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Die Drenai-Saga 5 - Im Reich des Wolfes

Die Drenai-Saga 5 - Im Reich des Wolfes

Titel: Die Drenai-Saga 5 - Im Reich des Wolfes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: David Gemmell
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Angst vor der neuen Dunkelheit in seinem Innern.
    Miriel setzte sich auf, legte noch Holz aufs Feuer und drehte sich dann so, daß ihre Beine und Füße die Wärme spüren konnten. Eine Stimme wisperte in ihren Gedanken, so schwach, daß sie zuerst glaubte, sie hätte sich diese Stimme nur eingebildet. Sie erklang wieder, doch Miriel konnte den Worten keinen Sinn entnehmen. Sie konzentrierte sich auf ihre Gabe und lauschte mit aller Kraft dem Wispern. Noch immer nichts. Es war ärgerlich. Sie legte sich nieder, schloß die Augen, und ihr Geist entschwebte ihrem Körper. Jetzt war das Wispern klarer, schien aber noch immer aus einer unglaublichen Entfernung zu kommen.
    »Wer bist du?« rief sie.
    »Vertrau mir!«
    »Nein.«
    »Viele Leben hängen von deinem Vertrauen ab. Frauen, Kinder, Alte.«
    »Zeig dich!« befahl sie.
    »Ich kann nicht – die Entfernung ist zu groß, meine Macht begrenzt.«
    »Was willst du dann von mir?«
    »Kehre in deinen Körper zurück und wecke Belash. Sag ihm, er soll seine linke Hand über das Feuer halten und sich in die Handfläche schneiden. Das Blut muß in die Flammen tröpfeln. Sag ihm, Kesa Khan befiehlt es ihm.«
    »Und was dann?«
    »Dann werde ich zu dir kommen, und wir werden reden.«
    »Wessen Leben hängt davon ab?« fragte sie. Sofort spürte sie seine Verärgerung.
    »Ich kann nicht mehr reden. Mach schnell, sonst bricht die Verbindung ab. Ich bin nahezu erschöpft.«
    Miriel kehrte in ihren Körper zurück, stand auf und ging zu Belash hinüber. Als sie näher kam, rollte sich der Nadirkrieger auf die Füße, das Messer in der Hand, die Augen mißtrauisch. Miriel überbrachte ihm die Botschaft, die sie von Kesa Khan erhalten hatte, in der Erwartung, daß Belash ihr Fragen stellen oder zumindest Zweifel anmelden würde. Doch unverzüglich ging der Nadir zum Feuer und ritzte sich mit der Klinge die Handfläche auf. Blut quoll aus der Wunde und tropfte in die Flammen.
    Die Stimme Kesa Khans dröhnte in Miriels Geist, so daß sie zurückwich. »Jetzt kannst du zu mir kommen«, sagte er.
    »Kann ich diesem Kesa Khan vertrauen?« fragte sie Belash.
    »Sagt er, daß du es kannst?«
    »Ja.«
    »Dann gehorche ihm«, riet der Nadir. Miriel erwiderte nichts, sondern las die Bilder, die hinter seinen Worten steckten. Belash fürchtete Kesa Khan, doch es bestand kein Zweifel, daß er ihn auch bewunderte und ihm sein Leben anvertrauen würde.
    Miriel legte sich hin und ließ ihren Geist frei. Sofort wurde sie in ein verwirrendes Labyrinth aus Licht und Farben gezogen. Ihre Sinne schwanden, und sie verlor die Kontrolle über ihren Flug, wirbelte wild durch tausend strahlende Regenbogen und in eine Dunkelheit, tiefer als der Tod. Aber ehe ihre Angst sich in Panik verwandeln konnte, hob sich die Dunkelheit, und sie fand sich in einem Dorf an einem Seeufer wieder. Hier gab es Häuser. Sie waren zwar roh gezimmert, boten aber Schutz vor dem Winterwind und dem Schnee. Kinder spielten am Ufer, und Miriel erkannte sich selbst und Krylla wieder. Neben ihnen, auf einem umgedrehten Boot, saß ein hochgewachsener schlanker Mann mit großen Augen und dicht gelocktem Haar.
    Miriels Herz tat einen Sprung, und zum erstenmal seit zwölf Jahren erinnerte sie sich an das Gesicht ihres echten Vaters. Dies war der Winter, kurz bevor die Vagrier eingefallen waren, kurz bevor ihre Eltern und alle ihre Freunde niedergemetzelt wurden. Es war eine friedliche Zeit, voller stiller Freude.
    »Ist diese Illusion angenehm für dich?« fragte der verwitterte alte Mann, der neben ihr saß.
    »Ja«, sagte sie. »Sehr sogar.« Sie wandte ihre Aufmerksamkeit dem alten Mann zu. Er war nicht mehr als einen Meter fünfzig groß; zarte Vogelknochen malten sich unter der straff gespannten Haut seiner Brust ab. Sein Kopf war zu groß für seinen Körper, und sein schütteres Haar hing ihm schlaff bis auf die Schultern. Beide Vorderzähne fehlten, was ihm eine zischende Aussprache verlieh. Er trug zerschlissene Beinkleider und knielange Mokassins, die mit schwarzen Lederstreifen zusammengebunden waren.
    »Ich bin Kesa Khan.«
    »Das sagt mir nichts.«
    »Wird es noch«, versicherte er ihr. »Wir haben denselben Feind. Zhu Chao.« Er spie den Namen beinahe aus.
    »Ich kenne diesen Mann nicht.«
    »Er schickte die Dunklen Ritter aus, um deinen Vater zu töten – so, wie er die Gothirarmee ausschickt, um mein Volk auszulöschen. Und du kennst ihn, Miriel. Sieh.« Die Szene flackerte; das Dorf verschwand. Jetzt saßen sie auf einer

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