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Die drei Stigmata des Palmer Eldritch

Die drei Stigmata des Palmer Eldritch

Titel: Die drei Stigmata des Palmer Eldritch Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Philip K. Dick
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Schwach und zitternd vor Erleichterung sank Leo ins Gras und schnappte nach Luft.
    »Mit Hilfe der Flechte, die wir unter dem Namen Chew-Z vertreiben«, sagte Eldritch. »Sie hat mit Ihrem Produkt so gut wie nichts gemein. Can-D ist Schnee von gestern, Leo, denn: was hat man schon davon? Ein paar flüchtige Augenblicke der Zerstreuung, nichts als Fantasie. Wer will das? Wer braucht die Fälschung, wenn er von mir das Original bekommen kann?« Er setzte hinzu: »Was Sie hier sehen, ist meine Welt.«
    »Das habe ich mir gedacht. Und wenn Sie sich einbilden, daß die Leute ihre schwerverdienten Schalen für ein Erlebnis wie dieses herausrücken« – Leo deutete auf die Klucke, die ganz in der Nähe auf der Lauer lag und ihn und Eldritch aufmerksam beobachtete –, »dann haben Sie nicht nur Ihren Körper, sondern offenbar auch Ihren Verstand zu Hause gelassen.«
    »Das war eine Ausnahme. Um Ihnen zu beweisen, daß alles hier authentisch ist. In dieser Hinsicht geht nichts über Angst und körperlichen Schmerz; die Klucken haben Ihnen deutlich vor Augen geführt, daß Sie sich nicht in einer Fantasie befinden. Sie hätten Sie mühelos umbringen können. Und wenn Sie hier sterben würden, wäre es aus mit Ihnen. Can-D ist ein Dreck dagegen.« Eldritch schien seine Überlegenheit sichtlich zu genießen. »Als ich die Flechte im Prox-System entdeckte, konnte ich es kaum fassen. Mit ihrer Hilfe habe ich, unter Aufsicht von Prox-Medizinern, bereits über hundert Jahre gelebt; ich habe sie oral, intravenös und als Zäpfchen bekommen – ich habe sie verbrannt und den Rauch eingeatmet, ich habe sie in Wasser aufgelöst, gekocht und die Dämpfe geschnüffelt: Ich habe sie in jeder erdenklichen Form zu mir genommen, und es hat mir nicht geschadet. Auf die Proxer hat sie eine wesentlich geringere Wirkung als auf uns; sie finden sie kaum stimulierender als ihren besten Tabak. Wollen Sie noch mehr hören?«
    »Eigentlich nicht.«
    Eldritch setzte sich neben ihn, stützte einen künstlichen Arm auf seine angezogenen Knie und schwang seinen Stock gemächlich hin und her, wobei er die Klucke, die noch immer nicht verschwunden war, keinen Moment aus den Augen ließ. »Wenn wir in unsere früheren Körper zurückkehren – bitte beachten Sie das Wörtchen ›früher‹; ein Begriff, den man auf Can-D, aus gutem Grund, wohl nicht anwenden würde –, werden Sie feststellen, daß keine Zeit vergangen ist. Wir könnten ohne weiteres fünfzig Jahre hier verbringen; wenn wir nach Luna zurückkommen, werden wir den Landsitz unverändert vorfinden, und wer uns beobachtet, würde keinerlei Bewußtseinstrübung feststellen wie bei Can-D, keinerlei Trance, keinerlei Stupor. Nun ja, vielleicht ein leises Flattern der Augenlider. Einen Sekundenbruchteil lang; das gebe ich gern zu.«
    »Wovon hängt es ab, wie lange wir hierbleiben?« fragte Leo.
    »Von unserer Einstellung. Nicht von der Höhe der Dosis. Wir können jederzeit zurück. Es geht also weniger darum, wieviel ...«
    »Das stimmt nicht. Ich möchte nämlich schon seit geraumer Zeit hier weg.«
    »Aber«, sagte Eldritch, »nicht Sie haben diese – Lokalität erschaffen, sondern ich, ich ganz allein. Die Klucken, die Landschaft ...« Er wies mit dem Stock um sich. »Alles, was Sie sehen, sogar Ihren Körper.«
    »Meinen Körper?« Leo blickte prüfend an sich hinunter, konnte jedoch nichts Ungewöhnliches entdecken. Er steckte in seinem alten, wohlvertrauten Körper; er gehörte ihm, nicht Eldritch.
    »Sie sehen hier genauso aus wie in unserem Universum, weil ich es so wollte«, sagte Eldritch. »Als eingefleischter Buddhist fand Hepburn-Gilbert diese Vorstellung natürlich faszinierend. Sie können in jeder Gestalt reinkarnieren, die Sie wünschen oder die, wie hier und jetzt, für Sie gewünscht wird.«
    »Darum hat die UN also angebissen«, sagte Leo. Das erklärte einiges.
    »Mit Chew-Z können Sie jedes gewünschte Leben führen, sei es als Insekt, als Physiklehrer, als Falke, als Protozoon, als Schleimpilz, als Straßenhure im Paris des Jahres 1904 ...«
    »Oder«, sagte Leo, »als Klucke. Wer von uns beiden ist die Klucke da?«
    »Das habe ich Ihnen doch erklärt; ich habe sie aus einem Teil von mir geformt. Auch Sie können etwas erschaffen. Nur zu – projizieren Sie ein Stück Ihrer Substanz; es nimmt von selbst materielle Gestalt an. Sie liefern lediglich den Logos. Oder haben Sie das etwa schon vergessen?«
    »Nein, nein«, sagte Leo. Er konzentrierte sich, und kurz darauf

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