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Die dritte Ebene

Die dritte Ebene

Titel: Die dritte Ebene Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ulrich Hefner
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mir, darauf können Sie sich verlassen«, sagte er noch einmal, bevor er die Türe hinter sich schloss.
National Hurricane Center, Miami
    Im Kontrollzentrum waren die Blicke der Mitarbeiter wie gebannt auf die Monitore geheftet. Nur das Brummen der Klimaanlage war zu vernehmen. Dr. Allan Clark verfolgte die Zahlenkolonne, die über den Bildschirm wanderte. Die Lage war bedenklich. Fjodor hatte vor ein paar Minuten seinen Kurs geändert und war auf eine in Richtung Nordwesten verlaufende Bahn eingeschwenkt. Mit knappen dreißig Kilometern pro Stunde schob er sich über das Meer.
    »Neues Zielgebiet errechnet«, meldete der Assistent, nachdem die Zahlenreihe zum Stillstand gekommen war. »Bei jetziger Wandergeschwindigkeit und dem neuen Kurs trifft er in 106 Stunden in Südflorida auf unsere Küste.«
    »Geben Sie mir noch einmal die Werte!«, forderte Allan Clark.
    Der Assistent rief ein neues Programm auf. Es dauerte eine Weile, bis sich der Bildschirm grünlich einfärbte.
    »Gemessene Rotationsgeschwindigkeit bei 116,38 Meter pro Sekunde, Ausdehnung gesamt 782 Kilometer, Wandergeschwindigkeit bei 8,34 Meter pro Sekunde. Wellenhöhe bislang gemessen bei 24 Meter über null im Mittel. Derzeitiger Kurs Nordwest«, sagte der Assistent.
    Clark überflog nachdenklich die angezeigten Werte. »Das ist das mächtigste Monstrum, das sich bislang vom Golf auf unsere Küste zubewegt. Geben Sie sofort Alarm für die Küstengebiete, der Schiffsverkehr und Flugverkehr müssen eingestellt werden. Solange sich Fjodor da draußen herumtreibt, haben wir keine andere Wahl, als zu Hause zu bleiben und abzuwarten.«
    Ein Warnton erklang. Die Frauen und Männer im Kontrollzentrum blickten auf die Großbildleinwand. Ein aktuelles Schaubild von Fjodor, von einem der Wettersatelliten aufgenommen, war zu sehen.
    Gemurmel erhob sich im Raum. Der Sturm war gewaltig. Das Bild wurde in Echtzeit übertragen. Seine Rotationsgeschwindigkeit war enorm.
    »Wer dort hineingerät, der wird zermalmt wie ein Korn zwischen den Mühlsteinen«, sagte einer der Wissenschaftler.
    »Dr. Clark!«, rief eine Doktorandin.
    »Jenny, was ist?«
    »Nachricht aus Camp Springs«, rief die junge Frau. »Die Großwetterlage sieht nicht gut aus. Auch George hat jetzt in Richtung Küste eingeschwenkt. Er hat Stärke 5 erreicht, und über der Hudsonbai treibt ein Orkan mit Windstärke 12. Schwere Regenfälle in Nordspanien und Frankreich und eine Inversionslage über dem afrikanischen Kontinent.«
    Clark seufzte. »Das Ganze klingt wie ein böser Albtraum, der kein Ende nehmen will.«
    Die Doktorandin nickte zustimmend. »Leider gibt es zurzeit keine guten Nachrichten.«
    »Hat sich Professor Sebastian schon gemeldet?«
    »Bislang noch nicht, aber wenn er sich meldet, werde ich Sie umgehend ausrufen lassen.«
    »Verdammt!«, fluchte Clark. »Was treibt der Kerl nur? Ich habe ihm heute Morgen auf das Band gesprochen. Er müsste längst in seinem Büro sein.«
Hudsonbai, Kanada
    Dunkle Wolken türmten sich am östlichen Himmel. Der böige Wind peitschte die Wellen auf. Die Norway Carrier war ein Containerschiff der norwegischen Ulevsen-Reederei und von Bergen in Richtung Churchill unterwegs. Knapp 120 Meter und 8190 Bruttoregistertonnen maß der Frachter, der mit 12 Knoten in Richtung der kanadischen Küstenstadt steuerte. Vor drei Stunden hatte das Radar die Sturmzelle erstmals angezeigt. Die Hudsonstraße lag nur noch wenige Seemeilen entfernt, und der Kapitän hatte sich entschlossen, auf volle Fahrt zu gehen, um die Sturmfront zu durchqueren. Er hatte gehofft, im Schutz der Baffininsel auf ruhigere Gefilde zu stoßen, doch seine Hoffnung blieb vergebens. Der Wind nahm zu, und die Wellen schossen bereits über den Bug des Frachters und ließen ihn auf und ab schwingen wie ein hilfloses Stück Holz. Der Koloss stampfte durch die schwere See, und der Regen ergoss sich wie aus Eimern aus den tief hängenden Wolken und nahm dem Steuermann die Sicht. Plötzlich rollte eine riesige Welle von Steuerbord heran.
    »Beidrehen!«, rief der Kapitän. »Um Gottes willen, beidrehen!«
    Die Norway Carrier wurde mit voller Wucht von der Welle getroffen. Bedrohlich neigte sich der Ozeanriese nach Backbord. Die aufgestapelten Container wankten, doch noch hielten sie in ihrer Verankerung.
    Das Schiff richtete sich wieder auf. Eine neue Welle rollte an und traf das Vorschiff des Frachters. Die Kurskorrektur zeigte keine Wirkung, das Schiff war zu einem Spielball der schweren See geworden.

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