Die Drenai-Saga 2 - Der Schattenprinz
auf den Bogen. Er schluckte hart und wischte sich mit Ärmel über die Stirn. Er schwitzte heftig – seltsam, wieviel Flüssigkeit sich auf seinem Gesicht bilden konnte, wo sein Mund doch so trocken war. Er warf einen Blick auf den Nadirgeneral und sah, daß er ruhig mit dem Schwert in der Hand dastand, die violetten Augen auf die herannahenden Reiter gerichtet. Auf seiner Stirn stand nicht ein Schweißtropfen.
Hundesohn, dachte Lucas. Unmenschlicher Hundesohn!
Die Reiter hatten den Hang vor dem Teufelsgrinsen erreicht, so daß die Attacke sich etwas verlangsamte.
Ein einzelner Pfeil flog ihnen entgegen und fiel knapp dreißig Schritt vor den Reitern zu Boden.
»Wartet, bis der Befehl kommt!« brüllte Galand und warf einen Blick auf den reglos dastehenden Tenaka.
Die Reiter jagten weiter, mit angelegten Lanzen.
»Jetzt?« fragte Galand, als der erste Reiter die Stelle passierte, an der der Pfeil gelandet war. Tenaka schüttelte den Kopf.
»Augen geradeaus!« rief Galand, als nervöse Bogenschützen die Hälse reckten, um das Kommando zu sehen.
Die Legionäre ritten zu fünfzig Mann nebeneinander in fünfundzwanzig Reihen. Tenaka schützte den Abstand zwischen den Reihen auf etwa sechs Längen. Es war ein wohlgeordneter Angriff.
»Jetzt!« sagte er.
»Schickt sie zur Hölle!« rief Galand, und hundert Pfeile blitzten in der Sonne auf. Die vorderste Linie der Reiter verschwand, als die Pfeile ihr Ziel trafen, die Pferde. Männer wurden kopfüber auf die Felsen geschleudert, wenn ihre wiehernden Pferde stiegen und stürzten. Die zweite Angriffsreihe kam ins Stocken, doch der Abstand zwischen den Reihen genügte den Reitern, um über die Gestürzten hinwegzusetzen. Aber sie gerieten in einen zweiten Pfeilhagel, der ihre Pferde tötete oder verletzte. Als die benommenen Angreifer wieder auf die Füße kamen, brachten ihnen weitere Pfeile den Tod, drangen in entblößtes Fleisch. Trotz allem wurde der Angriff fortgesetzt, und die Reiter waren fast am Ziel.
Lucas, der noch einen Pfeil übrig hatte, erhob sich. Ein Lanzenträger brach aus seiner Reihe aus, und Lucas schoß, ohne zu zielen. Der Pfeil prallte vom Kopf des Pferdes ab; das Tier scheute vor Schmerz, doch sein Reiter klammerte sich fest. Lucas ließ seinen Bogen fallen und rannte los, zog im Laufen sein Jagdmesser. Er sprang auf den Rücken des Tieres und rammte dem Reiter das Messer in die Brust, doch der Mann warf sich zur Seite, und unter dem doppelten Gewicht brach das Pferd zusammen. Lucas landete auf dem Reiter, und der Sturz sowie sein Gesicht trieben diesem die Klinge bis zum Heft ins Fleisch. Der Mann stöhnte auf und starb. Lucas versuchte, sein Messer freizubekommen, aber es saß zu fest. Er zog sein Schwert und stürzte sich auf den nächsten Lanzenträger.
Tenaka duckte sich unter einem Hieb, sprang dann den Reiter an und zerrte ihn aus dem Sattel. Ein rückhändiger Stich in die Kehle ließ den Mann an seinem eigenen Blut ersticken.
Tenaka schwang sich in den Sattel. Die Bogenschützen hatten sich vom Paß, der ins Tal führte, zurückgezogen und spickten die Legion mit Pfeilen, während sie den Hang hinaufkam. Männer und Pferde drängten sich im Eingang zum Tal. Alles war Chaos. Hier und dort hatten sich Reiter durchgekämpft, und Skoda-Krieger, bewaffnet mit Schwertern und Äxten, hieben und hämmerten vom Boden auf sie ein.
»Galand!« rief Tenaka. Der schwarzbärtige Krieger, der an der Seite seines Bruders kämpfte, ließ von seinem Gegner ab und blickte auf. Tenaka deutete auf die Masse vor ihnen, und Galand schwenkte sein Schwert zum Zeichen, daß er verstanden hatte.
»Zu mir, Skoda!« brüllte er. »Zu mir!« Mit seinem Bruder und ungefähr zwanzig Kriegern griff er die sich zusammendrängenden Männer an. Die Reiter ließen die Lanzen fallen und griffen nach den Schwertern, als der Keiltrupp zuschlug. Tenaka riß sein Pferd herum, um an ihrer Seite zu kämpfen.
Einige blutige Minuten lang ging der Kampf weiter; dann ertönte ein Horn auf der Ebene, und die Legion machte kehrt und verließ das Schlachtfeld.
Galand, der aus einer Platzwunde am Kopf blutete, rannte zu Tenaka. »Sie werden sofort wieder angreifen«, sagte er. »Wir können sie nicht aufhalten.« Tenaka schob sein Schwert in die Scheide. Er hatte fast die Hälfte seiner Truppe verloren.
Lucas kam herbeigelaufen. »Wir müssen die Verwundeten wegbringen«, flehte er.
»Keine Zeit!« erwiderte Tenaka. »Nehmt eure Positionen ein – aber haltet euch zum
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