Die Drenai-Saga 6 - Druss-Die Legende
zwar sehr bald. Du solltest lieber beten, daß unsere Armee schnell kommt.«
Als Snaga wieder rasiermesserscharf war, kümmerte Druss sich um seine Wunden. Der Schnitt in seinem Gesicht brannte wie Feuer, hatte jedoch aufgehört zu bluten. Seine Schulter war ein größeres Problem, doch er verband sie, so gut er konnte. Wenn er den Tag überlebte, würde er die Wunde abends nähen. In Armen und Beinen hatte er einige kleinere Wunden, die jedoch bereits verkrustet waren.
Ein Schatten fiel auf ihn. Er blickte auf. Sieben stand vor ihm, gerüstet mit Brustplatte und Helm.
»Wie sehe ich aus?« fragte der Dichter.
»Lächerlich. Was soll das werden?«
»Ich stürze mich mitten ins Kampfgeschehen, Druss, altes Roß. Und glaub nicht, daß du mich aufhalten kannst.«
»Ich würde nicht im Traum daran denken.«
»Du erklärst mich nicht für verrückt?«
Druss stand auf und packte den Freund an den Schultern. »Es waren gute Jahre, Dichter. Die besten, die ich mir wünschen konnte. Es gibt nur wenige kostbare Dinge im Leben eines Mannes. Eins davon ist das Wissen, daß man einen Freund hat, der einem zur Seite steht, wenn es düster wird. Und laß uns ehrlich sein, Sieben … Viel düsterer kann’s wohl nicht mehr werden, oder?«
»Jetzt, wo du es erwähnst, Druss, mein Lieber – die Sache scheint ein klein wenig hoffnungslos.«
»Na, jeder muß mal sterben«, sagte Druss. »Wenn der Tod dich holen kommt, spuck ihm ins Auge, Dichter.«
»Ich werde mein Bestes tun.«
»Das hast du immer getan.«
Wieder ertönten die Trommeln, und die Unsterblichen nahmen Stellung ein. Jetzt glitzerte Wut in ihren Augen, und sie starrten die Verteidiger unheilvoll an. Sie würden sich nicht zurückdrängen lassen. Nicht von Druss. Nicht von den armseligen zweihundert Mann, die ihnen gegenüberstanden.
Vom ersten Zusammenprall an wurden die Drenai zurückgeworfen. Selbst Druss, der Platz brauchte, um seine Axt zu schwingen, fand nur Raum, indem er einen Schritt zurückwich. Dann noch einen. Und noch einen. Er kämpfte weiter; eine unermüdliche Maschine, blutüberströmt und Blut fordernd. Snaga hob und senkte sich in einem blutroten Nebel mit erbarmungsloser Wirksamkeit.
Wieder und wieder rüttelte Druss die Drenai auf. Doch die Unsterblichen drängten weiter, stiegen über die Körper ihrer Gefallenen, mit finsterem Blick, voller Entschlossenheit.
Plötzlich brach die Reihe der Drenai auf, und binnen wenigen Augenblicken zerbrach die Schlacht in eine Vielzahl kleinerer Gefechte, in kleine Gruppen von Kriegern, die Rücken an Rücken in dem schwarzsilbernen Meer kämpften, das den Paß ausfüllte.
Die sentranische Ebene lag offen vor den Eroberern.
Der Kampf war verloren.
Doch die Unsterblichen wollten verzweifelt die Erinnerung an ihre Niederlage ausmerzen. Sie versperrten den Weg nach Westen, fest entschlossen, auch den letzten Verteidiger zu töten.
Auf seinem Beobachtungspunkt auf dem Berg im Osten schleuderte Gorben wutschnaubend sein Zepter zu Boden und wandte sich an Abadai.
»Sie haben gesiegt. Warum rücken sie nicht weiter vor? In ihrem Blutdurst versperren sie den Paß!«
Abadai mochte seinen Augen kaum trauen. Da die Zeit ein erbitterter Gegner war, der nur darauf wartete, sie zu verraten, setzten die Unsterblichen unwissend das Werk der Verteidiger fort. Der enge Paß war jetzt verstopft mit Kriegern, als der Rest von Gorbens Armee hinter ihnen andrängte, um in die Ebene einzufallen.
Druss, Delnar, Diagoras und einige andere hatten bei einigen vorspringenden Felsen einen Ring aus Stahl gebildet. Fünfzig Schritt weiter rechts waren Sieben, Certak und dreißig Männer umzingelt und kämpften wütend. Das Gesicht des Dichters war aschgrau, und ein furchtbarer Schmerz tobte in seiner Brust. Er ließ sein Schwert fallen und kroch auf einen grauen Felsen, wo er sein Wurfmesser aus der Armscheide zog.
Certak parierte einen Hieb, doch ein Speer durchbohrte seine Brustplatte und drang ihm in die Lunge. Blut stieg ihm in die Kehle, und er stürzte. Sieben schleuderte sein Messer. Es traf den Angreifer ins rechte Auge.
Ein Speer zuckte durch die Luft und bohrte sie ich Siebens Brust. Statt ihm Schmerzen zu verursachen, nahm er seltsamerweise den Druck von seinem verkrampften Herzen.
Er stürzte von dem Felsen und wurde von der schwarzsilbernen Horde verschluckt.
Druss sah ihn fallen – und wurde zum Berserker.
Er brach aus dem Schildkreis aus und warf seine massige Gestalt in die Reihen der Krieger vor ihm.
Weitere Kostenlose Bücher