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Die drei Schmiede ihres Schicksals

Die drei Schmiede ihres Schicksals

Titel: Die drei Schmiede ihres Schicksals Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Adalbert Stifter
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Inhalt bestand in Erdbeeren. Es war jene Gattung kleiner würziger Walderdbeeren, die in dem Gebirge den ganzen Sommer hindurch zu haben sind, wenn man sie nur an gehörigen Stellen zu suchen versteht.
    Als Herr Tiburius die Erdbeeren gesehen hatte, erwachte in ihm ein Verlangen, einige davon zu haben, wozu ihn namentlich der Hunger, den er sich immer auf seinen Waldspaziergängen zuzog, antreiben mochte. Er erkannte aus der Ausrüstung, daß das Mädchen eine Erdbeerverkäuferin sei, wie sie gerne in das Bad kamen, und theils an den Eken und Thüren der Häuser theils in den Wohnungen selber ihre Waare zum Verkaufe ausbiethen. Im Angesichte hatte er das Mädchen gar nicht angeschaut. Er stand eine Weile in seinem grauen Roke vor ihr, dann sagte er endlich: »Wenn du diese Erdbeeren ohnehin zu Markte bringst, so thätest du mir einen Gefallen, wenn du mir auch gleich hier einen ganz kleinen Theil derselben verkauftest, ich werde sie dir gut zahlen, das heißt, wenn du auf den Verkauf hinauf noch einen kleinen Weg mit mir zur Straße hinaus gehst, weil ich hier kein Geld habe.«
    Das Mädchen schlug bei dieser Anrede die Augen gegen ihn auf, und sah ihn klar und unerschroken an.
    »Ich kann euch keine Erdbeeren verkaufen,« sagte sie, »aber wenn ihr nur einen ganz kleinen Theil derselben wollt, wie ihr sprecht, so kann ich euch denselben schenken.«
    »Zu schenken darf ich sie nicht annehmen,« antwortete Tiburius.
    »Sagt einmal, hättet ihr sie recht gerne?« fragte das Mädchen.
    »Ja, ich hätte sie recht gerne,« erwiederte Tiburius.
    »Nun so wartet nur ein wenig,« sagte das Mädchen.
    Nach diesen Worten nestelte sie, vorwärts gebükt, den großen Knoten des Tuches über dem Körbchen auf, hüllte die Zipfel zurük, und zeigte auf dem flachen Geflechte ein Fülle gelesener Erdbeeren, die mit größter Sorgfalt und Umsicht gesucht worden sein mußten; denn sie waren alle sehr roth, sehr reif, und schier alle gleich groß. Dann stand sie auf, nahm einen flachen Stein, den sie suchte, gebrauchte ihn als Schüsselchen, legte mehrere große grüne Blätter, die sie pflükte, darauf, und füllte auf dieselben ein Häufchen Erdbeeren, so groß, als es darauf gehen mochte.
    »Da!«
    »Ich kann sie aber nicht nehmen, wenn du sie blos schenkst,« sagte Tiburius.
    »Da ihr gesagt habt, daß ihr sie recht gerne hättet, so müsset ihr sie ja nehmen,« antwortete sie, »ich gebe sie euch auch mit sehr gutem Willen.«
    »Wenn du sie mit sehr gutem Willen gibst, dann nehme ich sie wohl an,« sagte Tiburius, indem er den flachen Stein mit Vorsicht aus ihrer Hand in die seinige nahm. Er aß aber in dem ersten Augenblike nicht davon.
    Sie beugte sich wieder nieder und richtete das Körbchen mit dem weißen Tuche in den vorigen Stand. Als sie sich empor gerichtet hatte, sagte sie: »So sezt euch auf diesen Stein nieder, und eßt eure Erdbeeren.«
    »Der Stein ist ja dein Siz, da du ihn zuerst eingenommen hast,« antwortete Tiburius.
    »Nein, ihr müßt euch darauf sezen, weil ihr esset, ich werde vor euch stehen bleiben,« sagte das Mädchen.
    Tiburius sezte sich also, um ihren Willen zu thun, nieder und hielt das Steinschüsselchen mit den Erdbeeren vor sich. Er nahm mit seinen Fingern zuerst eine und aß sie, dann die zweite, dann die dritte, und so weiter. Das Mädchen stand vor ihm und sah ihm lächelnd zu. Als er nur mehr wenige hatte, sagte sie: »Nun, sind sie nicht gut?«
    »Ja, sie sind vortrefflich,« antwortete er, »du hast die besten und gleichbedeutendsten zusammen gesucht. Aber sage mir, warum verkaufst du denn keine Erdbeeren?«
    »Weil ich durchaus keine verkaufe,« erwiederte sie, »ich suche sehr schöne und gute, und der Vater und ich essen sie dann. Das ist so: der Vater ist alt und wurde im vorigen Frühlinge krank. Der Badedoctor schaute ihn an, und gab ihm dann einige Dinge. Er muß ein närrischer Mann sein, denn nach einer Zeit sagte er, der Vater solle nur viele Erdbeeren essen, er werde schon gesund werden. Was sollen denn Erdbeeren helfen, dachte ich, sie sind ja nur ein Nahrungsmittel, keine Arznei. Weil man es aber doch nicht wissen konnte, ging ich in den Wald und suchte Erdbeeren. Der Vater aß sie gerne und ich nahm immer einen Theil mehr aus dem Walde mit, daß auch einige für mich blieben; denn ich liebe sie auch. Der Vater ist schon lange gesund, ich weiß nicht, haben es die Erdbeeren gethan, oder wäre er es auch ohne ihnen geworden. Weil sie aber so gut sind, so gehe ich noch immer, und

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