Die drei Musketiere
an der Wand über meiner Toilette befand. Ich blieb jedoch ungeachtet dieser Vorsichtsmaßregel fortwährend in großer Beängstigung, nur war meine Furcht diesmal grundlos, ich brachte den Tag hin, ohne von dem etwas zu erfahren, wovor ich mich fürchtete. Auf daß man mein Mißtrauen nicht merken sollte, hatte ich die Flasche zur Hälfte ausgeleert. Der Abend kam heran, allein wie finster es auch wurde, meine Augen gewöhnten sich allmählich, und sahen auchin der Dunkelheit, wie der Tisch verschwand. Nach einer Viertelstunde kam er wieder mit einem Nachtmahl besetzt, und einen Augenblick darauf ward mein Gemach von derselben Lampe erhellt. Ich beschloß, nur solche Speisen zu genießen, die man unmöglich mit einem Schlaftrunk mengen konnte; zwei Eier und etwas Obst machten meine Mahlzeit aus, dann schöpfte ich aus meinem Schutzbrunnen ein Glas Wasser und trank dasselbe. Beim ersten Schluck dünkte es mich, als ob es nicht mehr denselben Geschmack hätte wie am Morgen, und schnell stieg ein Verdacht in mir auf; ich hielt inne, allein ich hatte schon ein halbes Glas getrunken. Den Rest verschüttete ich mit Ekel und wartete, mit Angstschweiß auf der Stirn. Zweifelsohne belauschte mich ein unsichtbarer Zeuge, als ich Wasser aus dem Brunnen schöpfte und nutzte geradezu mein Vertrauen, um mein so kalt beschlossenes Verderben ins Werk zu setzen. Eine halbe Stunde verfloß, als sich dieselben Symptome erneuerten; nur erwehrte ich mich länger, da ich kaum ein halbes Glas Wasser getrunken hatte, und anstatt völlig einzuschlummern, versank ich in eine Art Schlaftrunkenheit, wobei ich das Gefühl von allem, was um mich vorging, behielt, aber ohne fliehen zu können. Ich wankte nach meinem Bett, um dort das einzige Schutzmittel zu holen, das mir übrigblieb, mein Messer, allein ich konnte das Kopfkissen nicht mehr erreichen, sondern sank in die Knie, und klammerte mich mit den Händen an eine der Bettsäulen.« Felton wurde entsetzlich blaß, und ein krampfhafter Schauer durchrieselte seinen Körper. »Das Schrecklichste hierbei war,« fuhr Mylady mit zitternder Stimme fort, als wäre sie noch von derselben Angst erfüllt, wie in jenem schaudervollen Augenblick, »das Schrecklichste hierbei war, daß ich diesmal das Bewußtsein von dieser Gefahr hatte, die mir drohte, daß meine Seele sozusagen in einem entschlummerten Körper wachte, dass ich sah und hörte, das alles war freilich nur wie im Traum, allein deshalb war es um nichts weniger martervoll. Ich sah die Lampe hinaufziehen, und mich allmählich wieder in Dunkelheit versetzt. Dann vernahm ich das mir so wohlbekannte Knarren der Tür, wiewohl sich dieselbe nur zweimal öffnete. Ich fühlte instinktartig, daß man sich mir näherte.«
»Doch sagen Sie endlich, wer war Ihr Verfolger?« fragte der junge Offizier. »Als er mich bemerkte, hörte ich ihn rufen: 'Diese elenden Puritaner. Ich wußte wohl, sie würden ihre Henker ermüden, doch habe ich sie hier weniger stark gegen ihre Verführer gehalten.' Meine erste Bewegung, als ich wieder zu mir kam, war, daß ich hinter dem Kopfkissen das Messer suchte, das ich vordem nicht zu erreichen vermochte; hatte es nicht zur Schutzwehr gedient, sollte es mindestens zur Sühnung dienen. Als ich aber dieses Messer anfaßte, Felton, kam mir ein schrecklicher Gedanke. Ich habegeschworen, Ihnen alles zu sagen, und werde Ihnen auch alles sagen; ich habe Ihnen Wahrheit versprochen, und will mein Wort halten, sollte es auch zu meinem Verderben ausfallen.«
»Es kam Ihnen der Gedanke, sich an diesem Manne zu rächen, nicht so?« fragte Felton. »Jawohl,« rief Mylady, »obgleich ich weiß, daß das nicht der Gedanke einer Christin war; zweifelsohne hatte ihn der Feind unserer Seele meinem Geist eingeflüstert. Nun, was soll ich Ihnen noch weiter sagen, Felton!« fuhr Mylady mit dem Ton eines Weibes fort, das sich einer Schuld anklagt. »Dieser Gedanke kam mir, und verließ mich nicht wieder. Vielleicht habe ich jetzt für dieses mörderische Vornehmen meine Strafe zu erleiden.«
»Fahren Sie fort, ach, fahren Sie fort, es drängt mich schon zu hören, wie Sie zur Rache gelangen.«
»Der Abend kam,« fuhr Mylady fort, »mit ihm traten die gewöhnlichen Vorfälle ein; mein Nachtmahl ward mir wie vordem im Dunkeln kredenzt, dann erhellte sich die Lampe und ich setzte mich zu Tisch. Ich aß nur ein bißchen Obst und, tat, als ob ich ein wenig Wasser ans der Flasche einschenkte, trank hierauf das, welches ich mir in meinem Glas
Weitere Kostenlose Bücher