Die Drenai-Saga 4 - Der Bronzefürst
zur Seite hat. Finn hat jeden Preis gewonnen, der es wert war, mitgenommen zu werden. Er hat sogar den Talisman des Lordregenten gegen die besten Bogenschützen aus sechs Ländern errungen: Drenai, Vagrier, Nadir, Ventrier und selbst Bogenschützen aus Mashrapur. Niemand konnte es mit Finn aufnehmen.«
»Damals nicht und heute auch nicht« murmelte Finn, doch seine Miene wurde weicher, und er lächelte. »Kümmere dich nicht um mich, Bursche«, sagte er zu Kiall. »Ich mag die Menschen nicht besonders. Aber ich wünsche dir nichts Schlechtes – und ich hoffe, daß du deine Dame findest.«
»Es tut mir leid, daß ihr nicht mit uns reisen wollt«, sagte Kiall.
»Mir nicht. Ich habe nicht das Bedürfnis, meinen Kopf eingeschrumpft auf einem Pfahl zu sehen, oder mir die Haut vor einem Nadirzelt abziehen zu lassen. Meine Kampftage sind längst vorbei. Die Suche nach einer schönen Frau und dergleichen ist etwas für junge Männer wie dich.«
»Aber Beltzer kommt auch mit«, erinnerte Kiall ihn.
Finn grunzte. »Er hat nie aufgegeben. Und er ist ein guter Mann, wenn es zu einer Prügelei kommt – alles, was recht ist.«
»Chareos auch«, sagte Maggrig leise.
»Ja«, gab Finn ihm recht. »Ein seltsamer Mann, Chareos. Aber beobachte ihn, Junge, und lerne von ihm. Männer seiner Art gibt es nicht allzu viele – wenn du verstehst, was ich meine.«
»Ich bin mir nicht sicher …«
»Er ist ein Mann mit eisernen Prinzipien. Er weiß, daß die Welt aus Grautönen besteht, aber er führt sein Leben, als wäre sie schwarz und weiß. Er hat Adel im Herzen – Edelmut, wenn du willst. Du wirst wissen, was ich meine, wenn es zum Ende kommt. Und jetzt genug geredet. Weck deine Gefährten. Wenn sie frühstücken wollen, sollen sie aufstehen. Ich warte nicht auf sie.«
Obwohl es einige Tage nicht mehr schneite, kam die Gruppe nur langsam über die Gipfel voran. Am fünften Tag kam Maggrig, der die Gruppe anführte, dem Bau einer Schneeleopardin und ihren Jungen zu nahe. Der Leopard schien förmlich aus dem Unterholz zu explodieren, fauchend und schnaubend. Maggrig wurde von den Füßen geworfen; ein gezackter Riß lief über den Ärmel einer Tunika. Beltzer und die anderen rannten herbei und brüllten, so laut sie konnten – doch das Tier duckte sich vor ihnen, die Ohren flach an den Schädel gelegt, die Fangzähne entblößt. Finn zerrte Maggrig außer Reichweite, und die Reisenden machten einen weiten Bogen um das Tier. Maggrigs Arm war aufgerissen, doch die Wunde war nicht tief, und Finn nähte und verband sie.
Am nächsten Morgen erreichten sie das Tal, in dem verborgen die Hütte der Jäger lag. Ein Schneesturm tobte, und sie kämpften sich mühsam, mit gesenkten Köpfen, zu der zugefrorenen Tür durch. Eine Schneewehe lag davor und versperrte die Tür und das Fenster daneben. Beltzer räumte den Schnee weg, indem er ihn mit seinen gewaltigen Pranken beiseite schaufelte. Drinnen war es eiskalt, doch Finn zündete ein Feuer an. Trotzdem dauerte es mehr als eine Stunde, ehe Wärme durch die Hütte strömte.
»Das war Glück«, sagte Beltzer, als er sich schließlich seine Bärenfellweste abstreifte und sich auf das Fell vor dem Feuer hockte. »Der Schneesturm hätte uns auch vor ein paar Tagen überraschen können. Dann hätten wir draußen in den Bergen wochenlang in der Falle gesessen.«
»Vielleicht war es Glück für dich, Dummkopf«, sagte Finn, »aber ich finde die Vorstellung nicht besonders reizvoll, mein Heim für endlose Tage mit verschwitzten Leibern vollzustopfen.«
Beltzer grinste den schwarzbärtigen Jäger an. »Du bist der abweisendste Mensch, der mir je begegnet ist. Wo habt ihr was zu trinken?«
»Draußen im Brunnen. Wo sonst?«
»Ich meine das Bier. Oder den Wein. Oder den Malzbrand.«
»Wir haben hier nichts.«
»Nichts?« fragte Beltzer, und seine Augen wurden groß. »Überhaupt nichts?«
»Keinen Tropfen«, antwortete Maggrig lächelnd. »Bist du immer noch der Meinung, du hättest Glück gehabt?« Sein Gesicht war weiß, und Schweiß rann ihm in die Augen. Er versuchte aufzustehen, sank jedoch im Stuhl zurück.
»Was ist los mit dir?« fragte Finn, stand auf und ging zu dem jüngeren Mann hinüber.
Maggrig zuckte die Achseln. »Ich fühle … mich … nicht …« Er kippte seitwärts vom Stuhl. Finn fing ihn auf und trug ihn zum Bett. Chareos folgte ihm.
»Er fiebert«, sagte Chareos, nachdem er seine Hand auf die Stirn des Jägers gelegt hatte. Maggrig schlug die Augen auf. »Das
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