Die drei Stigmata des Palmer Eldritch
nannte man das Gehirnwäsche. Er hat mir einen Höllenschrecken eingejagt. Gemessenen Schrittes ging er weiter, ohne sich noch einmal umzudrehen.
Das war ein verhängnisvoller Fehler. Irgend etwas – er sah es aus dem Augenwinkel – stürzte sich auf seine Beine; er sprang beiseite, und es schoß an ihm vorbei, aber als es die Orientierung wiedergefunden hatte, faßte es seine Beute sofort von neuem ins Visier und kehrte auf Umwegen zu ihm zurück.
»Die Ratten können Sie nicht sehen«, rief das Mädchen, »die Klucken schon! Los, laufen Sie!«
Obgleich er sie kaum sehen konnte, lief er. Er hatte genug gesehen.
Und das, was er gesehen hatte, ließ sich nicht Chew-Z zuschreiben. Denn es war keine Illusion, kein Folterwerkzeug Palmer Eldritchs. Die Klucke stammte weder von Terra, noch hatte ein Terraner sie ersonnen.
Das Mädchen fing ebenfalls an zu laufen.
»Und was wird aus mir?« rief Dr. Smile verängstigt.
Aber sie ließen ihn einfach stehen.
»Ich habe die Daten, die ich von Ihnen bekommen habe, in den Computer eingegeben, Mr. Mayerson«, sagte Felix Blau auf dem Videoschirm. »Es deutet alles darauf hin, daß Ihr Chef, Mr. Bulero – der übrigens auch zu unseren Klienten gehört –, sich momentan auf einem kleinen künstlichen Erdsatelliten mit der amtlichen Bezeichnung Sigma 14-B befindet. Ich habe die Grundbücher eingesehen, und er scheint einem Raketentreibstoff-Hersteller aus St. George, Utah, zu gehören.« Er sah in den Papieren nach, die er vor sich liegen hatte. »Robard’s Lethan-Handel. Lethan ist der Markenname ihres ...«
»Gut«, sagte Barney Mayerson. »Ich werde mich mit der Firma in Verbindung setzen.« Wie in drei Teufels Namen ist Leo nur dorthin gekommen?
»Und noch eins ist womöglich nicht uninteressant. Robard’s Lethan-Handel wurde auf den Tag genau vier Jahre vor den Bostoner Chew-Z-Werken gegründet. Das scheint mir mehr zu sein als bloßer Zufall.«
»Wie stehen die Chancen, Leo von dem Satelliten herunterzuholen?«
»Sie könnten natürlich einen Antrag bei Gericht stellen, mit der Forderung ...«
»Dazu haben wir keine Zeit«, meinte Barney.
Seltsamerweise fühlte er sich verantwortlich für alles, was geschehen war. Offensichtlich hatte Palmer Eldritch die Pressekonferenz einzig und allein zu dem Zweck anberaumt, Leo auf seinen Mondsitz zu locken – und er, Präkog Barney Mayerson, der Mann, der in die Zukunft sehen konnte, war auf den Trick hereingefallen und hatte alles darangesetzt, Leo dort einzuschleusen.
»Ich kann Ihnen etwa hundert Mann aus verschiedenen Filialen meiner Firma zur Verfügung stellen«, sagte Felix Blau. »Wenn Sie bei P. P. Layouts noch fünfzig Mann zusammentrommeln, könnten wir den Satelliten belagern.«
»Bis dahin ist Leo vermutlich längst tot.«
»Stimmt.« Blau schien zu schmollen. »Nun ja, Sie könnten natürlich auch zu Hepburn-Gilbert gehen und die UN um Unterstützung bitten. Oder Sie versuchen – aber davon würde ich Ihnen eigentlich eher abraten –, Palmer oder Palmers Ersatz zu kontaktieren und direkt mit ihm zu verhandeln. Vielleicht können Sie Leo ja zurückkaufen.«
Barney brach die Verbindung ab und ließ sich eine Amtsleitung geben. »Verbinden Sie mich mit Palmer Eldritch auf Luna. Es ist dringend; also beeilen Sie sich, Miss.«
Während er auf den Anruf wartete, sagte Roni Fugate: »Uns wird wohl keine Zeit mehr bleiben, zu Eldritch überzulaufen.«
»Sieht ganz so aus.« Wie reibungslos alles über die Bühne gegangen war; Eldritch hatte seinen Widersacher für sich arbeiten lassen. Und uns, überlegte er, Roni und mich; er wird uns vermutlich genauso an der Nase herumführen. Vielleicht wartet Eldritch nur darauf, daß wir zu dem Satelliten fliegen; das würde erklären, weshalb er Leo mit Dr. Smile ausgerüstet hat.
»Ich frage mich«, sagte Roni und spielte mit dem Verschluß ihrer Bluse, »ob wir uns mit einem so raffinierten Menschen überhaupt einlassen sollten. Falls er ein Mensch ist. Langsam habe ich den Eindruck, daß wir es nicht mit Palmer, sondern einem von ihnen zu tun haben; wir müssen den Tatsachen ins Auge sehen. Nicht mehr lange, und Chew-Z wird den Markt überschwemmen. Mit Billigung der UN.« Sie klang verbittert. »Und Leo, ein einfacher Mann, der nur ein paar Schalen machen wollte, ist entweder tot oder ruiniert.« Sie starrte wütend vor sich hin.
»Patriotismus«, meinte Barney.
»Selbsterhaltung. Ich habe keine Lust, eines schönen Tages aufzuwachen, auf dem Zeug
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