Die Drenai-Saga 3 - Waylander
Gesicht. »Ich werde sterben! Ich weiß es.«
»Natürlich wirst du nicht sterben«, erwiderte Danyal ungestüm. »Wir rasten nur ein Weilchen, dann ziehen wir den Pfeil heraus.«
Culas ließ den Pfeil los und hob die Hand. Sie war blutüberströmt. »Ich spüre meine Beine nicht«, klagte er. Waylander ergriff die Hand des Jungen.
»Hör mir zu, Culas. Du mußt keine Angst haben. In einer Weile wirst du einschlafen, das ist alles. Einfach nur tief schlafen … ohne Schmerzen.«
»Es tut jetzt weh«, sagte Culas. »Es brennt wie Feuer.«
Als Waylander auf das junge Gesicht hinabsah, das jetzt schmerzverzerrt war, sah er wieder seinen Sohn in den Blumen liegen.
»Schließ die Augen, Culas, und höre auf meine Stimme. Vor langer Zeit hatte ich einen Bauernhof. Einen schönen Hof, und ich hatte ein weißes Pony, das laufen konnte wie der Wind …« Während er sprach, zog Waylander sein Messer und drückte es an Culas Oberschenkel. Der Junge reagierte nicht. Waylander erzählte weiter mit sanfter, ruhiger Stimme und drückte dabei die Messerspitze in Culas’ Leiste, so daß er die Arterie am Oberschenkel ritzte. Blut spritzte aus der Wunde, und Waylanders Stimme sprach weiter, auch als Culas Gesicht blaß wurde und auf seinen Lidern ein blauer Schimmer erschien.
»Schlafe sanft«, flüsterte Waylander, und der Kopf des Jungen fiel zur Seite. Danyal blinzelte, sah hoch und erblickte das Messer in Waylanders Hand. Ihr Arm schoß vor und traf ihn seitlich am Kopf.
»Du Schwein, du widerliches Schwein! Du hast ihn getötet!«
»Ja«, sagte er. Er stand auf und berührte seine Lippe. Blut rann aus einem Riß im Mundwinkel, wo ihre Faust ihn getroffen hatte.
»Warum? Warum hast du das getan?«
»Es macht mir Spaß, kleine Jungs umzubringen«, sagte er sardonisch und ging zu seinem Pferd. Dardalion kam ihm nach; der Priester trug jetzt Balocs Langschwert.
»Was ist geschehen?« fragte er und reichte Waylander ein zweites Schwert mit Gürtel.
»Ich habe den Jungen getötet … er hätte noch tagelang Schmerzen gelitten. Bei den Göttern, Priester, ich wünschte, ich hätte dich nie getroffen! Setz die Kinder aufs Pferd und reitet nach Norden – ich werde für eine Weile kundschaften gehen.«
Er ritt eine Stunde lang, gespannt und aufmerksam, bis er zu einer flachen Senke kam. Er ritt hinein und fand einen Lagerplatz bei einem umgestürzten Baum, wo er abstieg. Nachdem er sein Pferd mit dem letzten Getreide gefüttert hatte, setzte er sich auf den Baumstumpf, wo er ohne sich zu rühren eine weitere Stunde sitzenblieb, bis das Tageslicht nachließ. Dann ging er den Hang hinauf und wartete auf Dardalion.
Die Gruppe kam, als die Sonne gerade hinter den Bergen im Westen versank. Waylander führte sie zu dem Lagerplatz und hob die Mädchen aus dem Sattel.
»Es wird ein Mann zu dir kommen, Waylander«, sagte Krylla und schlang die Arme um seinen Hals.
»Woher weißt du das?«
»Er hat es mir gesagt. Er sagte, er käme zum Abendessen zu uns.«
»Wann hast du ihn gesehen?«
»Vor kurzem. Ich war fest eingeschlafen, und Danyal hielt mich im Arm, und ich muß eingenickt sein. Der Mann sagte, er würde dich heute abend aufsuchen.«
»War es ein netter Mann?« fragte Waylander.
»Seine Augen waren wie aus Feuer«, antwortete Krylla.
Waylander entzündete ein kleines Feuer in einem Ring aus Steinen, dann ging er hinaus auf die Ebene, um festzustellen, ob man den Feuerschein sehen konnte. Er stellte zufrieden fest, daß ihr Lager gut verborgen war, und ging langsam durch das hohe Gras auf die Mulde zu.
Eine Wolke schob sich vor den Mond, so daß die Ebene in Dunkelheit getaucht war. Waylander fror. Der Hauch einer Bewegung zu seiner Rechten ließ ihn sich zu Boden werfen und sein Messer ziehen.
»Steh auf, mein Sohn«, erklang eine Stimme neben ihm.
Waylander rollte sich auf die linke Seite und erhob sich auf ein Knie. Das Messer hielt er ausgestreckt. »Du benötigst keine Waffe. Ich bin allein und sehr alt.«
Waylander schlich vorsichtig den Pfad zurück und bog nach rechts.
»Du bist sehr vorsichtig«, sagte die Stimme. »Sehr schön. Ich werde dich an eurem Feuer treffen.«
Die Wolke verzog sich, und die Ebene lag in silbernem Licht vor ihm. Waylander richtete sich auf. Er war allein. Rasch suchte er die Gegend ab. Nichts. Er kehrte zum Feuer zurück.
Dort saß ein alter Mann, der die Hände der Wärme entgegenstreckte. Krylla und Miriel saßen neben ihm, Dardalion und Danyal ihm gegenüber.
Waylander
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