Die Drenai-Saga 2 - Der Schattenprinz
keine Armee auf der Welt, die gegen sie bestehen könnte. Willst du Verheerung unter diese Menschen bringen? Sieh in dein Herz!«
»Ich werde nicht mit dir streiten, Alter. Da unten warten deine Männer. Unter ihnen sind die Templer, die sich von Kinderfleisch nähren. Deine halbmenschlichen Kreaturen sammeln sich in Drenan, und täglich strömen Tausende Unschuldiger in diese kleine Bastion der Freiheit hier. Das alles straft deine Worte Lügen. Ich bin nicht einmal wütend auf dich, Breight, Überlebenskünstler! Du hast deine Seele für seidene Ruhekissen verkauft. Aber ich verstehe dich – du bist ein verängstigter alter Mann, der nie gelebt hat, weil er nie gewagt hat zu leben.
In diesen Bergen hier gibt es Leben, und die Luft schmeckt wie Wein. Du hast recht, wenn du sagst, daß wir vielleicht nicht gegen die Bastarde bestehen können. Wir wissen es, denn wir sind nicht dumm. Hier wartet kein Ruhmesglanz auf uns. Aber wir sind Männer und die Söhne von Männern, und wir beugen vor niemandem das Knie. Warum schließt du dich uns nicht an und lernst die Freuden der Freiheit kennen?«
»Freiheit? Du sitzt in einem Käfig, Ananais. Die Vagrier werden euch nicht nach Osten in ihr Land lassen, und wir warten im Westen. Du täuschst dich selbst. Was kostet dich die Freiheit? In einigen Tagen werden die Armeen des Kaisers hier aufmarschieren und die ganze Ebene füllen. Du hast Ceskas Bastarde gesehen – nun, es kommen noch mehr. Riesige Kreaturen, geschaffen aus den Affen des Ostens, aus den großen Bären des Nordens, aus den Wölfen des Südens. Sie schlagen zu wie der Blitz, und sie ernähren sich von Menschenfleisch. Eure erbärmliche Armee wird beiseitegefegt werden wie ein Staubkorn im Sturm. Dann erzähl mir etwas von Freiheit, Ananais. Ich wünsche mir nicht die Freiheit des Grabes.«
»Und doch kommt sie zu dir, Breight, mit jedem weißen Haar, mit jeder faulenden Falte. Der Tod wird zu dir kommen und seine kalte Hand auf deine Augen legen. Du kannst ihm nicht entkommen! Verschwinde, alter Mann, deine Tage sind gezählt!«
Breight blickte zu den Verteidigern empor und breitete die Arme aus.
»Laßt euch von diesem Mann nicht täuschen!« rief er. »Mein Herr, Ceska, ist ein Mann von Ehre, und er wird sein Versprechen halten.«
»Geh nach Hause und stirb!« rief Ananais, machte auf dem Absatz kehrt und ging zurück zu seinen Männern.
»Der Tod wird früher zu dir als zu mir kommen«, kreischte Breight, »und er wird schrecklich sein.« Damit riß der alte Mann sein Pferd herum und galoppierte davon.
»Ich glaube, der Krieg wird morgen beginnen«, murmelte Thorn.
Ananais nickte und winkte Decado zu sich. »Was meinst du?«
Decado zuckte die Achseln. »Wir konnten den Schutzschild nicht durchdringen, den die Templer errichtet haben.«
»Haben sie den unseren durchbrochen?«
»Nein.«
»Dann sind wir gleichauf«, sagte Ananais. »Aber sie haben versucht, uns mit Worten zu gewinnen. Ab jetzt werden es Schwerter sein, und sie werden versuchen, uns durch einen Überraschungsangriff zu demoralisieren. Die Frage ist, wo der Angriff stattfindet. Und was sollen wir dagegen unternehmen?«
»Nun«, antwortete Decado, »der große Tertullion wurde einmal gefragt, was er tun würde, wenn ihn ein Mann angriffe, der stärker, schneller und unendlich geschickter sei als er.«
»Was hat er geantwortet?«
»Er sagte, er würde ihm den dummen Schädel einschlagen, weil er ein Lügner wäre.«
»Klingt gut«, warf Thorn ein, »aber Worte sind jetzt nichts weiter als Schweinemist.«
»Da hast du recht«, sagte Ananais grinsend. »Was schlägst du also vor, Mann aus den Bergen?«
»Wir werden ihnen die dummen Schädel einschlagen!«
Die Hütte war in ein warmes rotes Glühen getaucht, denn die Scheite im Kamin waren heruntergebrannt. Ananais lag auf dem Bett, den Kopf auf die Arme gelegt. Valtaya saß neben ihm und rieb ihm Schultern und Rücken mit Öl ein, knetete die Muskeln, löste die Spannungen um seine Wirbelsäule herum. Ihre Finger waren kräftig, und die langsamen, rhythmischen Bewegungen ihrer Hände wirkten beruhigend. Ananais seufzte und fiel in einen Halbschlaf, in dem er von besseren Tagen träumte.
Als ihre Finger vor Müdigkeit zu brennen begannen, nahm sie sie von seinen breiten Schultern und übte eine Weile Druck auf ihre Handflächen aus. Sein Atem wurde tiefer. Sie deckte ihn zu und zog sich einen Stuhl heran. Dann setzte sie sich und betrachtete sein verunstaltetes Gesicht. Die
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