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Die drei Lichter der kleinen Veronika

Die drei Lichter der kleinen Veronika

Titel: Die drei Lichter der kleinen Veronika Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Manfred Kyber
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nicht?« meinte Mutzeputz großartig.
    »Ja, das ist wahr«, sagte Veronika voller Bewunderung.
    Ein Igel raschelte im Gebüsch, man sah nur schnell etwas Stacheliges verschwinden. Zottel setzte ihm nach, doch Veronika rief ihn zurück.
    »Es ist brav von dir, Veronika«, sagte die Igelstimme, »daß du Zottel gerufen hast. Wir können es nicht leiden, in so gewöhnlicher Weise angebellt zu werden. Ich will es dir auch nicht nachtragen, daß du einmal meine Kinder Kugeln genannt hast.«
    Veronika dachte nach. Wann war das nur gewesen? Wann hatte sie das gesagt? Es war ihr, als ob ein Schleier langsam durchsichtiger würde und unklar durch ihn hindurch ein Bild sich forme, das sie einmal geschaut.
    »Ich habe mich früher sehr abfällig über Mutzeputz geäußert«, rief eine Amsel vom Baum der kleinen Veronika zu, »wir sind darüber beinahe auseinander gekommen. Ich will nicht sagen, daß ich meine Ansichten ganz zurücknehmen kann, aber ich muß doch anerkennen, daß Mutzeputz das Asylrecht gewahrt hat, wenn du uns im Winter an deinem Fenster gefüttert hast. Wir danken auch verbindlich für die Beköstigung. Es war gut und reichlich, und ich habe dich weiterempfohlen. Einige Körner erschienen mir dazwischen etwas hart. Es mag dies jedoch an der Ernte gelegen haben. Ich will nicht behaupten, daß es die Schuld deiner Speiseanstalt war.«
    »Was für sonderbare Dinge man heute hört«, dachte Veronika, »und alles scheint so viel friedlicher und versöhnlicher gestimmt. Ist das auch etwas vom Geist der Pfingsten, der in der Natur redet?«
    Veronika sann darüber nach.
    »Onkel Johannes«, meinte sie, »es scheint wirklich so, daß alle es fühlen, als ob ein Feiertag nahe ist.«
    »Es ist die Ahnung davon, daß einmal die ganze Welt Frieden und Feiertag haben soll«, sagte Johannes Wanderer, »dafür leben und schaffen wir, Veronika.«
    Jetzt sah Veronika, wie sich Magister Mützchen mit einem bunten Schmetterling unterhielt. Der Falter wippte mit den Flügeln, und Magister Mützchen wackelte mit den Ohren und machte immer wieder seltsame Verbeugungen. Wie komisch das aussah! Aber nein, es war doch kein Schmetterling, es war eine feine, durchlichtete Gestalt mit Falterschwingen. Hatte sie diesen kleinen Luftgeist nicht schon einmal gesehn? Wahrhaftig, er nickte ihr zu. Und nun flog er auf, die farbigen Flügel in den blauen Äther gebreitet.
    Über allem lag eine große, durchsonnte Stille. Nur ferne standen schwarze Wolken, und Wetterleuchten blitzte in ihnen auf.
    Es war Friede. Aber der Kampf lauerte in ihm.
    Eine rauhe Stimme schreckte Veronika auf.
    »Warte du scheußliches Tier, ich werde dich totschlagen!«
    Veronika fuhr herum. Auch Johannes Wanderer und Peter sahen eilig von ihrer Arbeit auf. Nahe von ihnen stand der Gartenknecht Eriksen aus Halmar und hatte drohend seine Hacke erhoben. Veronika stürzte auf ihn zu. Sie kam gerade noch rechtzeitig, um eine große Kröte, die mühsam über den Boden kroch, vor Eriksens Schlag zu bewahren. Veronika stieg das Blut ins Gesicht.
    »Laß die Kröte in Ruh!« rief sie wütend.
    »Das geht dich nichts an«, sagte Eriksen ärgerlich, aber er ließ die Hacke sinken.
    Er konnte auch nicht zuschlagen. Veronika stand vor der Kröte und schützte sie.
    Nun kamen auch Johannes Wanderer und Peter hinzu.
    »Lassen Sie die Kröte laufen, Eriksen«, sagte Johannes Wanderer ruhig, »Veronika hat recht. Die Kröte tut niemand etwas.«
    »Sie ist ekelhaft, und ich habe heute sowieso eine Wut auf alles.«
    Man merkte es Eriksen an, daß er getrunken hatte.
    »Die Kröte ist nicht ekelhaft«, sagte Johannes Wanderer, »ihre Augen sind sogar sehr schön. Wir werden es jedenfalls nicht dulden, daß Sie der Kröte etwas tun.«
    Die Kröte kroch nicht mehr weiter. Sie blieb am Boden sitzen und atmete hastig. War sie erschöpft vom Schreck oder ahnte sie, daß sie geborgen war? Vielleicht war es beides.
    »Ich kann das Ungeziefer totschlagen, wenn ich will!« schrie Eriksen erregt.
    »Sie haben Ihre Gartenarbeit zu tun, sonst nichts«, meinte Johannes Wanderer, »zum Totschlagen von Tieren nehmen wir niemand in unseren Garten.«
    »Dann kann ich also gehn?«
    »Wie Sie wollen«, sagte Johannes Wanderer, »aber es wäre mir lieber, wenn Sie einsehn wollten, daß Sie unrecht haben. Die Kröte ist auch ein Geschöpf wie wir alle. Sie will auch leben.«
    Veronika war zurückgetreten, und beide Männer standen sich dicht gegenüber. Es war etwas Drohendes in ihrer Haltung.
    »Schau gut

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