Die dritte Ebene
Mit vereinten Kräften kurbelten der Navigator und der Steuermann am Ruder, doch nichts geschah. Noch immer lief die Norway Carrier in westliche Richtung aus.
Durch die Scheiben des Ruderhauses waren nur noch weiße Gischt und Regen zu erkennen. Die Scheibenwischer liefen auf höchster Stufe, doch sie verloren ihren Kampf gegen die Wassermassen. Von allen Seiten spritzte die Gischt gegen das Sicherheitsglas. Plötzlich lief ein Zittern durch das Schiff. Der Riese richtete sich im hohen Wellengang auf, bevor er mit voller Wucht in die Tiefe stürzte. Der Kapitän klammerte sich am Kontrollpult fest, doch die Wucht des Aufpralls warf ihn nach vorn. Er wurde gegen das Sicherheitsglas geworfen und zog sich eine blutende Platzwunde zu. Als er sich umwandte, war der Steuermann verschwunden. Suchend blickte sich der Kapitän um. Er war benommen. Blut sickerte aus seiner Platzwunde und lief ihm über das Auge hinab zum Kinn. Der Navigator raffte sich vom Boden auf. Mit schmerzverzerrtem Gesicht hielt er den rechten Arm umklammert. Dann erspähte der Kapitän seinen Steuermann. Er lag mit seltsam verkrümmtem Körper unterhalb des Kontrollpults. Kein Lebenszeichen ging mehr von ihm aus. Ein weiteres Zittern lief durch den Leib des Schiffes. Das Bersten von Metall war zu hören.
»Verdammt! Die Halterungen brechen!«, rief der Kapitän mit krächzender Stimme. Gegen den Lärm kam er nicht an.
Das Ruder drehte sich hektisch, und das Schiff lief querab zu der gewaltigen Dünung. Eine neue Welle traf die Breitseite der Norway Carrier und warf sie nach Backbord. Ein lautes Knirschen riss den Kapitän aus seiner Versteinerung. Er klammerte sich an einer Halterung fest. Plötzlich flog die Tür auf, und ein Schwall kalten und schäumenden Wassers ergoss sich in den Brückenraum. Die Kräfte des Kapitäns erlahmten. Für einen kurzen Moment lockerte er seinen Griff. Seine Sinne schwanden, als er in das Wasser stürzte.
Socorro, New Mexico
»Wir hätten alle tot sein können«, sagte die bleiche Frau und hielt das kleine Mädchen auf ihren Knien fest umklammert.
»Ein schwarzer Cherokee, sagen Sie?«, fragte Deputy Martinez. Dwain stand hinter ihr und hörte aufmerksam zu.
»Ja, ein schwarzer Cherokee«, bestätigte die Frau. »Ich habe nur die Buchstaben REI gelesen, den Rest konnte ich nicht erkennen. Ich war damit beschäftigt, meinen Wagen auf der Straße zu halten. Gar nicht auszudenken, wenn wir in den Wald gerast wären.« Tränen liefen der Frau über die Wange. Sie blinzelte.
Dwain legte der Frau die Hand auf die Schulter. »Wir werden nach dem Wagen suchen«, versprach er. An Deputy Martinez gewandt sagte er: »Gib eine Fahndung nach dem Cherokee heraus. Alle verfügbaren Streifenwagen sollen die Straße von hier bis Magdalena überprüfen.«
»Er hätte uns beinahe umgebracht. Viel hat nicht gefehlt. Er muss uns doch gesehen haben. Wieso hat er den LKW noch überholt? Bestimmt ist der Fahrer betrunken.« Die Frau rang um Fassung. Dwain gab Lene Martinez ein Zeichen, sie möge sich der verängstigten Frau annehmen. Die Polizistin nickte, stellte sich neben die Frau und streichelte ihre Hand.
Dwain wandte sich ab und ging in sein Büro. Er setzte sich hinter seinen Schreibtisch und holte die Akte Jack Silverwolfe aus der Schublade. Er schlug sie auf und suchte nach dem Kennzeichen, das Crow ihm genannt hatte. Ein schwarzer Cherokee, so viele Wagen dieser Marke würde es hier in dieser Gegend nicht geben. Es handelte sich mit Sicherheit um denselben Wagen, der von Crow in der Nähe von Jack Silverwolfes Hütte beobachtet worden war. Noch immer trieben sich die Mörder im Socorro County herum. Dwain glaubte zu wissen, wohin der Wagen unterwegs war. Doch folgen konnte er ihm dorthin nicht. Dennoch, irgendwann würde das Auto wieder auftauchen. Es war ratsam, in den nächsten Tagen einen Zivilwagen in der Nähe der Abzweigung zu den San Mateo Mountains zu platzieren. Dwain schüttelte den Kopf und verwarf den Gedanken. Er griff nach seinem Hut. Er selbst würde sich in der heutigen Nacht in der Nähe der Kreuzung postieren.
»Jetzt fühlst du dich wohl sicher in deinem Bau«, murmelte er. »Aber diesmal hast du dich zu weit aus dem Fenster gelehnt.«
Tichonow, Russisches U-Boot der Gepard-Klasse, Sargassosee
An Bord herrschte Schweigen. Nur das Zischen der zerborstenen Dampfleitung erfüllte die Stille. Dampfschwaden zogen durch den Maschinenraum. Das Bordlicht war auf Rot geschaltet, ein rotierendes Gelblicht an der
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