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Die dreißig tolldreisten Geschichten - 1 (German Edition)

Die dreißig tolldreisten Geschichten - 1 (German Edition)

Titel: Die dreißig tolldreisten Geschichten - 1 (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Honoré de Balzac
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verliebt sein, was meint ihr? Oder sollte es euch etwa einfallen, darüber die Nase zu rümpfen?
    Der arme Mann dachte an nichts anderes als an sie. Er vergaß darüber seine Prozesse, seine Klienten, seinen Geldwucher, kurz, alles. Er ging nach dem Gericht wie ein Geiziger, der einen verlorenen Groschen sucht, wie ein Nachtwandler und Somnambulerich, und einmal passierte es ihm, daß er den Talar eines Amtsgenossen anpißte, weil er ihn für die schwarze Mauer hielt, wo sich die Advokaten gewöhnlich hinzustellen pflegten.
    Das schöne Goldschmiedstöchterlein aber war in all dieser Zeit vom König geliebt bei Tag und bei Nacht. Er bekam sie nie satt; denn sie war eine echte Meisterin in ihrem Handwerk, kannte das Trick und Track der Liebe aus dem Effeff und wußte das Feuer ebensogut anzuzünden wie auszulöschen. Sie schmollte heut mit dem König und überhäufte ihn morgen mit Zärtlichkeiten; nie aber mit denselben, denn ihre Phantasie war voller Erfindungen. Und war bei alldem ein gutes Ding, immer heiterer Laune und wohlaufgelegt, aufgelegt, sooft er es nur haben wollte, ganz erfüllt von närrischen Einfällen, stets bereit zu Tollheiten und lustigen Streichen.
    Ein Herr von Bridoré tötete sich ihretwegen, weil sie ihn verschmähte, obwohl er ihr seine Herrschaft in der Touraine zu Füßen gelegt hatte. Aber so gute alte Tourainer, die für ein lustiges Lanzenstechen Landgüter darangeben, findet man heute nicht mehr.

     
    Dieser Tod ging aber dem guten Weibchen zu Herzen, und da auch ihr Beichtiger ihr deshalb ernstlichen Vorhalt machte, beschloß sie bei sich, in Zukunft, und wenn sie nun auch zehnmal Königsliebchen war, angebotene Schlösser und Rittergüter nicht mehr so leichter Hand abzuweisen, zum Schaden ihrer Seele und zum Nachteil ihres Vergnügens.

     
    Wirklich legte sie von da an den Grund zu dem großen Reichtum, dessentwegen sie später in der Stadt eine so hohe Achtung genoß. Sie verhinderte eine ganze Menge Edelleute, sich in den Tod zu stürzen, und befolgte übrigens dabei mit so viel Meisterschaft die Gesetze der hohen Politik, daß sie in Beglückung der Untertanen dem König eine nicht unerhebliche Konkurrenz machte, ohne daß diesem auch nur eine Ahnung dämmerte. Er war übrigens so närrisch in sie verliebt, er würde ihr geglaubt haben, wenn sie ihm den Fußboden für die Decke und die Zimmerdecke für den Boden ausgegeben hätte, um so mehr, als der gute König, solang er sich überhaupt in dem mehrfach genannten Schwalbennest aufhielt, fast ausschließlich in der horizontalen Lage verharrte, wobei dann die besagte Verwechslung nicht allzu schwerfiel, und in welcher interessanten und echt königlichen Haltung er nichts andres tat, als immer und immer wieder zu probieren, ob der zarte Stoff unter ihm sich auch wirklich nicht abnütze; aber der gute Mann nützte nur sich selber ab, starb schließlich an den Folgen der Liebe.
    Obgleich die Schöne darauf dachte, ihre Gunst nur ganz Vornehmen zu schenken, deren Gewicht bei Hof etwas galt, und ihre Gunstbezeigungen sich wie Wunder so rar machten, gab es doch Neidhammel und abgewiesene Rivalen, die die Behauptung ausstreuten, daß für zehntausend Taler ein simpler Edelmann das Beste haben könne, was nur der König selber habe. Das war aber so falsch und unwahr, als etwas falsch und unwahr sein kann, denn in ihrem Zank mit dem obengenannten Tourainer, der ihr eben dieses Gerede vorhielt, hatte sie mit Verachtung geantwortet, daß er denen, die ihm einen solchen Bären aufgebunden, sagen könne, es seien nichts als Scheißkerle, sie habe es gesagt, und sie habe nie jemand bei sich empfangen, der nicht vorher dreißigtausend hinterlegt hatte.
    Der König selber war über das Gerede nicht wenig ärgerlich; aber über diese Verteidigung mußte er doch lächeln und behielt die allzu Billige und Willige noch eine kurze Zeit, um den giftigen Sticheleien die Spitze abzubrechen.
    Aber das Fräulein von Pisseleu ruhte nicht, bis sie ihre Rivalin gestürzt sah.
    Viele wären übrigens mit diesem Sturz sehr zufrieden gewesen. Sie wurde an einen jungen Edelmann verheiratet, den sie sehr glücklich machte; denn also unerschöpflich loderte das Feuer ihrer Liebe, daß sie mancher kalten noch genug davon hätte abgeben können.

     
    Doch damit habe ich dem Gang der Erzählung vorgegriffen. Als sie aber noch das Königsliebchen war und sich eines Tages in ihrer Sänfte durch die Straßen der Stadt tragen ließ, um Bänder und Schnüre, Halskrausen

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