Die drei Musketiere Trilogie 03 - Zehn Jahre später
für ihn üble Wendung nehmen würde und beschloß, auf der Hut zu sein. »Die Geschichte mit der Lavallière habe ich wohlweislich verschwiegen,« setzte er hinzu.
»Was ist das mit der Lavallière?« fragte Guiche. »Das muß eine seltsame Geschichte sein, daß Bragelonne sie von Ihnen in Calais erfahren mußte, während er doch von hier kam.« – »Wie, Herr Graf! Fragen Sie das im Ernst, Sie, der bevorzugte Günstling unserer schönen Prinzessin?« – »Welcher Prinzessin?« rief Guiche und errötete vor Zorn. – »Ich kenne nur eine, Graf – Madame. Oder sollten Sie noch eine zweite im Herzen tragen?«
Ein Streit zwischen den beiden jungen Kavalieren war kaum noch zu umgehen. Aber von Wardes wollte es so wenden, daß die Prinzessin die Ursache sei, während von Guiche den Zwist nur in Sachen der Lavallière annehmen mochte. Er parierte daher die Finte des Marquis. »Von Madame ist hier gar keine Rede,« versetzte er, »sondern von Bragelonne und Fräulein von Lavallière oder vielmehr von einer Geschichte –« – »Die Ihnen ebenso bekannt ist wie mir,« sagte Wardes.
»Auf Ehre, nein!« – »Sie scherzen! Ich komme von weit her, und Sie haben den Hof keinen Augenblick verlassen. Sie haben mit eigenen Augen gesehen, was mir das Gerücht zugetragen, und Sie geben Ihr Ehrenwort, nichts zu wissen. Sie tun sehr verschwiegen – aber ja doch, die Klugheit gebietet es Ihnen.«
»Sie wollen also weder mir noch Bragelonne etwas sagen?« – »Bragelonne?« entgegnete Wardes. »Der wird sobald nicht wiederkommen. Oder glauben Sieetwa man habe ihn zum Spaße nach London geschickt? Nein, man will ihn sich recht lange vom Halse halten.«
»Ha, Marquis, wenn Sie das Bragelonne gegenüber angedeutet haben, so verstehe ich allerdings, daß er sehr besorgt an mich geschrieben hat,« sagte Graf Guiche.
»Er hat an Sie geschrieben? So!« antwortete der Marquis kalt. »Was denn?« – »Daß Sie boshafte Andeutungen über Fräulein von Lavallière gemacht und über seine Zuversicht zu ihrer Treue gelächelt hätten.«
»Das habe ich allerdings getan, aber der tapfere Bragelonne regte sich nicht auf,« antwortete Wardes. »Da würden Sie es gewiß anders machen, wenn ich Ihnen zum Beispiel sagte, die schöne Prinzessin habe Lord Buckingham nur deshalb weggeschickt, um sich Ihnen zu widmen.« – »Das würde mich gar nicht verletzen,« antwortete der Graf, »denn eine solche Gunst wäre Balsam für mich.«
»Mag sein, aber wenn mir's um einen Streit zu tun wäre, dann würde ich noch weiter gehen und von einem gewissen Gebüsch sprechen, wo Sie mit der Prinzessin zusammentrafen, von einem Kniefall, von einem Handkusse – und Sie würden dann als diskreter Kavalier –« – »Nein, wahrlich nicht!« rief Guiche, obgleich er totenblaß war, »das würde mich nicht rühren – ich würde Ihnen nicht widersprechen. Alles, was meine Person betrifft, läßt mich kalt, ich erhitze mich nur für meine Freunde. Und für einen Freund besonders gehe ich ins Feuer!«
»Aber, lieber Graf,« erwiderte Wardes, »wir können doch unmöglich so viele Worte um Bragelonne und die unbedeutende Lavallière wechseln.« – In diesem Augenblick gingen mehrere Höflinge vorbei, und Wardesrief, als er dies sah, mit lauter Stimme: »Ja, Herr Graf, wenn die Lavallière kokett wäre, wie Madame, deren freilich harmlose Neckereien erst Lord Buckingham nach England zurückgetrieben und dann Sie in die Verbannung jagten –« – »Mein Gott!« erwiderte Guiche, das Spiel Wardes' durchschauend und entschlossen, ihn zu übertrumpfen, »ich bin nun mal ein Geck und bildete mir was ein; aber ich habe meinen Irrtum erkannt, Abbitte getan und meinen Fehler abgelegt. Ich bin ein anderer Mensch geworden und lache jetzt über Dinge, die mir vor vierzehn Tagen noch das Herz zerrissen hätten. Aber Rudolf liebt noch immer wahr und glaubt sich wiedergeliebt. Er kann noch nicht über die Gerüchte lachen, die Sie ihm hinterbracht haben, obwohl Sie so gut, wie einzelne der Herren dort, wissen, daß diese Gerüchte die reine Verleumdung sind.«
Die Herren traten näher, Saint-Aignan und Manicamp an der Spitze.
»Nichts als Verleumdung!« rief Graf Guiche. »Meine Herren, gestatten Sie, daß ich Sie zu Richtern in dieser Sache mache. Hier ist der Brief, den Bragelonne mir geschrieben hat. Er teilt mir darin mit, was Herr von Wardes zu ihm gesagt hat. Hören Sie es!« Und er las Rudolfs Schreiben vor. »Und nun kann ich eben nicht mehr daran zweifeln, daß
Weitere Kostenlose Bücher