Die drei Musketiere Trilogie 03 - Zehn Jahre später
boshafte Athenais, »Herr von Bragelonne ist in den Krieg gezogen? Wissen Sie, was ich davon halte? Alle Männer, die diesen Feldzug mitmachen, tun es aus Verzweiflung, aus unglücklicher Liebe und in der Erwartung, die Mohrinnen weniger grausam zu finden als die weißen Schönen.« – Einige Damen lachten; die Lavallière wußte nicht, was sie tun sollte; die Montalais hustete energisch.
Ein Weilchen herrschte tiefes Schweigen, dann wandte Athenais von Tonnay-Charente sich an Luise von Lavallière und sagte: »Wissen Sie, Luise, daß Sie da eine schwere Sünde auf dem Gewissen haben? Der junge Mann war Ihr Bräutigam. Er hat Sie geliebt, und Sie haben ihn von sich gestoßen.« – »Ein ehrbares Mädchen,« sprach die Montalais dazwischen, »darf einem jungen Manne den Abschied geben, wenn sie ihn nicht liebt. Es ist besser, als ihn dennoch zu heiraten.«
»Darin besteht auch nicht die Sünde Luisens,« erwiderte Athenais, »sondern darin, daß dieser Mann nun ihretwegen in den Krieg zieht und den Tod sucht. Wenn er stirbt, so haben Sie ihn getötet, das ist die Sünde.« – Luise preßte die eisige Hand auf die Stirn. Sie griff nach dem Arm des Kapitäns. »Sie wollten mir doch etwas sagen, Herr d'Artagnan?« fragte sie. – »Was ich Ihnen zu sagen hatte, Fräulein,« antwortete der Chevalier, »hat Ihnen eben Fräulein von Tonnay-Charente gesagt, zwar etwas grob, aber doch so, daß ich nichts hinzuzufügen habe.«
Luise seufzte tief und verließ ihn und die Damen, um in die Einsamkeit ihres Zimmers zu flüchten.
2. Kapitel. Das Ende des Herrn Fouquet
Der Oberintendant traf am Abend in Nantes ein, und noch an demselben Abend, gegen zehn Uhr, ließ d'Artagnan sich bei ihm melden. Obwohl Fouquet bei der gegenwärtigen Lage der Dinge in dem Kapitän der königlichen Musketiere seinen schlimmsten Feind hatte erkennen sollen, hatte sich doch zwischen beiden eine Art Freundschaft begründet, die auf gegenseitiger Achtung beruhte. Fouquet hatte in der Tat die Absicht gehabt, nach Belle-Ile zu entfliehen. Er war auf einem jener Fahrzeuge, die auf dem Loire-Flusse der Binnenschiffahrt dienen, nach Nantes gekommen, und auf der ganzen Strecke war ihm ein zweiter solcher Kahn gefolgt, und zwar so hartnäckig, daß man ihn nicht für ein zufällig die gleiche Fahrt machendes Schiff halten konnte. Fouquet, auf diese Begleitschaft aufmerksam gemacht, sich durch ein Fernrohr und erkannte an Bord jener Gabarre Herrn Colbert. Nun war für ihn die Lösung des Rätsels gefunden. Sein Todfeind verfolgte ihn zu Wasser, wie d'Artagnan ihn zu Lande verfolgt haben würde. Das Herz dieses edeln und stolzen Mannes lehnte sich nun dagegen auf, vor einem Colbert zu entfliehen, er ließ den Entschluß, sich nach Belle-Ile einzuschiffen, fallen und blieb in Nantes, um der Stände-Versammlung beizuwohnen und aufs neue den furchtbaren Kampf mit dem Zorne Ludwigs XIV. aufzunehmen.
Als nun d'Artagnan sich bei ihm melden ließ, empfing er ihn, obwohl er von der Reise erschöpft war. – »Monseigneur, ich habe die Ehre, mich nach Ihrem Befinden zu erkundigen?« sprach der Gaskogner höflich. –»Schlecht, schlecht,« antwortete der Minister, »ich trinke nur noch Gerstenwasser mit Süßholz.« – »Sie sollten vor allen Dingen schlafen,« meinte der Chevalier. – »Schlafen? Wo Sie hier sind? Denn Sie kommen doch hier ebenso im Namen des Königs wie in Paris?« – »Lassen Sie doch den König aus dem Spiele, Monseigneur,« erwiderte der Musketier. »Wenn ich im Namen der Majestät komme, werden Sie mich eintreten sehen, mit der Hand am Degen, und ich werde in zeremoniösem Tone rufen: »Im Namen des Königs, Sie sind verhaftet!«
Fouquet fuhr zusammen, so natürlich und erschütternd klangen die Worte des Gaskogners. – »Wir sind noch nicht soweit,« fuhr d'Artagnan fort, »und ich habe auch noch nichts davon reden hören. Der König sollte Sie von Herzen gern haben.« – »Jedenfalls hätte ich Sie gern haben sollen,« entgegnete Fouquet. »Zehn Jahre lang haben wir am Hofe gelebt, ohne uns kennen zu lernen. Ich habe jährlich Millionen ausgegeben, aber Sie haben nichts davon empfangen, und erst jetzt, wo ich vorm Ruin stehe, werde ich auf Sie aufmerksam. Ich hätte mich Ihres Dienstes versichern und Sie reich machen sollen.«
»Sie sprechen von Ihrem Ruin,« antwortete d'Artagnan. »Ich kann nur sagen, der König hat kein böses Wort über Sie gesprochen. Er hat mich nur beauftragt, nach Nantes zu gehen und eine Brigade
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