Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die drei Schmiede ihres Schicksals

Die drei Schmiede ihres Schicksals

Titel: Die drei Schmiede ihres Schicksals Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Adalbert Stifter
Vom Netzwerk:
Wässerlein ging ungehört gegen die Tannen, und zwischen den Stämmen spannen luftige glänzende Herbstfäden, wie sie Herr Tiburius auch öfter zu Hause in dem Garten gesehen hatte. Ehe er da weiter ging, mußte er doch noch erforschen, was denn das für ein seltsamer Reif sei, der dort auf den entfernten Tannennadeln liege, und wie die Wolke aussehe, die weit draußen zwischen dem Grün der Bäume herein schaue, ob sie nicht etwa Regen drohe. Er nahm sein Taschenfernrohr heraus, machte es zusammen, und sah durch. Aber der Reif war nur der unsägliche Sonnenglanz, der auf der glatten Seite der Nadeln lag, und die Wolke war ein entfernter Berg, wie sie hier im Lande in einer großen Ausdehnung einer hinter dem andern stehen. Er beschloß also weiter zu gehen, insbesondere, da die Steinwand noch immer fortlief und Anfangs nur eine und dann nur einige Buchen zwischen ihm und ihr waren. Auch ging ein sehr wohlausgetretener schwarzer Pfad in die Bäume hinein. Tiburius mußte, als er diesen Pfad betrat, an den kleinen närrischen Doctor denken, der sich aus verschiedenen Stoffen diese Erde für seine Rhododendern und Eriken brennen muß, wie sie hier von selber liegt; und Eriken sah er hier unter den Stämmen viel schöner blühen, als sie der Doctor in seinen Töpfen erziehe. Er nahm sich vor, wenn er nach Hause käme, ihm von dieser Thatsache zu erzählen.
    Tiburius ging auf dem Pfade fort, der von allerlei Dingen eingefaßt war. Manchmal lag die Moosbeere wie eine rothe Koralle neben ihm, manchmal strekten die Preißelbeeren ihr Kraut empor und hielten ähnliche Büschel von rothwangigen Kügelchen in den glänzenden Blättchen. - Die Bäume wurden immer dunkler, und zuweilen stellte ein Birkenstamm eine Leuchtlinie unter sie. Der Pfad glich sich immer, die kommenden Stellen waren wie die, die er verlassen hatte. Nach und nach wurde es anders, die Bäume standen sehr dicht, wurden immer dunkler, und es war, als ob von ihren Aesten eine kältere Luft herab sänke. Dies mahnte Herrn Tiburius umzukehren, da es ihm vielleicht auch sogar schädlich sein könnte. Er zog die Uhr hervor, und sah, was ihm ohnedem, als er aufmerksam geworden war, eine dunkle Vorstellung gesagt hatte, daß er weiter gegangen sei, als er dachte, und den Rükweg eingerechnet heute mehr Bewegung gemacht habe, als sonst.
    Er kehrte sich also auf dem Pfade um, und ging zurük.
    Er ging auf dem Rükwege schleuniger, da er die Gegenstände nicht mehr so beachten wollte, und ihm, seit er auf die Uhr gesehen hatte, darum zu thun war, den Wagen ehestens zu erreichen. Er ging auf dem Pfade fort, der genau so schwarz war, und so neben den Bäumen fort lief, wie auf dem Herwege. Als er aber schon ziemlich lange gegangen war, fiel ihm doch auf, daß er die Steinwand noch nicht erreicht habe. Auf dem Herwege hatte er sie links gehabt, nun hatte er sich umgekehrt, folglich mußte sie ihm jezt rechts erscheinen - aber sie erschien nicht. Er dachte, daß er vielleicht im Hereingehen in Gedanken gewesen sei, und der Weg länger wäre, als er ihn jezt schäze; deßhalb war er geduldig und ging fort - aber schneller ging er etwas.
    Allein die Wand erschien nicht.
    Nun wurde er ängstlich. Er begriff nicht, wie auf dem Rükwege so viele Bäume sein können - er ging um vieles schneller, und eilte endlich hastig, so daß er, selbst bei reichlicher Zugabe zu seiner Rechnung, nun doch schon längstens bei dem Wagen hätte sein sollen. Aber die Wand erschien nicht, und die Bäume hörten nicht auf. Er ging jezt von dem Pfade sowohl rechts als auch links bedeutend ab, um sich Richtung und Aussicht zu gewinnen, ob die Wand irgend wo stehe - allein sie stand nirgends, weder rechts noch links, noch vorn, noch hinten - - nichts war da, als die Bäume, in die er sich hatte hinein loken lassen, sie waren lauter Buchen, nur viel mehrere, als er beim Herwege gesehen hatte, ja es war, als würden sie noch immer mehr - nur die eine, die am Anfange zwischen ihm und der Wand gestanden war, konnte er nicht mehr finden.
    Tiburius fing nun, was er seit seiner Kindheit nicht mehr gethan hatte, zu rennen an, und rannte auf dem Pfade in höchster Eile eine große Streke fort, aber der Pfad, den er gar nicht verlieren konnte, blieb immer gleich, lauter Bäume, lauter Bäume. Er blieb nun stehen, und schrie so laut, als es nur in seinen Kräften war und als es seine Lungen zuließen, ob er nicht von seinen Leuten gehört würde, und eine Antwort zurük bekäme. Er schrie mehrere Male hinter

Weitere Kostenlose Bücher