Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die drei Leben der Tomomi Ishikawa (German Edition)

Die drei Leben der Tomomi Ishikawa (German Edition)

Titel: Die drei Leben der Tomomi Ishikawa (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Benjamin Constable
Vom Netzwerk:
auf Schatzsuche gehen würde?«
    »Stimmt«, räumte ich ein.
    Sie packte ihre Salatdose zurück in ihre Tasche und ich ging davon aus, dass sie jeden Moment aufstehen und sich auf den Weg zurück in die Bibliothek machen würde. Tja, da konnte man nichts machen. »Ich sollte wohl langsam mal die Toten von meinen Schuhen putzen. Gibt es hier irgendwo ein Örtchen?«
    »Meinst du eine Toilette?« Sie grinste.
    »Genau.«
    »Gleich da drüben.« Sie wies mir den Weg. Wir standen beide gleichzeitig auf und gingen zu einem kleinen Backsteingebäude in einer Ecke des Parks.
    »Ich warte hier auf dich«, sagte sie.
    Zwei Minuten später kam ich mit sauberen Schuhen wieder nach draußen; ich hatte erwartet, dass sie weg sein würde, aber sie stand noch immer da, mit dem Rücken zu mir, und blickte in den Park. Wir gingen zurück zur Eingangstreppe auf der Vorderseite der Bibliothek und blieben vor einem der Steinlöwen stehen.
    »Es hat mich gefreut, dich kennenzulernen.«
    »Mich hat es ebenfalls gefreut«, erwiderte sie und imitierte dabei meinen englischen Akzent, dann fügte sie hinzu: »Ich hoffe, du findest, wonach du suchst.«
    »Was würdest du dazu sagen, wenn wir mal einen Kaffee trinken gehen?«
    »Okay«, antwortete sie.
    »Gut, wie machen wir das am besten? Soll ich dich anrufen?«
    »Ja, in Ordnung. Hast du einen Stift?«
    Ich wühlte in meiner Tasche, bis ich mein Notizbuch und Butterflys Kuli fand, und reichte ihr beides. Sie notierte rasch ihre Nummer und ihren Namen und gab mir die Sachen zurück.
    »Beatrice«, las ich.
    »Klingel einfach kurz bei mir durch, dann habe ich deine Nummer auch.« Sie schüttelte mir die Hand, was mich zum Lachen brachte.
    Nachdem wir uns verabschiedet hatten, ging sie die Treppe hoch und verschwand wieder in der Bibliothek. Ich hoffte, sie würde sich noch einmal umdrehen, doch das tat sie nicht.
    Ich speicherte ihre Nummer in meinem Handy und drückte auf die Anruftaste, damit sie auch meine Nummer hatte. Sie meldete sich beim ersten Klingeln.
    »Hallo – Beatrice?«
    »Ja?«
    »Hier ist Ben Constable, der Typ aus England, mit dem du vor knapp einer Minute noch geredet hast.«
    »Ah, ja, ich erinnere mich dunkel.«
    »Ich sollte doch kurz bei dir durchklingeln, damit du meine Nummer hast. Du solltest eigentlich gar nicht drangehen.«
    »’tschuldigung.«
    »Außerdem bist du in einer Bibliothek. Du kannst doch in einer Bibliothek nicht telefonieren.«
    »Ich bin schnell wieder rausgegangen, als mein Handy geklingelt hat.«
    Ich drehte mich um und da stand sie tatsächlich, neben der Tür, und sah zu mir. Ich winkte und sie winkte zurück.
    »Weißt du noch, wie du gesagt hast, du wolltest nicht mit mir auf Schatzsuche gehen, weil ich ein völlig Fremder bin, den du gerade erst vor der Bibliothek getroffen hast?«
    »Ja?«
    »Warum gehst du dann mit mir einen Kaffee trinken? Ich bin doch immer noch ein völlig Fremder, den du vor der Bibliothek getroffen hast.«
    »Kaffee trinken ist was ganz Normales. Mit einem Fremden auf Schatzsuche gehen nicht.«
    »Wie wär’s, wenn wir jetzt einen Kaffee trinken gehen?«
    »Ich muss arbeiten.«
    »Du hast doch gerade mal zehn Minuten Pause gemacht. Ich finde, das reicht nicht.«
    »Stimmt, eine lange Pause war das nicht.«
    »Dann lass uns einen Kaffee trinken gehen. Das ist schließlich was absolut Normales.«
    Schweigen.
    »Hallo?«
    »Okay«, sagte sie.
    »Sollen wir uns in, sagen wir mal, zehn Sekunden unten an der Treppe treffen?«
    »Ja, das müsste ich schaffen.«
    »Okay. Bis dann.«
    »Hey«, begrüßte sie mich.
    »Oh, hi. Tut mir leid, ich bin ein bisschen zu spät.«
    »Schon in Ordnung. Ich bin selbst gerade erst gekommen«, winkte sie ab. »Wo möchtest du denn Kaffee trinken?«
    »Ich fürchte, ich habe keine Ahnung.«
    Sie überlegte eine Sekunde, dann sagte sie: »Komm mit«, und ich folgte ihr die Straße hinauf.

13

    D AS B UCH IM K LAVIER
    »Du warst ja wirklich schnell am Telefon«, sagte ich.
    Wir blieben an einer Ampel stehen und warteten auf Grün.
    »Das war Zufall, ich hatte gerade mein Handy wieder eingeschaltet; es stand auf lautlos.«
    »Warum schaltest du dein Handy ein, wenn du in eine Bibliothek gehst?«
    »Ich wollte gar nicht reingehen. Schließlich habe ich erst zehn Minuten Pause gehabt und bin seit neun Uhr hier. Ich wollte warten, bis du weg bist, und dann irgendwo einen Kaffee trinken. Ich bin nur ans Telefon gegangen, weil ich mich in einem Moment geistiger Umnachtung gewundert habe, wer mich

Weitere Kostenlose Bücher