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Die drei Schmiede ihres Schicksals

Die drei Schmiede ihres Schicksals

Titel: Die drei Schmiede ihres Schicksals Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Adalbert Stifter
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aber es war nur Wasser, das den Wald eher schauerlicher machte, und von dem keine Hülfe zu erwarten war. Tiburius ging noch eiliger fort, er ging fort, und fort - und leider wieder aufwärts. Endlich, da er um einen sehr großen Stein, der gleichsam alles vor ihm verdunkelt hatte, hinum gegangen war, senkte sich der Weg abwärts und wurde sandig und geröllig. Auch standen mit einem Male nicht mehr die hohen Tannen neben ihm, sondern allerlei lustiges Gebüsch von dichtem Laube, namentlich Haselstauden, was jederzeit ein Zeichen ist, daß ein Wald aufhöre und man sich im Saume befinde. Herr Tiburius kannte aber solche Zeichen nicht. Er ging noch die Streke unter dem Gebüsche und auf den scharfen Steinen weiter, es wurde lichter, die Gebüsche hörten auf, der Wald war aus, und er stand hoch auf einer Wiese im Freien.
    Er war in einem Zustande, in welchem er in seinem ganzen Leben nicht gewesen war. Die Knie schlotterten ihm, und der Körper hing vor Müdigkeit nur mehr in den Kleidern. Er empfand es, wie an seinem ganzen Leibe ohne seinen Willen die Nerven zitterten, und die Pulse klopften. Aber auch hier war keine Aussicht auf Hülfe vorhanden. Die Sonne war schon unter gegangen. Ueberall standen im kühlblauen Hauche des Abends Berge mit allerlei Gestalten herum, theils mit Wald bedekt, theils Felsen empor strekend. Weit draußen hinter dem Saume eines grünen Waldes ragte ein sehr hoher Berg heraus. Er hatte mehrere Felsenkronen, die empor standen. Zwischen diesen Kronen lagen drei sehr große Schneefelder, welche aber jezt rosenroth beleuchtet waren, und auf welche die Kronen Schatten warfen. Für Tiburius war dieses erhebende Schauspiel eher schrekhaft. Weit herum war kein Mensch und kein lebendes Wesen zu erbliken. Das Rauschen, welches er schon eine geraume Zeit in den Wald hinein gehört hatte, war ihm jezt erklärbar. In der Rinne des Thales, gegen welches die Wiese, auf der er stand, hinab ging, lief über Steine und Klippen ein grünes brodelndes Wasser heraus, und eilte links durch die Thaltiefe nach einander fort. Sonst war aber gar nichts zu erspähen, welches sich regte und rührte.
    Tiburius sah, daß der Weg über den Wiesenhügel gegen das Wasser hinab gehe, und er dachte, da in dem Badeorte dasselbe grüne Wasser, aber in viel größerer Menge, dahin fließe, so könne leicht dieser Bach zu jenem grünen Wasser hinaus eilen, und etwa gehe der Weg daneben fort.
    Er beschloß daher, dem Laufe des Pfades nach abwärts zu folgen. Er bezwang das stürmende Verlangen seines Körpers nach Ruhe - denn auf dem Grase lag überall schon der nasse Thau - und ging unter schmerzhaftem Vorwärtsstoßen seiner Kniee auf dem Pfade steil abwärts. Der Berg mit den rosenfarbenen Schneefeldern zog sich gemach unter den Wald zurük, bis nichts mehr, als kalt blaue oder grüne Anhöhen, mit Dunststreifen durchwebt, da standen.
    Tiburius kam zu dem Wasser hinunter. Es hastete mit dem Blaugrün seiner Wogen und dem fliegenden weißen Schaume darauf nach einander hin - und was er eben gedacht hatte, traf hier unten ein: der Weg ging neben dem Wasser fort. Er schlug ihn also ein und strengte seine Kräfte, die gleichsam auflösend und trunken waren, aufs Neue und Lezte an.
    Da er eine Weile so gegangen war und bereits Dunkelheit einzutreten begann, hörte er plözlich troz des Rauschens, das der Bach in ziemlicher Tiefe unter ihm veranlaßte, Tritte hinter sich. Er sah um, und erblikte einen Mann, der hinter ihm her ging und ihn eben eingeholt hatte. Der Mann trug eine Axt über den Rüken, mehrere eiserne Keile über die Schultern, und hatte starke Holzschuhe an. Tiburius blieb stehen, ließ ihn vollends an sich kommen, und fragte dann: »Guter Freund, wo bin ich denn, und wo finde ich denn in das Bad hinaus?«
    »Ihr seid auf dem Wege zum Bade,« antwortete der Mann, »aber in der Keis draußen theilen sich die Wege wieder, und der bessere geht in die Zuderhölzer hinauf, da könntet ihr euch verirren. Weil ich ohnedem auf dem nehmlichen Wege gehe, so könnt ihr mit mir gehen, ich werde euch hinaus führen. - Wie seid ihr aber denn hieher gekommen, wenn ihr nicht wisset, wo ihr seid?«
    »Ich bin ein Kranker,« sagte Herr Tiburius, »heile mich durch den Gebrauch des Bades, bin auf der Straße ziemlich weit fort gefahren, bin dann spazieren gegangen, und habe mich in dem Walde verirrt, daher ich meinen wartenden Wagen nicht mehr finden konnte.«
    Der Mann mit den eisernen Keilen sah Herrn Tiburius nach der Seite von

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