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Die drei Musketiere

Titel: Die drei Musketiere Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alexander Dumas
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kaltem Ton, »und weil Ihr Eure Kerkermeister und Henker gegen mich stimmen wollt.«
    »Meine Kerkermeister, meine Henker! Potz Wetter, Madame, Ihr stimmt da einen seltsamen Ton an, und die Komödie von gestern verwandelt sich heute Abend in eine Tragödie. Übrigens werdet Ihr in acht Tagen da sein, wo Ihr sein sollt, und mein Geschäft ist abgetan.«
    »Ruchlosigkeit, schändliche Ruchlosigkeit!« rief Mylady mit der Begeisterung des Opfers, das seinen Richter herausfordert. »Auf Ehre,« sprach Lord Winter aufstehend, »ich glaube, die drollige Person kommt von Sinnen. Gebt Euch zur Ruhe, Frau Puritanerin, oder ich lasse Euch in das Gefängnis stecken. Beim Himmel, mein spanischer Wein geht Euch zu Kopfe, nicht wahr? Doch seid unbekümmert, diese Trunkenheit ist gefahrlos und wird keine Folgen nach sich ziehen.«
    Hier entfernte sich Lord Winter unter Flüchen, was damals eine ganz ritterliche Gewohnheit war. Felton, der stets an der Tür stand, hatte kein Wort von dieser Unterredung verloren. Mylady hatte ihn richtig durchblickt. »Ja geh nur, geh,« rief sie ihrem Schwager nach, »die Folgen kommen gewiß nach; doch, du sollst sie erst erfahren, wenn es nicht mehr Zeit ist, denselben auszuweichen.« Es trat abermals ein Stillschweigen ein; zwei Stunden vergingen, und man brachte das Abendbrot; man fand Mylady mit ihrem Gebet beschäftigt, mit einem Gebet, das sie von einem Diener ihres zweiten Gemahls, einem sehr eifrigen Puritaner, gelernt hatte. Sie schien derart in Andacht versunken, daß man hätte glauben mögen, sie achte gar nicht auf das, was um sie her geschah. Felton gebot durch einen Wink, sie nicht zu stören, und als alles in Ordnung war, ging er mit den Soldaten geräuschlos fort. Mylady wußte wohl, daß sie belauscht werden konnte, darum setzte sie auch ihr Gebet bis ans Ende fort, und es dünkte sie, als ob der Soldat, der an ihrer Tür wachte, nicht mehr denselben Schritt hielt, sondern horchte. Für jetzt wollte sie nicht mehr; sie erhob sich, setzte sich zu Tisch, aß wenig und trank nichts als Wasser. Einige Stunden darauf kam man herbei, um den Tisch wegzutragen. Aber Mylady bemerkte, daß Felton diesmal die Soldaten nicht begleitete. Er war also beängstigt, daß er sie zu oft sehe. Sie wandte sich ab, um zu lächeln, denn in diesem Lächeln lag ein sotriumphierender Ausdruck, daß sie sich schon dadurch hätte verraten können. Sie ließ wieder eine halbe Stunde vorübergehen, und da in diesem Augenblick im alten Schloß alles still war, und nur das ewige Rauschen des Meeres, dieses ungeheure Atemholen des Ozeans, gehört wurde, so stimmte sie mit ihrer reinen, klangvoll vibrierenden Stimme die erste Strophe eines Liedes an, das damals bei den Puritanern sehr beliebt war: »O Herr, du ziehst dich nur zurück, um uns zu prüfen in dem Leben, und dann nach Leid und Mißgeschick den Preis für unsre Kraft zu geben.« Diese Verse waren keineswegs ausgezeichnet, hierzu hätte noch viel gefehlt; allein die Protestanten kümmerten sich nicht um die Poesie. Während Mylady sang, lauschte sie zugleich. Der Soldat, der vor ihrer Tür Wache stand, verhielt sich still, als wäre er in Stein verwandelt worden. Danach konnte Mylady die Wirkung ihres Gesangs beurteilen. Indes scheint es, daß der wachhabende Soldat, der zweifelsohne eines andern Glaubens war, den Zauber abschüttelte, denn er öffnete das Gitter an der Tür und sagte: »Sind Sie doch still, Madame; Ihr Gesang ist so traurig wie eine de profundis, und müßte man außer der Freude, hier in Garnison zu liegen, auch noch solche Dinge anhören, so wäre es nicht zu ertragen.«
    »Stille!« rief eine ernste Stimme, an der Mylady Felton erkannte. »In was mengt Ihr Euch, Bursche! Hat man Euch befohlen, dieser Frau das Singen zu wehren? Nein, man hat Euch gesagt, sie zu bewachen, und auf sie zu schießen, wenn sie es versuchen sollte, zu entfliehen. Bewacht sie, schießt auf sie, wenn sie entfliehen will, doch ändert nichts an Eurem Auftrag.« Mylady begann hierauf wieder zu singen: »Für so viel Tränen, so viel Schmerz, den ich in meinem Bann erleide, belohnet Gott mein reines Herz mit Jugend, mit Gebet und Freude.« Die höchst umfangreiche Stimme voll erhabener Leidenschaft verlieh der rohen Poesie dieses Liedes eine Zauberkraft, die selbst die begeisterten Puritaner in den Gesängen ihrer Brüder nur selten fanden. Felton glaubte den Engel singen zu hören, der die drei Jünglinge im Feuerofen tröstete. Mylady fuhr fort: »Der Tag der

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