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Die drei Lichter der kleinen Veronika

Die drei Lichter der kleinen Veronika

Titel: Die drei Lichter der kleinen Veronika Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Manfred Kyber
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aufgelegt, viel zu tun, es war eine sonderbare Müdigkeit in ihr. Doch diese war nur körperlich, im Geiste erschien ihr alles lebendiger als sonst, und ihr war es, als sei sie losgelöst von der Erde und als ginge sie irgendwie im Garten spazieren, während sie doch tatsächlich bei Onkel Johannes und Peter am Blumenbeet saß und die Samenkörner nachdenklich durch ihre Finger rieseln ließ. Vielleicht war es der Geist der Pfingsten, der heute alles um sie herum durchsichtiger und klarer machte und der sie wieder so seltsame Stimmen hören ließ, die ihr bekannt und vertraut klangen, als hätten sie schon einmal zu ihr geredet an einem fernen Tag. War es heute nicht wieder, als wäre der Garten ein Garten der Geister? Und wann war das zuletzt gewesen? Sie wußte es selbst nicht mehr. Doch so wie sie jetzt empfand, schien es ihr ein Aufwachen und Sicherinnern zu sein.
    »Onkel Johannes«, sagte Veronika, »es redet so viel in Gedanken auf mich ein. Ich habe lange nicht solche Stimmen im Garten gehört wie heute.«
    »Alles, was ist, ist ein Gedanke«, sagte Johannes Wanderer, »und alle Gedanken reden und bilden sich Gestalten im Stoff, gute und böse. Es ist um Pfingsten, Veronika, und der Geist ist stärker in allem Leben als sonst. Darum merkst du es deutlicher, was die Bäume flüstern und die Blumen in ihren Kelchen bergen. Auch die Tiere ahnen die Feiertage der Welt. Siehst du nicht auch, daß Magister Mützchens roter Hut besonders leuchtet und daß Mutzeputz und Zottel froher sind als im Alltag?«
    Wahrhaftig, Magister Mützchens Hut glänzte auffallend in der Sonne. Mützchen stelzte vorsichtig und gravitätisch an einem Radieschenbeet vorbei, und es kam Veronika vor, als wenn die Radieschen über ihn lachten.
    »Ärgere dich nicht, Mützchen«, rief sie ihm zu, »die Radieschen sind immer ein bißchen vorlaut und bissig.«
    Magister Mützchen tat, als berühre ihn das alles gar nicht. Was gingen ihn die Radieschen an? Dazu war er viel zu großartig.
    »Sieh einmal, Veronika«, meinte Johannes Wanderer, »wenn ich ein Samenkorn in die Erde stecke, so wächst es und wird immer größer, es bildet Stengel, Blätter und Knospen und eine Blüte, die wieder viele neue Samenkörner birgt. Das alles ist jetzt schon im Samenkorn enthalten, es ist der Gedanke der Blume, der sich im Stoff bildet, und so ist alles, was lebt, ein Gedanke Gottes und bleibt ein solcher Gedanke, wenn auch der Stoff in seinen einzelnen Formen zerfällt. Das Gedankenwesen allein ist wirklich in allem, und was es bildet, ist nur sein wechselnder Ausdruck. Ist dir das klar?«
    »Ja«, sagte Veronika, »aber sind auch unsere Gedanken wieder wirklich und bilden auch sie Gestalten um uns herum?«
    »Gewiß, Veronika, und darum ist es so wichtig, gute und richtige Gedanken zu haben. Ein jeder Mensch schafft sich seine geistige Umgebung. Bei vielen sieht sie wahrhaftig nicht schön aus, und die dunklen Kräfte, die diesen Gebilden verwandt sind, hängen sich an sie an. Ein guter Gedanke aber schützt nicht nur dich selbst und hilft deinem Wesen ins Licht zu wachsen, er ist auch sonst eine Macht, die weiter hinausreicht. Durch jeden Gedanken der Güte wird ein unguter Mensch besser, ein wildes Tier weniger reißend und eine giftige Pflanze weniger gefährlich. Es sind Aufstieg und Niedergang in allem miteinander verwoben, und die ganze Schöpfung, die in das Dunkel herabsank, strebt gemeinsam hinauf zum Licht und sehnt sich nach Erkennen und nach Erlösung. Es ist ja auch alles, was hier geschieht, und mag es äußerlich noch so greifbar sein, von einem Gedanken ausgegangen. Bald ist Pfingsten, Veronika, und es wird wieder ein Stück der Erde vergeistigt.«
    Der blöde Peter hörte zu und sagte kein Wort. Er mußte alles, was er hörte, sehr langsam in sich aufnehmen und verarbeiten. Doch er pflanzte andächtig ein Samenkorn neben das andere.
    Mutzeputz und Zottel spielten auf einem Gartenweg. Dazwischen ohrfeigte Mutzeputz Zottel mit einer Samtpfote.
    »Bitte, seid vorsichtig«, sagte Veronika zu ihnen, »mir ist es so, als könnten hier in der Nähe die Käfer ihre Landhäuser haben. Ich habe das, glaube ich, einmal gesehen.«
    »Natürlich sahst du das«, meinte Mutzeputz und sprang mit einem Satz über Zottels Rücken hinweg, »aber es ist wahrhaftig nicht der Rede wert gewesen. Doch wir wollen einige Rücksicht nehmen, weil du es gerne haben willst und weil es gerade Pfingsten ist.«
    »Weißt du das auch?« fragte Veronika.
    »Was weiß ich

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