbauer Resi waren auch dabei. Bis auf Söhnchen, der splitternackt herumtobte, steckten sie in bunten Badetrikots und waren alle braun wie die Haselnüsse.
    »Hallo, Konni, wo fährst hin?«
    »Stadt...« brummte er, »Bibliothek...«
    »Du, Konni, beim Zucker-Storz, in der Bayerstraße, gleich beim Hauptbahnhof, gibt’s solche Gummiguttein, rote und greane und gelbe — bringst uns welche mit?«
    »Das wird sich kaum machen lassen, Lydia, da finde ich nie im Leben einen Parkplatz — aber, wenn es Pfefferminzbonbons sein dürfen oder ein Stück Nußtorte, na, wär’ das etwas?«
    »Au ja, bärig!«
    »Und für mi Punschtorte!« schrie Söhnchen. Er war ein ausgesprochener Alkoholiker, leckte jedes Schnapsglas aus, und das Wort >Bier< gehörte zu den ersten, die er nach >Mama, Kathi< und >Konni< aussprechen gelernt hatte.
    »Also gut, ich will sehen, was ich für euch tun kann. Aber jetzt lauft geschwind und macht mir das Tor auf.«
    Die Kinder stoben über den Rasen davon, ein Wirbel von braunen Beinen unter bunten, kleinen Hintern. Söhnchen mit seinem Suppenbauch wackelte hinterdrein.
    Hellwang fuhr den Wagen aus der Garage. Hinter dem Gartentor schlug er das Steuer scharf nach links ein. Britta schaute ihm mit offenem Munde nach: »Du, ich mein’, der hat uns beschwindelt. Der fahrt ja gar nicht in die Stadt! Der fahrt nach Starnberg oder an den Ammersee...«
    »So ein Schlawuzzi!« stieß Lydia empört hervor, »traun soll er sich und die Torte vergessen!«
    Hellwang drückte auf den Gashebel. Der Tank war voll, Öl, Kühlwasser, Reifen, alles in bester Ordnung. Der Motor sang hell, seine sechs Zylinder arbeiteten sauber, Hellwang horchte mit sachverständiger Miene auf ihr exaktes Spiel. Vor wenigen Tagen hatte er einen Satz neuer Zündkerzen eingeschraubt. Man merkte es. Auf der Starnberger Straße ließ er das Cabrio laufen. Der Wind orgelte über die Schutzscheibe und zerrte an seinem Haar. Er war ein guter, reaktionssicherer Fahrer, und er liebte schnelle Wagen. Dieses Cabrio mit seinen 130 PS unter der Kühlerhaube hatte er gegen Luisas energischen Protest gekauft. Sie wäre am liebsten in einem Old-Timer gefahren. Die Spitzengeschwindigkeit von 190 Stundenkilometern ängstigte sie. Er hatte ihr hoch und heilig schwören müssen, nie über 120 hinauszugehen. Und er hielt sein Versprechen. Auch jetzt. —
    Fräulein Zögling wartete mit dem Abendessen eine halbe Stunde, dann setzte sie sich mit den Kindern, die von dem langen Herumtollen hungrig waren, zu Tisch. Kathi trug das Essen auf, verteilte Bücklinge mit Bohnengemüse. Lydia und Britta sahen einander mit entsetzten Blicken an. Kathi bemerkte es wohl, aber ihr Gesicht blieb steinern. Bücklinge mit Bohnen...Das war das schlimmste, was ihnen widerfahren konnte. Kathi zeigte ihnen richtig ihre Macht. Gewiß gab es morgen gräßliche Fischkoteletts zum Mittagessen und übermorgen saure Nierndl und Spinat und Salzheringe mit Pellkartoffeln und die scharf gewürzten Rindsrouladen — ach, sie kannten schon den Speisezettel auf eine Woche voraus, wenn Kathi grollte und von ihnen nichts wissen wollte. Lydia stocherte in ihrem Teller herum...
    »Man führt die Gabel zum Munde und nicht den Kopf zur Gabel!« rief das Fräulein scharf, »wie oft muß ich dir das noch sagen, Lydia? Iß nur! Bücklinge sind sehr gesund. Und zappele nicht so herum! Sitz gefälligst ruhig!«
    »Mir juckt der Kopf«, murmelte Lydia verdrossen. »Vielleicht san’s Läus’...Die Sinzinger Theres, die wo die Bank vor mir sitzt, hat nämlich Läuse.«
    Britta erstarrte vor soviel Frechheit, sie wußte genau, worauf das hinausging.
    »Um Gottes willen!« schrie Fräulein Zögling auf. Sie zerrte Lydia ans Fenster und unterzog ihren Kopf einer gründlichen Untersuchung. »Ich kann auf deinem Kopf außer Schmutz nichts entdecken«, stellte sie mit einem erleichterten Aufatmen fest. »Ich möchte nur wissen wollen, wie ihr das anstellt, in drei Tagen so entsetzlich schmutzig zu werden. Der reine Weichselzopf! Morgen wird jedenfalls Kopf

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