Die drei ??? und das Gespensterschloss
Haus zugebracht hat. Unsere Aufgabe ist es, festzustellen, was all diese Leute so entsetzte. Wenn es ein echtes Phantom oder Gespenst ist – die übernatürliche Gegenwart des früheren Eigentümers, Stephan Terrill –, dann werden wir eine bedeutsame wissenschaftliche Entdeckung machen.«
»Was könnte es sonst sein?«, fragte Peter. Er ließ das Licht seiner Taschenlampe über die runde Wand des Raumes wandern. Eine Wendeltreppe führte zum oberen Stockwerk, aber er hatte keineswegs die Absicht, diese Treppe hinaufzusteigen. Die Wand war mit verschlissenem Stoff bespannt, ringsum liefen holzgeschnitzte Sitzbänke. In etlichen flachen Nischen oder Alkoven standen Ritterrüstungen.
An der Wand hingen mehrere große Gemälde. Peter ließ sein Licht von einem zum anderen schweifen. Es waren offenbar lauter Porträts ein und desselben Mannes in verschiedener Kostümierung. Ein Bild zeigte ihn als englischen Edelmann, andere stellten ihn als Buckligen, als Zirkusclown, als einäugigen Piraten vor.
Peter schloss daraus, dass es sich um Bilder des ehemaligen Hausherrn Stephan Terrill in einigen seiner berühmten Stummfilmrollen handeln musste. Da unterbrach ihn Justus. »Ich habe meine Empfindungen genau geprüft«, sagte er. »Im Augenblick spüre ich keine Furcht. Ich bin nur ein bisschen aufgeregt.«
»Ich auch«, stimmte Peter zu. »Seit man das komische Echo nicht mehr hört, ist das einfach irgendein altes Haus.«
»Normalerweise«, sagte sein Freund gedankenvoll, »vergeht eine gewisse Zeitspanne, bis das Gespensterschloss seine Wirkung auf Besucher ausübt. Anfänglich spüren sie nur ein vages Unbehagen. Das geht über in eine unerträgliche Beklemmung, die sich zu panischer Angst steigert.«
Peter hörte nur mit halbem Ohr zu. Er ließ sein Licht wieder über die Bilder an der Wand gleiten. Plötzlich sah er etwas, das ihm Unbehagen verursachte. Gleich darauf spürte er eine unerträgliche Beklemmung.
Das Auge des einäugigen Piraten auf dem Bild starrte ihn an!
Das blinde Auge war von einer schwarzen Klappe bedeckt. Das sehende Auge aber blickte ihn an, darüber gab es keinen Zweifel. Es hatte einen feuchten Schimmer, und als Peter hinstarrte, sah er es blinzeln.
»Just!« Er brachte nur ein Krächzen hervor. »Das Bild! Es sieht uns an!«
»Welches Bild?«
»Das da.« Peter richtete den Lichtstrahl auf das Seeräuber-Porträt. »Ich habe gesehen, wie er uns anschaute.«
»Nur eine Täuschung«, sagte sein Freund. »Wenn ein Maler ein Porträt mit genau geradeaus gerichtetem Blick malt, dann wirkt es so, als ob es dich immer ansieht – egal wo du gerade stehst.«
»Aber das Auge ist nicht gemalt!«, widersprach Peter. »Es ist ein richtiges Auge. Ein gemaltes Bild mit einem richtigen Auge!«
»Ich fürchte, du irrst dich«, sagte Justus. »Es ist einwandfrei ein gemaltes Auge. Aber gehen wir hin und sehen wir es uns an.«
Er ging auf das Bild zu, und Peter folgte nach kurzem Zögern. Jetzt hatten sie beide das Licht ihrer Taschenlampen auf das Bild gerichtet, und Peter konnte sehen, dass Justus recht hatte – das Auge war gemalt. Es sah sehr echt aus, aber es hatte nicht den Glanz eines menschlichen Auges.
»Ich habe mich wohl doch getäuscht«, gab Peter zu. »Aber ich glaubte bestimmt, ich hätte es blinzeln sehen … He!« Er rang nach Atem. »Spürst du auch was?«
»Mir ist kalt«, sagte der Freund verwirrt. »Wir befinden uns in einer Kältezone. Kalte Stellen findet man sehr oft in Spukhäusern.«
»Dann ist das hier bestimmt eins«, sagte Peter Shaw zähneklappernd. »Ich spüre einen eisigen Luftzug – als ob eine ganze Armee Gespenster vorüberziehe. Ich kriege eine Gänsehaut. Ich habe Angst! Ganz einfach Angst!«
Er stand noch einen Augenblick still und versuchte, sein zitterndes Kinn ruhig zu halten. Eiskalt wehte es aus dem Nichts über ihn hin. Dann sah er, wie sich in der Luft undeutliche, schleierartige Nebelschwaden bildeten, als wolle ein ungeheurer Geist sich materialisieren. Da schlug sein Unbehagen, das zur unerträglichen Beklemmung geworden war, in panische Angst um.
Er machte kehrt. Es geschah ohne sein Zutun – seine Füße besorgten es für ihn. Sie trugen ihn stracks aus dem Portal hinaus und die Zufahrt hinunter. Er rannte wie ein Wiesel.
Neben ihm lief Justus Jonas. Nie zuvor hatte Peter seinen Freund so schnell vor etwas davonrennen sehen.
Justus Jonas auf dem Rückzug – ich kann mich eines Anflugs von Schadenfreude nur mit Mühe erwehren. Doch so
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