Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Drenai-Saga 5 - Im Reich des Wolfes

Die Drenai-Saga 5 - Im Reich des Wolfes

Titel: Die Drenai-Saga 5 - Im Reich des Wolfes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: David Gemmell
Vom Netzwerk:
alt, als er sie betrachtete; das Gewicht seiner Jahre und die Enttäuschungen hingen wie Ketten aus Blei an ihm. Seine eigene Ledertunika war abgetragen und zerrissen, seine Beinkleider schmutzig, und der Schmerz in seinen Wunden war kaum geringer als der in seinem Herzen.
    Er entfernte sich von ihnen und ging zum Bergfried, wohl wissend, daß sie seinen Weggang nicht bemerkt hatten. Er sah den stummen kleinen Jungen auf den Stufen zum Bergfried sitzen; das Holzschwert steckte in seinem Gürtel. Angel grinste und klatschte in die Hände. Der Junge ahmte ihn nach und sprang lächelnd auf.
    »Willst du was zu essen, mein Freund?« fragte Angel, führte die Finger zum Mund und tat so, als würde er kauen. Der Junge nickte, und Angel ging voran zur Haupthalle, wo die Feuer in den offenen Herden brannten. Ein dicker Ritter mit einer Lederschürze rührte in einer Suppe. Er warf einen Blick auf das Kind.
    »Er braucht ein bißchen Fleisch auf den Knochen«, sagte er, lächelte und strich dem Jungen übers Haar.
    »Aber nicht so viel wie du, Bruder«, meinte Angel.
    »Es ist schon komisch«, sagte der Ritter, »aber ich brauche einen Honigkuchen nur anzuschauen, und schon fühle ich, wie ich zunehme.« Er setzte den Jungen an einen Tisch, füllte Suppe in eine Schale und beobachtete mit unverhohlenem Vergnügen, wie es dem Kind schmeckte. »Du solltest Ekodas bitten, sich den Jungen anzusehen«, sagte der Ritter leise. »Er hat eine echte Heilergabe. Das Kind war nicht immer taub, mußt du wissen. Sein Gehör schwand langsam, als er noch ein Kleinkind war. Und mit seinen Stimmbändern ist soweit auch alles in Ordnung. Aber da er nichts hört, gibt er auch keine Laute von sich.«
    »Woher weißt du das?« fragte Angel.
    »Eine Gabe, die dicke Menschen haben, dünner Mann.« Er kicherte leise. »Ich heiße Merlon.«
    »Angel«, erwiderte der ehemalige Gladiator und streckte die Hand aus. Er staunte über die Kraft in Merlons Griff, und er schätzte den Priester rasch anders ein. »Mir scheint, du hast viel mehr Muskeln als Fett«, sagte er.
    »Ich bin mit einem Körper gesegnet, der ebenso kräftig ist wie mein Appetit«, antwortete der Priester.
    Das Kind aß drei Schalen Suppe und einen halben Laib Brot, während Angel sich mit dem großen Kriegerpriester unterhielt. Shia kam und setzte sich auf die Bank neben Angel.
    »Ich sagte ja gleich, daß sie uns Frauen nicht kämpfen lassen«, stieß sie hervor. In ihren Augen war Zorn zu lesen.
    Angel grinste. »Das stimmt. Aber die Dinge werden sich ändern. Wenn nicht morgen, dann übermorgen – sobald sie von allen Seiten angreifen. Wir haben nicht genügend Männer, sie aufzuhalten. Sorge dafür, daß die Frauen alle … überzähligen … Waffen einsammeln.«
    »Mit überzählig meinst du die Waffen unserer Toten?«
    »Genau«, gab Angel zu. »Und nicht nur die Waffen, auch Brustplatten, Helme, Armschienen. Alles, was schützt.«
    In diesem Moment kam eine junge Frau in die Halle gestürmt. »Sie kommen! Sie kommen!« rief sie.
    »Also geht es los«, sagte Merlon, zog die Lederschürze aus und ging quer durch die Halle zu der Feuerstelle, neben der seine Brustplatte, Helm und Schwert lagen.
     
    Miriel stand auf der linken Seite der Mauer, fast an der Ecke; über ihr lehnte sich waghalsig ein schiefes Türmchen vor. Ihr Mund war trocken, als sie die Gothir vorrücken sah. Den beißenden Winterwind bemerkte sie gar nicht mehr.
    Die Gothir hatten zwanzig Bäume gefällt und von den Ästen befreit. Sie wurden von schwer bewaffneten Männern gezogen. Hinter ihnen marschierten zweitausend Soldaten zu Fuß, mit Kurzschwertern und Schilden. Miriel warf einen Blick nach rechts. In der Mitte der Mauer stand Angel, grimmig und kraftvoll; das Schwert steckte noch in der Scheide. Ein Stück weiter stand Senta, breit grinsend, die Augen glänzend vor Erregung über die bevorstehende Schlacht. Miriel schauderte, aber nicht vor Kälte.
    Mehr als tausend Männer schleppten die Baumstämme, und das Trampeln ihrer Füße auf dem harten Talboden klang wie Donnern. Zwei Nadir neben Miriel hievten schwere Felsbrocken in die Höhe und legten sie auf die Brüstung. Bogenschützen schossen Pfeile in die vorrückenden Reihen, die aber bei den gepanzerten Männern kaum eine Wunde schlugen, wenn Miriel auch eine Handvoll Soldaten ausmachte, die zurückprallten oder stürzten, wenn eine Eisenspitze in ungeschützte Schenkel oder Arme drang.
    Der erste Stamm wurde aufgestellt und krachte mit einem

Weitere Kostenlose Bücher