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Die dreißig tolldreisten Geschichten - 1 (German Edition)

Die dreißig tolldreisten Geschichten - 1 (German Edition)

Titel: Die dreißig tolldreisten Geschichten - 1 (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Honoré de Balzac
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und Pantöffelchen, Spezereien und güldne Haften und andere Liebesmunition einzukaufen, sah sie in ihrer Schönheit und ihrem Schmuck so verführerisch aus, daß jedermann, insbesondere die Kleriker, bei ihrem Anblick nichts anderes meinten, als den Himmel offen zu sehen, da muß ihr zufällig und nach langer Zeit am Kreuz von Trahoir – was meint ihr, wer, begegnen?
    Ihr armer Ehemann. Sie fuhr bei diesem Anblick zurück, wie wenn sie eine Viper gestochen hätte. Und seht, das heiße ich mir eine gute Ehefrau; eine andere hätte wahrlich den Kopf erst recht hoch getragen und weit hervorgestreckt, um Seiner Majestät von Ehemann ihre ganze Verachtung an den Tag zu legen.
    »Was ist Euch, schöne Frau?« fragte der Graf von Lannoy, der sie aus Verehrung begleitete.
    »Nichts Wichtiges«, antwortete sie leise; »aber da ist just mein Mann vorübergegangen, der Arme hat sich sehr verändert. Ehemals sah er aufs Haar einem Affen ähnlich, heute, scheint mir, gleicht er dem Bild des Hiob in seinem tiefsten Jammer.«
    Der beklagenswerte Makler in dem Handelsgeschäft um Recht und Gerechtigkeit stand da wie versteinert; seine Frau hatte verführerisch ihren kleinen Fuß ein wenig aus der Sänfte hervorlugen lassen, und sein Herz war erbebt bei diesem Anblick. Er liebte seine Frau heftiger als je.
    »Der Umstand, daß er Euer Ehemann ist«, sagte der Graf von Lannoy als echter Höfling, »nimmt ihm ja nicht das Recht, Euch auf der Straße zu begegnen.«
    Da mußte sie laut herauslachen. Ihr Mann aber, statt ihr einen Dolch in den Hals zu stoßen, brach bei diesem Lachen in bittre Tränen aus, und so schwer wurde ihm das Herz und so sehr verlor er alle Besinnung, daß er fast einen armen Teufel über den Haufen gerannt hätte, der sich von der vorübergetragenen königlichen Schönheit kitzeln ließ wie von den wärmenden Strahlen der Frühlingssonne.
    Der Anblick dieser wunderbaren Blume, die man ihm ehemals als Knospe unter die Nase gehalten und die nun aufgeblüht war zu berauschendem Duft und Glanz gleich einer Märchenfee, machte den armen reichen Advokaten krank vor Schmerz und verliebter, als es menschliche Worte aussprechen können. Man muß einmal von einer Geliebten bis zur Tollheit berauscht gewesen sein, ohne sie zu besitzen, um zu begreifen, was in der Seele dieses Mannes vor sich ging; doch wird eine so heiße Leidenschaft wie die seinige zu aller Zeit eine seltene Sache sein.
    Er tat also bei sich einen heiligen Schwur, daß er Leben und Reichtum und Ehre darangeben wolle, um wenigstens einmal in den unverkürzten Besitz seines rechtmäßigen Eheweibs zu gelangen, und gründlich wolle er sie dann besitzen und ganz aus dem Effeff und wenn ihm darüber der Atem ausgehen sollte für immer.

     
    Die ganze Nacht tat er kein Auge zu, und tausendmal sagte er sich's vor: »Ja, ich werde sie haben, ich bin ihr Ehemann! Bei allen Teufeln! Bei allen Engeln Gottes!« Und er schlug sich vor die Stirn und wälzte sich auf seinem Lager.
    Es gibt aber in dieser Welt Zufälle, die von kleinen Geistern nicht geglaubt werden, weil sie fast wunderbar scheinen; indes die starken Köpfe keineswegs daran zweifeln, weil sie wissen, daß man dergleichen nicht erfinden könnte. Einen solchen wunderbaren Zufall erlebte unser Advokat just am andern Morgen nach der eben besprochenen Nacht und seinem einsamen Liebesjammer. Da trat in seine Schreibstube einer seiner Klienten, der ein vornehmer und mächtiger Mann bei Hofe war und Zutritt zum König hatte, sooft er wollte; dieser erklärte dem Advokaten, daß er ohne Aufschub zwölftausend Dukaten brauche, worauf der Mann im Pelzbarett zur Antwort gab, daß man zwölftausend Dukaten nicht eben auf der Straße auflesen könne, daß es nötig wäre, außer Bürgschaft und Sicherheit für die Interessen einen Mann zu finden, bei dem die genannten zwölftausend Dukaten mit gekreuzten Armen gerade müßig säßen, daß einem ein solcher Mann nicht an jeder Straßenecke begegne und was sonst die Herren Geldverleiher bei derartigen Gelegenheiten für ein Geschmus zu machen pflegen.
    »Ihr habt also wohl, gnädiger Herr«, forschte der Advokat, »einen unbequemen Gläubiger, der Euch in die Enge treibt?«
    »Gewiß, gewiß«, antwortete der andere. »Und es ist niemand anders – aber daß Ihr mir kein Wort darüber verliert – als die Geliebte des Königs; für nur zwölftausend Dukaten und mein Gut in Brie will ich ihr heute abend Maß nehmen.«
    Bei diesen Worten erbleichte der Anwalt. In dem

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