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Die dreißig tolldreisten Geschichten - 1 (German Edition)

Die dreißig tolldreisten Geschichten - 1 (German Edition)

Titel: Die dreißig tolldreisten Geschichten - 1 (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Honoré de Balzac
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wichtige und eilige Botschaft auszurichten habe, wurde ihm aufgetan. Er winkte den lustigen Goldschmied von den Freuden der Tafel hinweg in eine Ecke des Saals.
    »Guter Freund«, sagte er zu ihm, »wenn Ihr wüßtet, daß ein lieber Nachbar Euch die bekannten Zinken auf die Stirn pflanzte – Ihr werdet wohl wissen, daß ich nicht von den Zacken einer Königskrone rede! –, und wenn man Euch den übereifrigen Freund gefesselt überlieferte, Ihr würdet Euch gewiß nicht besinnen, ihn in den Fluß zu werfen.«
    »Ganz richtig«, antwortete der Goldschmied; »aber wenn Ihr etwa Schindluder mit mir treiben wollt, so kann es Euch teuer zu stehen kommen.«
    »Ich meine es gut mit Euch«, erwiderte der Stoffel, »und Ihr dürft mir's glauben: ebensooft als Ihr mit der Gevatterin hier hat drüben der Advokat Sauluder mit Eurer Ehefrau seinen Zeitvertreib. Kommt mit hinüber in Euer Haus, und wenn Ihr den Sauluder nicht bei Eurer Frau findet, so könnt Ihr daraufrechnen, daß in der Kammer, in dem großen Schrank, wo Ihr die alten Kleider aufzuhängen pflegt, derjenige steckt, der Euch, indes Ihr bei andern kehrt, Euer eigenes Stüblein wischt und scheuert. Wenn Ihr mir den Schrank verkaufen wollt, so will ich mich mit einem Karren bei der Brücke halten und Eurer Befehle gewärtig sein.«

     
    Der Meister Goldschmied nahm Mantel und Barett, schied und lief nach seinem Haus wie eine vergiftete Ratte nach ihrem Loch. Er kommt an, er klopft; man öffnet, er tritt ein, er rast die Stiege hinauf, er findet zwei Gedecke auf dem Eßtisch, er hört im Nebenzimmer den Schrank verschließen, und er sieht seine Frau ihm entgegenkommen mit einem Gesicht, wie wenn sie kein Wässerlein trüben könnte.
    »Lieber Schatz«, sagte er, »da sind zwei Gedecke!«
    »Natürlich«, antwortete sie unschuldig, »sind wir nicht zwei?«
    »Nein, wir sind drei«, antwortete er.
    »So kommt der Herr Gevatter zum Nachtessen?« versetzte sie lächelnd und mit einer Miene der vollkommensten Unschuld.
    »Nein«, erwiderte er, »ich meine den Gevatter da drin im Schrank.«
    »In was für einem Schrank«, fragte sie, »Ihr seid wohl nicht recht bei Trost? Wo ist denn ein Schrank? Seit wann packt man denn seine Gevattersleute in Schränke? Bin ich etwa die Frau danach, die die Gevattersleute schränkevoll im Haus hat? Ihr müßt verrückt geworden sein, daß Ihr einen Schrank für einen Gevattersmann haltet. Ich kenne keinen andern Gevatter als den Meister Cornelius, den Tuchmacher, und keinen andern Schrank als den in unsrer Schlafstube, wo wir unsre Kleider aufbewahren.«
    »Liebe Frau«, erwiderte darauf der Goldschmied, »es gibt gar böse Leute in dieser Welt, und denke dir, da ist mir vorhin ein Kerl in den Weg gelaufen und hat mir gesagt, ich solle doch einmal in dem Schrank draußen im Verschlag nachsehen, ich werde da unsern Freund, den Advokaten, darin finden.«
    »So ein Lump!« rief die Frau; »sollte man meinen, daß es Menschen gibt, die eine Freude dran haben, andrer Leute Häuslichkeit in Wirrwarr zu bringen.«
    »Zum Glück kenne ich dich, mein Liebchen«, entgegnete der Meister, »und du bist mir lieber als zehn alte Schränke. Da soll kein Hader zwischen uns kommen; der Mann, der mich aufgehetzt hat, ist ein Milchhändler; ich will ihm den Schrank verkaufen, daß er mir aus den Augen kommt, das dumme Möbel könnte mir gelegentlich böse Gedanken machen. Ich würde immer versucht sein, nachzusehen, ob kein Gevatter darin steckt. Da will ich mir lieber zwei kleinere dafür kaufen, worin man allerhöchstens ein siebenjähriges Kind unterbringen kann. Auf diese Weise werden wir am besten die bösen Mäuler stopfen, die deine Tugend verleumden möchten.«
    »Tut, wie Ihr sagt«, antwortete die Frau, »mir liegt gar nichts an dem alten Schrank, er ist auch zufällig ganz leer. Unsre Sachen sind beim Schneider zum Ausbessern, Ihr könnt ihn morgen in aller Frühe wegschaffen lassen. Und jetzt, denke ich, wollen wir zu Abend essen.«
    »Nicht so schnell«, war seine Antwort; »es wird mir besser schmecken, wenn der verfluchte Schrank erst aus dem Hause ist.«
    Die Frau lachte:
    »Es scheint allerdings, daß das verdammte Möbel leichter aus dem Haus als aus Eurem Kopf herauszubringen ist.«
    Der Meister rief laut auf den Boden hinauf: »Holla, Gesellen, Lehrbuben!«
    In weniger als einem Augenblick waren seine Leute auf den Beinen. Sofort wurde der Schrank gepackt und nach der Stiege getragen. Dabei kam der unglückliche Rechtsverdreher

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