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Die Drenai-Saga 3 - Waylander

Die Drenai-Saga 3 - Waylander

Titel: Die Drenai-Saga 3 - Waylander Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: David Gemmell
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»Die Drenai-Familien hier sind auf unseren Schutz angewiesen.«
    Karnak rieb sich die Augen und ließ das Schweigen wachsen. Diese Frage hatte er gefürchtet.
    »Es gibt Zeiten harter Entscheidungen, und wir leben in einer solchen. Unsere Anwesenheit gibt den Menschen vielleicht Hoffnung, aber es ist eine falsche Hoffnung. Skarta ist nicht zu verteidigen. Egel weiß es, ich weiß es – und deshalb macht er Überfälle im Westen, um die Vagrier in Bewegung zu halten, um sie zu beunruhigen und hoffentlich eine Invasion in großem Maßstab hier zu verhindern. Aber wir nageln hier Truppen fest, die anderswo verzweifelt gebraucht werden. Wir werden eine symbolische Truppe von zweihundert Mann hierlassen … aber das ist alles.«
    »Dann werden die Leute umkommen«, sagte Jonat und stand mit zornesrotem Gesicht auf.
    »Sie werden ohnehin umkommen«, erklärte Karnak, »wenn die Vagrier angreifen. Im Augenblick wartet der Feind darauf, daß Purdol fällt, und er wird es nicht riskieren, in den Wald einzudringen. Purdol zu halten ist die beste Chance für Skarta und die anderen Städte in Skultik. Egel wird knapp viertausend Mann haben, aber von den Skoda-Bergen werden mehr kommen. Wir müssen ihm Zeit verschaffen.
    Ich weiß, was ihr denkt: Das ist Wahnsinn. Da gebe ich euch recht! Aber die Vagrier haben alle Vorteile. Jeder größere Hafen ist in ihren Händen. Die lentrische Armee wird zurückgedrängt. Drenan ist gefallen, und die Straßen nach Mashrapur sind geschlossen. Purdol allein stemmt sich gegen sie. Wenn es fällt, ehe Egel ausbrechen kann, sind wir am Ende, und das Volk der Drenai wird ausgelöscht. Den vagrischen Bauern wird gutes Drenailand angeboten, die Kaufleute planen schon für den Tag, an dem unser ganzes Land Teil von Groß-Vagrien sein wird. Wir sind ein zum Untergang verdammtes Volk, wenn wir nicht unser Schicksal selbst in die Hand nehmen und alles riskieren.
    Ganz einfach gesagt, meine Freunde, wir haben keinen Raum mehr zum Manövrieren. Wir haben keine andere Wahl, als den Tiger an der Kehle zu packen und zu hoffen, daß er schwächer wird, ehe wir ermüden. Morgen reiten wir nach Purdol.«
    Tief in seinem Innern wußte Gellan, daß das Unternehmen gefährlich war. Darüber hinaus sagte ihm ein kleiner Funken Zweifel, daß Karnaks wirklicher Grund, Purdol zu Hilfe zu eilen, mehr auf persönlichem Ehrgeiz beruhte als auf strategischer Vernunft. Und trotzdem …
    War es nicht besser, einem charismatischen Führer zu den Toren der Hölle zu folgen als einem mittelmäßigen General zu einer dumpfen Niederlage?
    Die Besprechung endete bei Anbruch der Dunkelheit, und Gellan ging in sein winziges Zimmer, um seine wenigen Habseligkeiten in Tuchbeutel und die lederne Satteltasche zu packen. Es waren drei Hemden, zwei Paar wollener Beinkleider, ein arg mitgenommenes, in Leder gebundenes, handgeschriebenes Handbuch der Legion, ein juwelenbesetzter Dolch und eine ovale Holzmalerei, die eine blonde Frau und zwei kleine Kinder darstellte. Er setzte sich auf sein Bett, nahm den Helm ab und betrachtete das Bild. Als er es bekommen hatte, hatte es ihm nicht gefallen. Er hatte das Gefühl gehabt, daß es nicht das wirkliche Lächeln, die echte Lebensfreude seiner Familie zeigte. Jetzt sah er es als eine Arbeit von seltener Schöpferkraft. Sorgfältig wickelte er die Malerei in Öltuch und legte sie zwischen seinen Hemden in die Satteltasche. Er ließ den Dolch aus seiner Scheide gleiten und nahm ihn in die Hand. Er hatte ihn vor zwei Jahren überreicht bekommen, als er als erster zum sechsten Mal das Silberne Schwert gewonnen hatte.
    Seine Kinder waren bei dem Bankett so stolz auf ihn gewesen. In ihren besten Kleidern hatten sie wie kleine Erwachsene ausgesehen und ihn mit weit aufgerissenen Augen und breitem Lächeln angestarrt. Und Karys hatte nicht einen einzigen Tropfen Suppe auf ihr weißes Kleid gekleckert, was sie ihm den ganzen Abend immer wieder erzählte. Aber seine Frau, Ania, hatte nicht an dem Bankett teilgenommen. Sie hatte gesagt, von dem Lärm bekäme sie nur Kopfschmerzen.
    Jetzt waren sie tot, ihre Seelen in der Leere verloren. Es war hart gewesen, als die Kinder starben, unendlich bitter. Und Gellan hatte sich in sich selbst zurückgezogen, hatte nichts mehr gehabt, womit er Ania hätte trösten können. Allein war sie nicht damit fertiggeworden, und achtzehn Tage nach der Tragödie hatte sie sich mit einem Seidenschal erhängt … Gellan hatte sie gefunden. Die Pest hatte seine Kinder

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