Die dreißig tolldreisten Geschichten - 1 (German Edition)
darf, will ich meine ganze Schönheit verlieren und häßlich werden wie ein Nußknacker. Du mußt dich an meiner Stelle in mein Bett legen, und es mag deine Sache sein, wie du die zwölftausend Dukaten verdienen willst. Sage ihm aber, daß er sich morgen früh beizeiten aus dem Staube mache, damit ich deinen Betrug nicht merke. Um ihn in seiner Täuschung zu erhalten, werde ich kurz vor Tagesanbruch den Platz mit dir tauschen.«
Der arme Ehemann fror, daß ihm die Zähne klapperten. Unter dem Vorwand, ein Stück Wäsche zu suchen, machte sich die Zofe in seinem Verschlag zu schaffen.
»Ihr müßt Euch schon ein wenig an Euren Aussichten erwärmen«, sagte sie. »Die Gnädige legt sich für heute abend in Gala, Ihr sollt Euer Geld nicht zum Fenster hinausgeschmissen haben. Aber beißt die Zähne aufeinander und muckst mir nicht! Ich wäre verloren.«
Endlich, als der Mann glücklich steifgefroren war, wurden die Lichter ausgelöscht, dann in wenigen Minuten erschien von neuem die Zofe, um der königlichen Geliebten zu melden, daß der Edelmann warte. Dann hüpfte sie in das königliche Bett, die Dame aber, wie wenn es die Zofe wäre, entfernte sich aus dem Gemach.
Nun zögerte der Anwalt nicht, aus seinem kalten Loch hervorzutreten und unverweilt unter die Bettücher zu kriechen, wo er sich in allen Himmeln fühlte. Die Kammerfrau knickerte nicht für die zwölftausend Dukaten, und der gute Advokat war ganz erstaunt über den Überfluß in einem königlichen Hause zum Unterschied der kleinen und ängstlichen Ausgaben einer Bürgersfrau. Sie spielte ihre Rolle gut, die verschmitzte Zofe, sie regalierte den Federfuchser mit kleinen unterdrückten Schreien, die echt klangen, wenn sie's auch nicht waren, wand und bäumte sich wie ein Karpfen auf dem Stroh und machte von Zeit zu Zeit ihr ›ah, ah‹, was sie jeder andern Rede überhob. Sie gab ihrem Advokaten so viele Fragen auf, und er blieb auf keine einzige die Antwort schuldig, also daß er bald einschlief und dalag wie ein Sack. Er hatte übrigens vorher, um ein Andenken an diese Liebesnacht mit sich zu nehmen, seiner Frau, wie er meinte, in der Hitze des Geraufs und sonstiger Katzbalgerei ein Büschelchen Haare geraubt, ich weiß nicht von welchem Ort, da ich nicht dabei war, und dieses kostbare Pfand kammerzöfischer Tugend hielt er krampfhaft zwischen den Fingern.
Am andern Morgen beim ersten Hahnenschrei vertauschte die Frau mit der Kammerfrau den Platz und stellte sich wie im tiefsten Schlaf, die Zofe aber gab dem Advokaten einen gelinden Nasenstüber:
»Es ist Zeit«, tuschelte sie ihm ins Ohr, »nehmt Eure Siebensachen zusammen, schon blickt der Tag zum Fenster herein.«
Mit schmerzlichem Bedauern hörte der Advokat diese Aufforderung. Ehe er sich endgültig zurückzog, wollte er wenigstens das Feld seiner Kämpfe und Siege noch inspizieren. Er staunte.
»Seht doch«, sprach er, indem er seine Beute von der verflossenen Nacht hochhielt, »wie kann Blondes von Schwarzem kommen?«
»Bösewicht!« entgegnete die Zofe, »die Gnädige wird darüber sehr ungnädig auf Euch sein.«
»Aber, seht doch nur ...«
»Was ist da zu verwundern!« antwortete das Mädchen; »Ihr seid so gescheit und wißt alles, und nun wißt Ihr nicht einmal, daß ausgerissene Pflanzen welken und sich entfärben.«
Mit diesen Worten schob sie ihn zur Tür hinaus, und im Konzert mit ihrer Herrin lachte sie hinter ihm drein wie eine Tolle.
Die ganze Geschichte blieb nicht lange geheim, und der arme Advokat, Féron hieß er mit Namen, starb aus Kummer darüber, daß seine Frau, die so vielen gehörte, ihm allein unerreichbar war; sie aber, die man nur die schöne Féronnière nannte, verließ nicht lange danach den König und heiratete den obbemeldeten jungen Edelmann, einen Grafen von Buzançois. In ihren alten Tagen erzählte sie oft den Streich, den sie dem Advokaten gespielt hat, aus keinem andern Grund, wie sie lachend sagte, weil sie ihn nun eben einmal nicht riechen konnte.
Daraus können wir lernen, uns nicht an die Röcke einer Frau zu hängen, die nichts von uns wissen will.
Der Erbe des Teufels
Zu Paris an der Notre-Dame gab es einmal einen alten Chorherrn, der bei Saint-Pierre am Ochsenmarkt ein eignes schönes Haus bewohnte. Dieser Chorherr war als einfacher Priester nach Paris gekommen, hungrig wie eine Kirchenmaus, nackt wie ein Degen, wenn er aus der Scheide gezogen. Aber er war ein schöner Mann und als solcher so üppig begabt und ausgerüstet, daß
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