Die drei Musketiere
seinen Boten mündlich empfohlen hatte. Er zitterte für den Herzog, eilte in den Stall, und, ohne daß er sich Zeit nahm, ein Pferd satteln zu lassen, bestieg er das erste beste, sprengte im stärksten Galopp von hinnen, stieg im Hof ab, stürzte die Treppe hinauf und traf da Felton auf der ersten Stufe, wie wir erwähnt haben. Der Herzog war indes nicht gestorben. Er kam wieder zu sich, öffnete die Augen; und Hoffnung drang in aller Herzen. »Meine Herren,« sprach er, »laßt mich mit Patrik und Laporte allein. Ha, Ihr seid hier, Lord Winter? Ihr habt mir diesen Morgen einen sonderbaren Narren gesendet, seht Nur, in welchen Zustand er mich gebracht hat.«
»O, Mylord,« ächzte der Baron, »ich werde nie wieder Trost finden.«
»Daran tätest du unrecht, mein guter Winter,« versetzte Buckingham und bot ihm die Hand; »ich kenne keinen Menschen, der es verdiente, daß ihn ein anderer Mensch durch seine ganze Lebenszeit beklage. Doch bitte ich dich, laß uns allein.« Der Baron ging schluchzend hinaus. Im Kabinett blieben nur noch der verwundete Herzog, Laporte und Patrik. Man suchte einen Arzt, doch ließ er sich nicht finden. »Sie werden am Leben bleiben, Mylord,« wiederholte der Bote aus Frankreich, vor dem Bett des Herzogs kniend. »Was hat sie mir geschrieben?« fragte der Herzog mit matter Stimme, von Blut triefend und furchtbare Schmerzen niederkämpfend. »Was hat sie mir geschrieben? lies ihren Brief mir vor.«
»O, Mylord!« seufzte Laporte. »Nun, Laporte, siehst du nicht, daß ich keine Zeit zu verlieren, habe?« Laporte entsiegelte das Pergament und legte es dem Herzog vor Augen, allein Buckingham versuchte umsonst, die Schrift zu lesen. »Lies nur,« sagte er, »lies. Ich sehe nichts mehr, lies also, denn vielleicht werde ich bald auch nicht mehr hören und sterben, ohne daß ich erfuhr, was sie mir geschrieben hat.« LaPorte machte keine Schwierigkeiten mehr und las: »Mylord! Ich beschwöre Sie bei dem, was ich für Sie und durch Sie gelitten habe, seit ich Sie kenne, daß Sie, wenn Ihnen anders an meiner Ruhe etwas gelegen ist, von den großen Zurüstungen gegen Frankreich ablassen, und einen Krieg aufgeben, von dem ganz laut gesagt wird,die Religion sei bloß die scheinbare Ursache, und von dem ganz leise gesagt wird, Ihre Neigung zu mir sei der geheime Grund. Dieser Krieg kann nicht allein für Frankreich und England große Katastrophen, er kann auch für Sie ein Unglück herbeiführen, worüber ich nie wieder Trost fände. Behüten Sie Ihr Leben, das man bedroht, und das mir von dem Augenblick an teuer sein wird, wo ich nicht mehr gezwungen sein werde, Sie als einen Feind zu betrachten. Ihre wohlgeneigte Anna.« Buckingham raffte den ganzen Rest seiner Kraft zusammen, um diesen Brief anzuhören; und als er beendigt war, fragte er, als hätte er darin eine bittere Enttäuschung gefunden: »Laporte, hast du mir mündlich nichts mehr zu melden?«
»Ja, Monseigneur, die Königin gab mir den Auftrag, Ihnen zu sagen, daß Sie auf Ihrer Hut sein sollen, weil sie zuverlässige Kunde habe, daß man Ihnen nach dem Leben strebe.«
»Und das ist alles? Ha, das ist alles?« fragte Buckingham mit Ungeduld. »Auch hat sie mich noch beauftragt, Ihnen zu sagen, daß sie Ihnen fortan wohlgeneigt bleibe.«
»Ha!« rief Buckingham, »Gott sei gelobt! Mein Tod wird für sie nicht der Tod eines Fremden sein.« Laporte zerrann in Tränen. »Patrik,« sagte der Herzog, »bringe mir das Kästchen, worin die diamantenen Nestelstifte gelegen sind.« Patrik brachte den geforderten Gegenstand, den Laporte sogleich als ein vormaliges Eigentum der Königin erkannte. »Nun bring das kleine, weiße Atlaskissen, worauf ihre Namenschiffre in Perlen gestickt ist.« Patrik kam auch diesem Befehl nach. »Sieh, Laporte,« sagte Buckingham, »das sind die einzigen Pfänder, die ich von ihr besitze. Dies silberne Kästchen und diese zwei Briefe. Bring fie Ihrer Majestät zurück, und als letztes Andenken – er suchte nach einem kostbaren Gegenstand – füge noch bei...« Er suchte abermals, doch seine vom Tode schon verdunkelten Augen begegneten nur dem Messer, das den Händen Feltons entglitten, und dessen Klinge noch rauchend war von frischem Blut. »Füge noch dieses Messer bei,« fuhr der Herzog fort und drückte Laporte die Hand. Sonach legte er das kleine Kissen in das silberne Kästchen, ließ das Messer hineinfallen und gab Laporte ein Zeichen, daß er nicht mehr zu reden vermöge. Hierauf befiel ihn eine letzte
Weitere Kostenlose Bücher