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Die Drenai-Saga 5 - Im Reich des Wolfes

Die Drenai-Saga 5 - Im Reich des Wolfes

Titel: Die Drenai-Saga 5 - Im Reich des Wolfes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: David Gemmell
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die Halle. Ein kleines, unbenutztes Zimmer ging von dem dahinterliegenden Flur ab. Es war nicht möbliert, doch Angel legte sich auf den steinernen Fußboden und bettete den Kopf auf die Arme.
    Und er schlief traumlos.
    Miriel weckte ihn, und er setzte sich auf. Sie hatte ihm eine Schale dünner Brühe und ein Stück Brot gebracht. »Wie geht es deinen Händen?« fragte sie.
    »Sind geheilt«, antwortete er und drehte die Handflächen nach oben. »Von einem der Priester – Ekodas. Er hat eine seltene Gabe.«
    Sie nickte. »Ich habe ihn eben getroffen.« Er nahm die Suppe und begann zu essen. Miriel saß schweigend neben ihm. Sie schien in Gedanken versunken und zog ständig an einer Haarsträhne an ihrer Schläfe.
    »Was ist los?«
    »Nichts.«
    »Lügen paßt nicht zu dir, Miriel. Sind wir denn keine Freunde?«
    Sie nickte, sah ihm aber nicht in die Augen. »Ich schäme mich«, sagte sie so leise, daß ihre Stimme kaum zu hören war. »Hier sterben Menschen. Jeden Tag. Und trotzdem war ich nie glücklicher. Selbst auf der Mauer, wenn die Gothir vorrücken, fühlte ich mich auf eine Art lebendig, wie ich sie nie gekannt habe. Ich konnte die Luft riechen – so süß und kalt. Und mit Senta …« Sie wurde rot und wandte sich ab.
    »Ich weiß«, sagte er. »Ich war auch schon verliebt.«
    »Ich weiß, es ist verrückt, aber ein Teil von mir wünscht, daß dies hier nie zu Ende geht. Weißt du, was ich meine?«
    »Alles endet«, sagte er mit einem Seufzer. »Auf eine seltsame Art wird gerade dadurch das Leben so schön. Ich kannte einmal einen Künstler, der Blumen aus Glas machte – wunderbare Dinge. Doch eines Nachts, als wir in einer kleinen Kneipe tranken, sagte er mir, er hätte noch nie etwas geschaffen, was so schön sei wie eine echte Rose. Und er wußte, daß er es auch nie schaffen würde. Denn das Geheimnis ihrer Schönheit liegt darin, daß sie sterben muß.«
    »Ich will nicht sterben. Niemals.«
    Er lachte. »Das Gefühl kenne ich, Mädchen. Aber, bei Shemak, du bist jung – noch nicht einmal zwanzig! Nimm jedes Gramm Freude, die das Leben bietet, koste sie, schmecke sie. Aber verschwende deine Zeit nicht mit Gedanken an den Verlust. Meine erste Frau war ein Drachen. Ich betete sie an, und wir kämpften wie die Tiger. Als sie starb, fühlte ich mich beraubt. Doch wenn ich die Gelegenheit hätte, noch einmal anzufangen, ich würde nicht anders leben. Die Jahre mit ihr waren golden.«
    Miriel lachte ihn ein wenig einfältig an. »Ich will nicht den Schmerz erdulden, den mein Vater erlitten hat. Ich weiß, das klingt pathetisch.«
    »Daran ist nichts Pathetisches. Wo steckt der Mann eigentlich?«
    »Sammelt Fackeln.«
    »Wozu?«
    »Kesa Khan hat mich gebeten, Ekodas durch die unteren Ebenen zu führen. Wir sollen einen Kristall suchen.«
    »Ich komme mit euch.«
    »Nein«, sagte sie entschieden, als er aufstehen wollte. »Ekodas sagt, daß du erschöpfter bist, als du zugeben willst. Du brauchst nicht auch noch einen Marsch im Dunkeln.«
    »Es könnte gefährlich sein«, wandte er ein.
    »Kesa Khan sagt nein. Und jetzt ruh dich aus. Wir sind in ein paar Stunden zurück.«
     
    Für den Kaufmann Matze Chai war der Schlaf eine Freude, die man hüten mußte. Jede Nacht – gleich, unter welchem Druck er durch seine Unternehmen stand – schlief er ungestört genau vier Stunden lang. Matze Chai glaubte fest, daß es diese selige Ruhe war, die seinen Verstand scharf erhielt, während er mit den verräterischen Gothirhändlern und gerissenen Adeligen verhandelte.
    Deshalb war er nicht wenig erstaunt, als sein Diener, Luo, ihn weckte, und er feststellte, daß es noch einige Zeit bis zum Morgengrauen war; denn die Sterne waren noch durch das Balkonfenster zu sehen.
    »Es tut mir leid, Herr«, flüsterte Luo, der sich im Mondschein tief verbeugte. »Aber da ist ein Mann, der dich sehen will.«
    Matze Chai runzelte die Stirn. Kein gewöhnlicher Mann hätte Luo dazu gebracht, die Ruhe seines Herrn zu stören. Und von Matzes Bekannten hätte niemand den Diener in einen Zustand solcher Angst versetzt.
    Matze Chai setzte sich auf und nahm das seidene Netz ab, das sein geöltes, schimmerndes Haar hielt. »Zünde ein oder zwei Laternen an, Luo«, sagte er.
    »Ja, Herr. Es tut mir leid, Herr. Aber der Mann bestand darauf, daß ich dich wecke.«
    »Schon gut. Denk nicht mehr daran. Du hast richtig gehandelt. Hol mir einen Kamm.« Luo zündete zwei Laternen an und stellte sie auf den Tisch neben dem Bett. Dann holte er

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