Die drei Musketiere
sagte Madame Bonacieux, als ihr Mann hinter sich die Tür zugemacht hatte und sie sich allein befand, »diesem Einfältigen ging nichts mehr ab, als daß er Kardinalist wurde. Und ich, die ich der Königin dafür Bürge stand, ich, die ich meiner armen Gebieterin versprochen... O, mein Herr Bonacieux, ich habe Euch nie so recht geliebt, allein jetzt steht die Sache noch schlechter. Ich hasse Euch und gebe mein Wort, daß Ihr es büßen werdet.«
In dem Moment, als sie dieses sprach, vernahm sie einen Schlag an der Zimmerdecke und lichtete den Kopf empor; eine Stimme rief ihr von der Höhe zu: »Liebe Madame Bonacieux! Öffnen Sie mir die kleine Pforte am Gang und ich will zu Ihnen hinabkommen.«
Der Liebhaber und der Gemahl.
Als d'Artagnan durch die Tür eintrat, die ihm die junge Frau öffnete, sagte er: »Madame Bonacieux, erlauben Sie mir, Ihnen zu sagen, daß Sie da einen trübseligen Gemahl haben.«
»Haben Sie denn unser Gespräch gehört?« fragte Madame Bonacieux und blickte d'Artagnan mit Unruhe an. »Ganz und gar!«
»Wie das? mein Gott!«
»Durch ein nur mir bekanntes Verfahren, durch das ich auch Ihr etwas lebhafteres Gespräch mit den Häschern vernommen habe.«
»Und was verstanden Sie von dem, was wir besprachen?«
»Tausend Dinge. Fürs erste, daß Ihr Gemahl schwachköpfig und einfältig ist; daß Sie glücklicherweise in Verlegenheit sind, was mir sehr angenehm ist, denn es gibt mir Gelegenheit, mich zu Ihrem Dienst anzubieten, und Gott weiß, daß ich bereit bin, für Sie ins Feuer zu gehen; daß endlich die Königin einen verständigen braven und ergebenen Mann zu einer Reise nach London benötigt. Ich habe mindestens zwei dieser Eigenschaften an mir, und stehe damit zu Diensten.« Madame Bonacieux, antwortete nicht, doch pochte ihr Herz vor Freude und eine stille Hoffnung strahlte aus ihren Blicken. »Welche Bürgschaft können Sie mir stellen,« fragte sie, »wenn ich Ihnen diese Sendung übertragen wollte?«
»Meine Liebe für Sie! Sprechen, befehlen Sie, was habe ich zu tun?«
»Mein Gott! mein Gott!« stammelte die junge Frau, »soll ich Ihnen dieses Geheimnis anvertrauen, mein Herr? Sie sind ja fast noch ein Kind.«
»Geht, ich sehe, daß jemand für mich einstehen müßte.«
»Ich bekenne es, das würde mich ungemein beruhigen.«
»Kennen Sie Athos?«
»Nein!«
»Porthos?«
»Nein!«
»Aramis?«
»Nein; wer sind denn diese Herren?«
»Musketiere des Königs. Kennen Sie Herrn von Tréville, ihren Kapitän?«
»O ja! diesen kenne ich, zwar nicht persönlich, doch hörte ich die Königin oft von ihm als von einem braven und würdigen Edelmann sprechen.«
»Nicht wahr. Sie fürchten nicht, daß er Sie an den Kardinal verraten würde?«
»O nein, gewiß nicht.«
»Nun, so vertrauen Sie diesem Ihr Geheimnis an, und fragen Sie ihn, ob Sie mir dasselbe offenbaren können, wie wichtig, kostbar und schauerlich es auch sein mag.«
»Allein, das Geheimnis gehört nicht mir, und so kann ich es nicht preisgeben.«
»Sie wollten es doch Herrn Bonacieux anvertrauen,« sprach Herr d'Artagnan mit etwas Unwillen. »So wie man einen Brief der Höhlung eines Baumes, dem Flügel einer Taube, dem Hals eines Hundes anvertraut.«
»Sie sehen aber doch, daß ich Sie liebe.«
»Sie sagen es.«
»Ich besitze Artigkeit.«
»Das glaube ich.«
»Ich bin mutvoll.«
»O, davon bin ich überzeugt.«
»Nun, so stellen Sie mich auf die Probe.«
»Hören Sie,« sagte sie zu ihm, »ich gebe Ihren Beteuerungen, Ihren Versicherungen nach; allein ich schwöreIhnen vor Gott, der uns hört, daß ich mich töte und Sie meines Todes anklage, wenn Sie Verrat gegen mich üben.«
»Und ich schwöre Ihnen vor Gott, Madame,« entgegnete d'Artagnan, »daß ich, wenn ich bei der Erfüllung Ihrer Aufträge verhaftet werde, sterbe, ehe ich etwas tue oder sage, was irgend jemand in Gefahr bringen könnte.« Nun vertraute ihm die junge Frau das schauerliche Geheimnis, von dem ihm bereits der Zufall einen Teil enthüllt hatte. Das war ihre wechselseitige Liebeserklärung. D'Artagnan strahlte vor Freude und Stolz. Das Geheimnis, das er besaß, die Frau, die er liebte, das Vertrauen und die Liebe machten aus ihm einen Riesen. »Ich reise ab,« sprach er, »ich will sogleich abreisen.«
»Wie, Sie reisen ab?« rief Madame Bonacieux. »Ihr Regiment? Ihr Kapitän?«
»Bei meiner Seele, liebe Konstanze, Sie ließen mich alles das gänzlich vergessen! Ja, Sie haben recht, ich brauche einen Urlaub.«
»Wieder ein
Weitere Kostenlose Bücher