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Die dreißig tolldreisten Geschichten - 1 (German Edition)

Die dreißig tolldreisten Geschichten - 1 (German Edition)

Titel: Die dreißig tolldreisten Geschichten - 1 (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Honoré de Balzac
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vorausgesetzt, daß Ihr den Schnabel halten könnt, solang Ihr bei ihr seid. Sie selber pflegt bei solchen Gelegenheiten mehr zu kreischen als zu reden und alle Fragen mit ihrem Körper, der von großer Eloquenz ist, zu beantworten. Denn sie ist sehr schamhaft und haßt unsaubere Reden, die sonst bei den Damen vom Hof so beliebt sind ...«
    »Brav«, sagte der Advokat; »nimm diese zwölftausend Dukaten, und ich verspreche dir noch einmal doppelt soviel, wenn ich wie ein Dieb in der Nacht mir nehmen kann, was mir gehört vor Gott und den Menschen.«
    Sie besprachen dann miteinander genau die Stunde, die Gelegenheit des Ortes, was sie ihm für ein Zeichen geben wolle und alles; dann machte sich die Zofe auf den Weg, begleitet von den lustigen goldenen Groschen, die, einer nach dem andern, den Witwen, Waisen und auch andern Leuten mit den bekannten Advokatenkniffen aus der Tasche gelockt waren und die nun alle in die besagte alchimistische Retorte wanderten, in der alles, selbst euer Leben, schmilzt und sich verzehrt, wie es auch davon hergekommen ist.
    Der Anwalt aber beginnt unverweilt seine Vorbereitungen, schabt sich den Bart, parfümiert und frisiert sich, zieht feine Wäsche an, enthält sich des Knoblauchs, um seinen Atem nicht zu verstänkern, stellt sich siebenundzwanzigmal vor den Spiegel und zupft an der Halskrause, kurz, tut alles, was so ein oberhofgerichtlicher Aktenmensch und Staubfresser nur tun kann, um sich das Äußere eines feinen Hofmanns zu geben. Er sucht die Allüren eines jungen Lebemannes nachzumachen, studiert einen leichten, tänzelnden Gang und sucht seinem scheußlichen Gesicht eine liebenswürdige Miene abzugewinnen. Aber es war vergebliche Liebesmüh, er war und blieb der Mann der schmutzigen Prozesse. Er war nicht so gewitzigt wie die schöne Wäscherin von Portillon, die eines Sonntags, als sie sich für ihren Geliebten schön machen wollte, ihr Geheimfach einer sorgfältigen Waschung unterzog und dann mit dem Finger ein wenig hineintunkend und daran riechend sagte: »Oho, Kleine, du unterstehst dich, noch immer zu stinken! Gib acht, ich werde dir mit Lauge zu Leibe rücken.« Und erfüllte ohne Umstände ihre Drohung.
    Unser Aktenritter hielt sich aber für den schönsten Knaben der Welt, obgleich er selber schlimmer stank als seine schlimmsten Salbereien; mit einem Wort, er zog sich an wie der Frühling, obgleich es draußen Stein und Bein zusammenfror, und machte sich auf den Weg nach der genannten Gasse zu den Schwalbennestern.
    Man ließ ihn eine hübsche Zeit warten; doch als er schon dachte, daß er auf den Leim gegangen wäre wie ein rechter Gimpel – es war unterdessen vollends Nacht geworden –, kam die Zofe und öffnete endlich dem beglückten Ehemann das Haus des Königs. Oben angelangt, schob sie ihn hinter eine Tapetentür nahe bei dem Bett seiner Frau, die bald darauf erschien, vor dem Feuer des Herdes den ganzen Schmuck des Tages ablegte und sich mit einem Nachtgewand bekleidete, das mehr sehen ließ, als es verhüllte. Ein klaffender Spalt in seiner Tapetentür machte den Ehemann zum Zuschauer bei dieser geheimen weiblichen Operation. Die Dame aber, die sich mit ihrer Zofe allein glaubte, hatte tausend übermütige kleine Reden, wie sie bei solcher Gelegenheit den Damen über die Lippen kommen.
    »Bin ich heut nicht zwanzigtausend Dukaten wert, ist das nicht gerade gut genug bezahlt für Schloß Brie?«
    Sie wies bei diesen Worten auf ihre Vorwerke, die wie zwei Bastionen starrten und noch manchen Sturm aushalten konnten, wie sie schon tausendmal furchtbar angegriffen worden waren, ohne etwas von ihrer stolzen Aufrechtheit zu verlieren.
    »Meine Schultern allein sind ein Königreich wert«, sagte sie.
    »Ich zweifle, ob der König ein paar so machen könnte. Aber, bei Gott, mein Handwerk fängt an, mir langweilig zu werden. Was zuviel ist, ist kein Vergnügen mehr.«
    Das Zöfchen lächelte. »Beim König«, sagte die Dame, »ich wollte, du wärst an meiner Stelle!«
    Da lachte die Zofe laut heraus.
    »Sprecht nicht so laut, er ist da.«
    »Wer er?«
    »Euer Gemahl.«
    »Welcher?«
    »Euer Ehegemahl.«

     
    Und das Kammerkätzchen, das gern die zwölftausend Dukaten gewann, aber auch die Gunst ihrer Herrin nicht verlieren wollte, erzählte ihr kichernd das ganze Abenteuer ins Ohr.
    »Nun denn«, antwortete leise die Frau Advokatin, »er soll was haben für sein Geld. Mag er festgefrieren hinter seiner Tapete. Wenn er mich aber nur mit dem kleinen Finger anrühren

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