Die drei Musketiere
wie Judas Makkabäus. Wenn Sie sterben, so sterbe ich mit Ihnen; das ist alles, was ich Ihnen sagen kann.«
»Still,« sagte Felton, »wir sind angelangt.« Man hatte wirklich die Schaluppe erreicht. Felton kletterte zuerst die Leiter hinan, und bot Mylady die Hand, indes sie die Matrosen unterstützten, denn die See ging noch hoch. Einen Augenblick danach waren sie auf dem Verdeck. »Kapitän!« fügte Felton, »das ist die Person, von der ich mit Ihnen gesprochen habe, und die Sie gesund und wohlbehalten nach Frankreich führen sollen. »Gegen tausend Pistolen,« versetzte der Kapitän. »Ich habe Ihnen bereits fünfhundert gegeben.«
»Allerdings«, entgegnete der Kapitän. »Und hier find die andern fünfhundert,« sagte Mylady und fuhr mit der Hand in den Goldsäckel. »Nein,« antwortete der Kapitän, »ich habe nur ein Wort, und dieses gab ich dem jungen Manne; die andern fünfhundert Gulden ist man mir erst schuldig, wenn wir in Boulogne landen.«
»Und wir werden landen?«
»Gesund und wohlbehalten,« versetzte der Kapitän, »so wahr ich Jack Buttler heiße.«
»Gut,« sagte Mylady, »wenn Sie Ihr Wort erfüllen, will ich Ihnen nicht fünfhundert, sondern tausend Pistolen geben.«
»Dann, Hurra, schöne Dame!« rief der Kapitän, »und Gott schicke mir häufige Kunden wie Ew. Herrlichkeit.«
»Indes steuern Sie uns nach der kleinen Bucht von Chichester,« sprach Felton, »in der Nahe von Portsmouth; Sie wissen, wir sind dahin übereingekommen.« Der Kapitän antwortete damit, daß er Befehl zudem notwendigen Manöver gab, und um sieben Uhr abends schon warf das kleine Fahrzeug in der benannten Bucht den Anker aus. Man kam überein, daß Mylady um zehn Uhr Felton erwarten sollte, kehrte er um zehn Uhr nicht zurück, so sollte sie fortsegeln. Für den Fall, daß er frei sei, sollte er mit ihr in Frankreich zusammenkommen, und zwar im Klöster der Karmeliterinnen zu Bethune.
Was sich am 23. August 1628 in Portsmouth ereignet hat
Felton beurlaubte sich von Mylady wie ein Bruder, der nur einen Spaziergang machen will, und küßte ihr die Hand wie einer Schwester. Es schien, als wäre seine ganze Person in den Zustand der Ruhe zurückgekehrt, nur strahlte aus seinen Augen ein ungewöhnlicher Glanz, ähnlich dem Widerschein eines Fiebers. Seine Stirn war noch blässer als früher, seine Zähne waren zusammengepreßt und seine Sprache war ein kurzes Abstoßen von Tönen, woraus erhellte, daß es in seinem Innern düster aussah. Felton stieg ans Land, kletterte auf den Damm, der nach der Höhe des abschüssigen Ufers führte, grüßte Mylady zum letztenmal und schlug den Weg nach der Stadt ein. Er kam gegen acht Uhr früh in Portsmouth an. Die ganze Bevölkerung war auf den Beinen. Die Trommeln wirbelten in den Straßen und im Hafen. Die zum Einschiffen bestimmten Truppen wogten nach dem Gestade hin. Felton erreichte, mit Schweiß übergossen und mit Staub bedeckt, den Admiralitätspalast. Sein sonst blasses Antlitz wurde purpurrot vor Hitze und Zorn. Die Wache wollte ihn zurückweisen, allein er rief den Anführer des Postens, nahm den Brief aus der Tasche, den er zu bestellen hatte und sprach bloß die Worte: »Eilbote von Lord Winter.« Auf den Namen eines Lords, von dem man wußte, daß er der vertrauteste Freund Seiner Herrlichkeit sei, gab der Anführer des Postens Befehl, Felton vorwärts zu lassen, da er noch überdies die Uniform eines Marineoffiziers trug. Felton stürzte in den Palast. In dem Moment, wo er in den Vorhof trat, erschien auch ein staubbedeckter, keuchender Mann, der vor der Tür ein Postpferd stehen ließ, das vor Ermattung in die Knie sank. Dieser und Felton wandten sich zugleich an Patrik, den ersten Kammerdiener des Herzogs. Felton nannte den Baron Winter, der Unbekannte wollte niemand nennen und gab vor, er dürfe sich bloß dem Herzog zu erkennen geben. Jeder wollte sich den Vorzug anmaßen. Patrik, der wohl wußte, daß Lord Winter durch Dienstgeschäfte, wie durch Freundschaft mit dem Herzog verbunden war, gab auch demjenigen den Vorzug, der im Namen des Lords kam. Der andere mußte warten, und wie erdiesen Aufschub verwünschte, läßt sich leicht erachten. Der Kammerdiener ließ Felton in einen großen Saal treten, worin die Deputierten von La Rochelle mit dem Prinzen Soubise an der Spitze harrten, und führte ihn von da in ein Kabinett, wo Buckingham, der eben aus dem Bade kam, mit mehr Sorgfalt als gewöhnlich seine Toilette vollendete. »Der Leutnant Felton,« meldete
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