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Die drei Musketiere

Titel: Die drei Musketiere Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alexander Dumas
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Blicke in diesem Zimmer herumkreisen ließ. Ich war zuverlässig nicht die erste Gefangene, die sich in diesem prunkvollen Kerker eingeschlossen sah, doch Sie begreifen wohl, Felton, je schöner das Gefängnis war, um so mehr Angst mußte es mir einflößen. Ja, es war ein Gefängnis, denn ich suchte umsonst hinaus zu kommen: ich prüfte alle Wände, um eine Tür aufzufinden, doch überall gaben sie einen vollen und matten Klang zurück. Ich hatte wohl zwanzigmal die Runde im Zimmer gemacht, um irgendwo einen Ausgang zu entdecken, doch gab es keinen. Ich sank, von Ermattung und Schreck aufgerieben, in einen Lehnstuhl. Inzwischen kam die Nacht schnell heran, und mit der wachsenden Dunkelheit wuchs auch meine Angst; ich war unschlüssig, ob ich da sitzenbleiben sollte, wo ich saß, denn es war mir, als sei ich umrungen von unbekannten Gefahren, in die ich mit jedem Schritt geraten müßte. Ich hatte seit dem Tage zuvor nichts genossen, und empfand doch aus Furcht keinen Hunger. Auf einmal knarrte eine Tür in ihren Angeln und machte mich erbeben; eine feurige Kugel zeigte sich über der gläsernen Öffnung des Plafonds und ich gewährte mit dem größten Schrecken einen Mann, wenige Schritte von mir entfernt. Ein Tisch mit zwei Gedecken, auf dem ein vollkommenes Abendmahl kredenzt war, erhob sich mitten im Zimmer wie auf einen Zauberschlag. Das war derselbe Mann, der mich seit Jahresfrist verfolgte, der auch meine Entehrung geschworen hatte, und mir mit dem ersten Worte, das er sprach, zu verstehen gab, daß mich sein Entschluß der Hoffnung beraube, jemals frei zu werden.«
    »Der Ruchlose!« stammelte Felton. »Jawohl, der Ruchlose!« er gab sich der Hoffnung hin, ich werde meine Schmach hinnehmen, weil einmal die Tat geschehen war, und bot mir gegen mein Herz sein Vermögen an. Ich ergoß alles das über diesen Menschen, was nur ein weibliches Herz an stolzer Verachtung, an Worten des Abscheus in sich zu fassen vermag; er war zweifelsohne schon gewöhnt an derlei Vorwürfe, denn er hörte mich ruhig und gelassen an, die Arme über die Brust gekreuzt. Als er nun glaubte,daß ich alles gesagt hätte, trat er näher, um mich an der Hand zu fassen; allein ich sprang zu dem Tisch, ergriff ein Messer, zückte es auf meine Brust und rief: ,Einen Schritt noch und Sie haben sich selbst nebst meiner Schmach auch noch meinen Tod vorzuwerfen'« ,Ihren Tod?' sprach er zu mir, ,o nein! Sie sind eine zu reizende Gefangene, als daß ich es zugeben könnte, Sie auf solche Weise zu verlieren. Gott befohlen, meine Schönste! Um Sie wieder zu besuchen, will ich warten, bis Sie in einer besseren Laune sind.' Nach diesen Worten pfiff er; die feurige Kugel stieg in die höhe und er verschwand; ich war wieder in Finsternis gehüllt. Bald darauf vernahm ich dasselbe Geräusch einer Tür, die auf und zu ging. Die feurige Kugel senkte sich wieder und ich befand mich allein. Dieser Augenblick war entsetzlich: hätte ich an meinem Unglück nur noch einigen Zweifel gehabt, er wäre verschwunden unter einer schreckenvollen Wirklichkeit; ich lag in der Gewalt eines Mannes, der mir bereits einen unseligen Beweis von dem, was er zu tun fähig war, geliefert hatte.«
    »Wer war aber dieser Mann?« fragte Felton. Mylady antwortete auf diese Frage nicht, sondern fuhr fort zu erzählen: »Ich brachte die Nacht auf einem Stuhle zu, und bebte bei dem leisesten Geräusch. Um Mitternacht erlosch die Lampe und ich saß wieder in schwarzer Dunkelheit, allein die Stunden verflossen, ohne daß mein Verfolger zum zweitenmal gekommen wäre. Der Tag brach an, der Tisch war verschwunden; nur hielt ich noch immer das Messer in der Hand. Dieses Messer war meine ganze Hoffnung. Ich war von Ermattung aufgerieben, die Schlaflosigkeit glühte mir in den Augen, denn ich getraute mich nicht einen Augenblick lang zu schlummern. Der Tag machte mich etwas ruhiger, ich streckte mich auf mein Bett hin, ohne mein Befreiungsmesser von meiner Seite zu lassen; ich versteckte es hinter dem Kopfkissen. Als ich erwachte, stand abermals ein gedeckter Tisch im Zimmer. Diesmal hatte sich ungeachtet meiner Besorgnisse und meiner Angst ein peinlicher Hunger eingestellt, denn ich hatte seit achtundvierzig Stunden nichts genossen. Ich aß Brot und ein wenig Obst. Da ich mich jedoch an das narkotische Mittel erinnerte, mit dem das Wasser, das ich getrunken, vermengt war, so rührte ich das nicht an, was auf dem Tische stand, sondern füllte mein Glas an einem marmornen Handbrunnen, der sich

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