Die drei Leben der Tomomi Ishikawa (German Edition)
irgendwo in Ihrer Wohnung versteckt.«
Die Frau hielt einigermaßen verwirrt inne. »Ich versichere Ihnen, dass niemand irgendetwas in meiner Wohnung versteckt hat«, erwiderte sie und begann langsam (wenn auch ein kleines bisschen widerstrebend) ihre Wohnungstür zu schließen.
»Er hat einen Hinweis bekommen, dass er hierherkommen und Ihnen eine Flasche Wein mitbringen soll«, platzte Beatrice heraus.
»Was?«
Ich öffnete meine Tasche. »Hier, der ist für Sie.« Ich hielt ihr die Flasche hin und die Frau starrte darauf, umklammerte jedoch weiter entschlossen die Tür.
»Es ist französischer«, fügte Beatrice hinzu.
»Woher wissen Sie, dass ich französischen Wein mag?«
»In dem Hinweis stand, dass es französischer sein sollte.«
»Was für einem Hinweis denn?«
»Kennen Sie jemanden namens Tomomi Ishikawa?«
»Tommy wer? Von dem habe ich noch nie gehört.«
»Es ist eine Sie«, berichtigte ich sie.
»Erinnere mich bitte daran, dir später noch was zu dem Namen zu erzählen«, sagte Beatrice zu mir.
Ich hielt inne und blickte sie an, doch ihr Gesichtsausdruck schien mich zu drängen: Na los, weiter , also machte ich weiter. »Tomomi Ishikawa war eine Freundin von mir«, fuhr ich fort. »Sie ist gestorben, aber sie hat mir eine Reihe von Hinweisen hinterlassen, die mich zu allen möglichen Dingen führen, die sie versteckt hat. Es ist so eine Art Schatzsuche.«
Die Frau warf mir einen finsteren Blick zu. »Und was hat das mit mir zu tun?«
»Zeig ihr, was du im Bryant Park gefunden hast«, forderte mich Beatrice auf.
Ich holte den Umschlag heraus und reichte ihn der Frau.
Während sie erst die Wegbeschreibung und danach den kleinen quadratischen Zettel las, starrten Beatrice und ich einander an und führten ein nonverbales Gespräch, dessen Inhalt sich jedoch größtenteils meinen kognitiven Fähigkeiten entzog. Die Frau warf einen Blick auf die Rückseiten der Zettel, untersuchte den Umschlag und runzelte nachdenklich die Stirn.
»Und das haben Sie im Bryant Park gefunden?«
»Ja. Und ich bin mir sicher, dass es für mich ist, weil mein Name auf dem Umschlag steht.«
»Das ist Ihr Name?« Die Frau zog abermals die Stirn kraus. »Klingt ja wie aus einem Roman von Dickens.«
Beatrice prustete los und die Frau wirkte zufrieden über diese unerwartete Anerkennung ihrer geistreichen Bemerkung.
Jetzt war ich derjenige, der finster dreinblickte. »Eigentlich stammt er aus dem Hebräischen«, merkte ich an, um meine intellektuelle Überlegenheit zu demonstrieren (obwohl das alles war, was ich über die Herkunft meines Namens wusste).
»Hören Sie, ich weiß wirklich nicht, wie ich Ihnen weiterhelfen soll«, sagte die Frau. »Ich verstehe zwar absolut nicht, warum, aber das hier scheint die richtige Adresse zu sein und ich habe ein Klavier und ich liebe französischen Wein. Ich liebe Frankreich, um genau zu sein.«
»Ach. Ich lebe in Paris.«
»Ich habe auch mal dort gewohnt«, informierte uns Beatrice.
»Was?« Ich war fassungslos.
»Das erzähle ich dir nachher.«
Die Frau sah zwischen uns hin und her und hätte beinahe etwas gefragt, ließ es dann aber doch bleiben.
»Wäre es wohl möglich, dass ich mir mal Ihr Klavier ansehe?«
Sie schüttelte verblüfft den Kopf. »Nein. Hören Sie, mein Klavier wird Ihnen nicht weiterhelfen. Niemand hat dort etwas für Sie versteckt. Es tut mir leid.«
»Es könnte schon ziemlich lange her sein«, gab ich zu bedenken. »Wie lange haben Sie das Klavier schon?«
»Etwa sieben Jahre«, antwortete die Frau. »Ich habe es einer jungen Frau im West Village abgekauft (in der Charles Street, glaube ich). Sie hat damals ihren gesamten Hausstand verkauft.«
Beatrice trat von einem Fuß auf den anderen, als sei sie plötzlich nervös.
»Eher klein, lange glatte dunkle Haare und irgendwie asiatische Gesichtszüge?«, fragte ich.
»Ja.«
»Hmmm.«
»Ich erinnere mich noch gut an sie. Sie war sehr lustig. Wir haben uns Ewigkeiten über alles Mögliche unterhalten, das überhaupt nichts mit dem Klavier zu tun hatte; auch über Frankreich, wenn ich mich recht entsinne.«
»Das war meine tote Freundin.«
»Ich würde Sie beide gerne bitten zu gehen und nie wiederzukommen. Aber Sie haben gerade einen ganz normalen Nachmittag in einen ziemlich interessanten verwandelt und so langsam würde ich selbst gern wissen, ob Sie recht haben oder nicht.«
Ich lächelte zurückhaltend, Beatrice aber strahlte übers ganze Gesicht.
»Das heißt, eigentlich erwarte ich
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