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Die Drenai-Saga 3 - Waylander

Die Drenai-Saga 3 - Waylander

Titel: Die Drenai-Saga 3 - Waylander Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: David Gemmell
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sich seinen Weg zum östlichen Torturm und kletterte die Wendeltreppe hinauf. Selbst hier lagen Männer, die es vorgezogen hatten, im Trockenen zu schlafen. Er trat auf ein Bein, doch der Mann grunzte nur, ohne zu erwachen.
    Als Sarvaj auf die hohen Wehrgänge hinaustrat, sah er Gellan, der auf einem steinernen Sitz saß und über die Bucht hinausblickte. Der Regen war inzwischen zu einem feinen Nieseln geworden, als ob ein dunkler Gott gemerkt hätte, daß es nur noch eine Stunde bis Tagesanbruch war und die Vagrier gutes Wetter brauchten, um die Mauern zu erklimmen.
    »Schläfst du eigentlich nie?« fragte Sarvaj.
    Gellan lächelte. »Ich scheine das nicht zu brauchen. Ich döse hin und wieder.«
    »Karnak sagt, wir gewinnen.«
    »Schön. Dann fange ich an zu packen.«
    Sarvaj ließ sich neben ihm nieder. »Es kommt mir vor, als wären wir schon ewig hier – als ob alles, was vorher war, nur ein Traum gewesen wäre.«
    »Ich kenne das Gefühl«, sagte Gellan.
    »Gestern liefen zwei Männer auf mich zu, und ich tötete sie beide, während ich an ein Tanzfest in Drenan im letzten Jahr dachte. Es war ein seltsames Gefühl, als ob mein Körper das Kommando übernommen hätte, so daß meine Gedanken frei umherschweifen konnten.«
    »Laß sie nicht zu weit herumschweifen, mein Freund. Keiner von uns ist unverwundbar.«
    Eine Weile saßen sie schweigend, dann lehnte Gellan seinen Kopf an den Stein und döste. Schließlich sprach Sarvaj wieder.
    »Wäre es nicht schön, in Drenan aufzuwachen?«
    »Abschied von einem bösen Traum?«
    »Ja … Sidrik ist heute gestorben.«
    »Das hatte ich noch nicht gehört.«
    »Ein Pfeil durch die Kehle.«
    »Also schnell?«
    »Ja. Ich hoffe, bei mir geht es ebenso schnell.«
    »Wenn du mir stirbst, zahle ich dir keinen Sold mehr.«
    »Ich erinnere mich an Sold«, sinnierte Sarvaj. »War das nicht etwas, das wir vor langer Zeit bekamen, als die Welt noch nicht verrückt war?«
    »Denk nur, wie reich du sein wirst, wenn das alles vorbei ist.«
    »Vorbei?« murmelte Sarvaj, dessen Humor so rasch verzogen war wie das Unwetter. »Es wird nie vorbei sein. Selbst wenn wir gewinnen. Kannst du dir vorstellen, daß wir den Vagriern verzeihen? Wir werden ihr Land in ein Schlachthaus verwandeln und sehen, wie sie damit fertig werden.«
    »Ist es das, was du willst?«
    »Im Moment? Ja. Morgen … wahrscheinlich nicht. Was wäre damit erreicht? Ich frage mich, wie es Egel geht?«
    »Dardalion sagt, er steht nur einen Monat davor, einen Ausbruchsversuch zu unternehmen. Und die Lentrier haben die vagrische Armee zerschlagen und sind nach Drenai einmarschiert. Erinnerst du dich an den alten Eisenfaust?«
    »Der alte Mann beim Bankett?«
    »Ja.«
    »Der ohne Zähne, der Suppe und weiches Brot essen mußte?«
    »Genau der. Nun, jetzt führt er die lentrische Armee an.«
    »Das kann ich nicht glauben. Wir haben alle über ihn gelacht.«
    »Mag sein, aber er drängt sie zurück.«
    »Das muß sie hart treffen. Sie sind es nicht gewöhnt zu verlieren.«
    »Das ist ihre Schwäche«, sagte Gellan. »Ein Mann oder eine Armee müssen hin und wieder verlieren. Das ist wie bei Stahl, den man ins Feuer hält – wenn er nicht zerbricht, kommt er stärker wieder heraus.«
    »Karnak hat noch nie verloren.«
    »Ich weiß.«
    »Dann gilt deine Philosophie auch für ihn?«
    »Dir gelingt es immer, die schwierigen Fragen zu finden. Aber, ja, ich glaube schon. Wenn Karnak von der Unvermeidlichkeit des Sieges spricht, glaubt er selbst ehrlich daran.«
    »Und was ist mit dir?«
    »Du bist mein Freund, Sarvaj, und ich will nicht herablassend zu dir sein. Wir haben eine Chance – mehr nicht.«
    »Du sagst mir nicht mehr, als ich schon weiß. Was ich wissen will, ist: Glaubst du, daß wir gewinnen?«
    »Warum sollten meine Voraussagen zuverlässiger sein als Karnaks?«
    »Weil ich dir vertraue.«
    »Und ich schätze dein Vertrauen, aber ich kann dir nicht antworten.«
    »Ich glaube, das hast du schon.«
     
    Hoch oben in der Festung verlor Karnak allmählich die Geduld mit Evris, dem Arzt. Bemüht, nicht die Beherrschung zu verlieren, tat er die Argumente des Mannes mit einem krachenden Fausthieb auf den Tisch ab.
    »Ich dulde nicht, daß die Verwundeten in die Festung gebracht werden! Verstanden? Wie oft muß ich es dir noch sagen, Evris? Rede ich nicht deutlich genug?«
    »Oh, doch, deutlich genug, General. Ich sage dir, daß hier Männer scharenweise unnötig sterben – und dich kümmert es nicht.«
    »Mich kümmern?

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