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Die drei Musketiere

Titel: Die drei Musketiere Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alexander Dumas
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erblaßte und machte einen Schritt vorwärts, indem er daran dachte, daß Mylady einen Strick in der Hand hatte, als er eintrat. »Ihr habt recht,« sagte Mylady, »und ich habe bereits daran gedacht.« Dann fügte sie mit dumpfer Stimme hinzu: »Ich werde wieder daran denken.« Felton empfand einen Schauer durch das Mark seiner Knochen rieseln, und Lord Winter, der wahrscheinlich diese Erschütterung bemerkte, sprach: »Traue nicht, John! O, John, mein Freund, ich habe auf dich gebaut; nimm dich in acht, wie ich dich gewarnt habe. Sei übrigens guten Mutes, mein Kind! In drei Tagen werben wir dieses Geschöpf los sein, und an dem Orte, wohin ich sie schicke, wird sie niemandem einen Schaden zufügen.«
    »Sie hören ihn,« rief Mylady mit zitternder Stimme, so daß der Baron meinte, sie wendete sich zum Himmel, und Felton erkannte, daß es ihm gelte. Felton senkte das Haupt und träumte. Der Baron faßte den Offizier am Arm und wandte sogleich den Kopf über seine Schulter zurück, damit er, bis er das Zimmer verließ, Mylady nicht aus den Augen verlor.
    Als die Tür wieder geschlossen war, sagte die Gefangene zu sich selbst: »Ach, ich bin noch nicht so weit, wie ich dachte. Der Baron Winter hat seine gewöhnliche Dummheit in eine bisher unbekannte Klugheit umgewandelt; das ist die Rachsucht, die den Menschen bildet. Felton nimmt noch Anstand. Ach, dieser Mensch ist nicht so entschlossen wie der verfluchte d'Artagnan.« Indes harrte Mylady voll Ungeduld, denn sie vermutete mit Recht, der Tag würde nicht vergehen, ohne daß Felton zurückkehrte. Endlich nach einer Stunde vernahm sie an der Tür ein leises Gespräch. Diese ging auf, und sie erkannte Felton. Der junge Mann trat lebhaft in das Gemach, ließ hinter sich die Tür offen und gab Mylady einen Wink, daß sie schweigen möchte. Sein Antlitz war ganz verstört. »Was wollen Sie von mir?« fragte sie. »Hören Sie,« erwiderte Felton mit leiser Stimme, »ich habe die Wache fortgeschickt, um hierbleiben zu können, ohne daß man weiß, daß ich hierher kam, um mit Ihnen zu sprechen, und ohne daß man hört, was ich Ihnen mitteile. Der Baron erzählte mir eine schreckliche Geschichte.« Mylady nahm wieder das Lächeln eines ganz ergebenen Opfers an und schüttelte den Kopf. »Sie sind entweder ein Dämon,« fuhr Felton fort, »oder der Baron, mein Wohltäter, mein Vater, ist ein Ungetüm. Ich kenne Sie erst seit vier Tagen, ihn liebe ich schon zehn Jahre lang. Ich darf somit zwischenIhnen beiden Bedenken haben. Erschrecken Sie nicht über das, was ich Ihnen sage. Ich komme nach Mitternacht zu Ihnen, und Sie sollen mich überzeugen.«
    »Nein, Felton! nein, mein Bruder!« sprach sie, »das Opfer ist zu groß, und ich fühle, was es Sie kostet. Nein, ich bin verloren; o, richten Sie sich nicht auch selbst zu Grunde. Mein Tod wird viel beredter sein als mein Leben, und das Schweigen des Leichnams wird Sie mehr überzeugen als die Sprache der Gefangenen.«
    »O, schweigen Sie, Madame, und lassen Sie mich nicht solche Worte vernehmen. Ich kam hierher, daß Sie mir bei Ihrer Ehre beteuern und mir bei allem, was Ihnen heilig ist, schwören, sich nicht Gewalt anzutun.«
    »Ich will nicht schwören,« erwiderte Mylady, »denn niemand achtet den Eid so sehr wie ich, und wenn ich einen Schwur machte, so mühte ich ihn auch halten.«
    »Wohl,« versetzte Felton, »so geloben Sie es mindestens bis zu dem Augenblick, wo wir uns wiedersehen werden. Beharren Sie auch dann noch auf Ihrem Vorhaben, so sind Sie frei, und ich gebe Ihnen selbst die Waffe, die Sie von mir begehrt haben.«
    »Nun ja,« sprach Mylady. »Ihretwegen will ich warten.«
    »Schwören Sie.«
    »Ich schwöre bei unserm Gott! – Sind Sie jetzt zufrieden?«
    »Wohl,« antwortete Felton, »also in dieser Nacht.« Die Zeit bis Mitternacht schien Mylady eine Ewigkeit zu sein.
    Es war noch nicht die verabredete Stunde, und Felton trat nicht ein. Als es zwei Stunden darauf Mitternacht schlug, wurde die Wache abgelöst. Jetzt war die Stunde gekommen, und Mylady harrte von diesem Augenblick an mit der größten Ungeduld. Der neue Wachposten ging im Korridor auf und nieder. Zehn Minuten danach kam Felton und ging zu Mylady hinein. Diese stand auf und sagte: »Ha! Sie sind hier?«
    »Ich habe Ihnen versprochen zu kommen,« entgegnete Felton, »und so bin ich denn gekommen.«
    »Sie haben mir noch etwas anderes versprochen.«
    »Was denn? mein Gott!« stammelte der junge Mann, der ungeachtet seiner Selbstbeherrschung

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