Die drei ??? und der Ameisenmensch
Eukalyptusbäumen hindurch und versuchte sich dabei vorzustellen, er sei die Vogelscheuche. Wohin würde dieser nächtliche Spuk sich wenden, wenn jemand ihn erschreckt hatte – wenn er ganz schnell ein Versteck brauchte?
Justus lauschte. Außer dem Zirpen der Zikaden war kein Laut zu hören. Er war nun am Rand des Wäldchens, und er konnte das große Haus am Berg sehen. Die Fenster zur Terrasse waren heitere, helle Rechtecke. Die Menschen dahinter waren mit ganz normalen Dingen beschäftigt. Sie machten ein Brettspiel und sortierten Fotografien. Aber irgendwo am Hang lag im Finstern die Vogelscheuche auf der Lauer. Irgendwo hielt sich die rätselhafte, maskierte Gestalt versteckt.
Das Maisfeld lag hinter Justus, doch er schloß es von seinen Überlegungen aus. Dorthin hatte sich die Vogelscheuche nicht gewandt. Sie war auf das freie Gelände hinter dem Haus zugelaufen. Justus ging hin und hielt nach rechts und nachlinks Ausschau. Auf dem Rasen hinter dem Haus rührte sich nichts. Er umrundete die Eichengruppe unterhalb der Villa, und dahinter sah er ein kleines Holzhaus. Es hockte in einer flachen Mulde und war leicht zu übersehen. Justus erkannte, daß dies das Gästehaus sein mußte, wo Woolley wohnte.
Justus stand still und überlegte. Würde die Vogelscheuche es wagen, in Woolleys Wohnhaus zu gehen? Lag sie nun dort auf der Lauer und wartete, bis Justus sich rührte oder vorbeikam?
Wenn Justus an dem kleinen Haus vorbeiging – was würde das Ding tun? Ihn angreifen? Oder zum Rock Rim Drive bergab flüchten? Oder hatte es schon einen anderen Unterschlupf am gestrüppbedeckten Hang gefunden?
Langsam ging Justus auf das kleine Haus zu. Er betrat vorsichtig die Veranda, dann beschloß er, daß Anschleichen gar keinen Sinn hatte. Wenn die Vogelscheuche im Haus war, dann hatte sie Justus schon beim Herankommen gesehen.
Justus klopfte an die Tür, als wolle er Woolley besuchen kommen. »Dr. Woolley?« rief er. »Ich bin es, Justus Jonas!«
Er klopfte noch einmal. Dann griff er nach dem Türknauf.
Sein Herz tat einen schnellen Schlag. Die Tür war nicht einmal abgeschlossen. Der Knauf ließ sich ohne weiteres drehen. Er drückte, und die Tür schwang weit in ihren Angeln auf.
Justus wartete. Als sich in dem kleinen Haus nichts rührte, sprach er laut vor sich hin: »Ich hinterlasse ihm einen Zettel.«
Er tastete sich an der Wand neben der Tür entlang, bis er den Lichtschalter fand. Er knipste, und mehrere Lampen gingen gleichzeitig an.
Justus stand auf der Schwelle zu einem behaglichen, kleinen Wohnraum. Es gab ländliche Möbel und einen gemauerten Kamin. Rechts davon lag die Küche, eine kleine Nische mit einem Tresen davor.
Hier konnte Justus kein Versteck finden, also ging er weiter zu einer Tür am anderen Ende des Raums. Er fand eine enge Diele, ein Badezimmer und ein Schlafzimmer mit einem Doppelbett. In der abgeteilten Duschecke im Bad war niemand, und auch nicht unter den Betten oder im Einbauschrank oder hinter der Tür. Das Haus war leer. Befriedigt machte Justus kehrt, um zum Wohnraum zurückzugehen. Aber dann blieb er in der Diele stehen und erstarrte. Charles Woolleys Erzählung von den räuberischen Wanderameisen ging ihm durch den Kopf.
»Könnt ihr euch einen Ameisenstrom vorstellen, einen Meter breit?« hatte Woolley gefragt. »Macht euch ein Bild davon, wie sie über den Boden wuseln und alles verschlingen – wie sie sogar in Häuser eindringen!«
Justus mußte sich das gar nicht mehr vorstellen. Er sah es mit eigenen Augen. Ein lebendiges Rinnsal aus Insekten rieselte über die Türschwelle. Tausende und Abertausende von ihnen marschierten in beklemmender, geordneter Formation über den Fußboden und krochen über die Möbelstücke. Ein Stuhl war schon mit einem wogenden, wallenden Ameisenteppich bedeckt.
Wieder dachte Justus an Woolleys Schilderung der Ameisen.
»Sie fressen alles Lebendige auf«, hatte Woolley gesagt.
»Das ist doch irrsinnig!« erklärte Justus. Er hatte laut gesprochen. »Das hier sind doch keine hochgefährlichen afrikanischen Killerameisen.«
Aber dann fiel Justus ein, daß die Ameisen hier am Berg eine neue Art waren, vielleicht eine Mutation. Auch Woolley wußte vorläufig nur wenig über diese Insekten. Justus hatte eine plötzliche Vision, wie Ameisen über seinen Körper krabbelten und ihm stückchenweise das Fleisch herausrissen.
Sie fraßen ihn bei lebendigem Leib auf!
Justus drehte sich um und flüchtete ins Schlafzimmer. Er stürzte zum Fenster
Weitere Kostenlose Bücher