Die dritte industrielle Revolution - die Zukunft der Wirtschaft nach dem Atomzeitalter
Urbanisierung der Welt.
Dennoch ist man sich heute nicht wirklich sicher, ob man diese tiefgreifende Wende hinsichtlich der Lebensbedingungen des Menschen nun feiern, bedauern oder einfach nur statistisch zur Kenntnis nehmen soll. Was daran liegt, dass das Anwachsen der Weltbevölkerung wie unsere städtische Lebensweise auf Kosten unserer Ökosysteme gehen.
Kaum zu glauben, aber unsere Spezies verbraucht heute geschätzte 31 Prozent der Nettoprimärproduktion unseres Planeten – das ist die Nettomenge der durch Foto- oder Chemosynthese aus Sonnenenergie produzierten Biomasse –, und das, obwohl wir nur ein halbes Prozent seiner gesamten Biomasse ausmachen. 105 Da man erwartet, dass die Weltbevölkerung von augenblicklich fast sieben Milliarden bis zur Jahrhundertmitte auf über neun Milliarden anwachsen wird, hat die Belastung unserer Ökosysteme vermutlich verheerende Konsequenzen für die Überlebenschancen aller Lebensformen auf dieser Welt. 106
Die Kehrseite der Urbanisierung ist das, was wir zurücklassen auf unserem Weg in eine Welt voll hundertgeschossiger Bürogebäude, Wohnsilos und endloser Vorstädte. Es ist kein Zufall, dass wir, während wir die Urbanisierung feiern, auf eine weitere historische Wegmarke zusteuern: das Verschwinden der Wildnis. Bevölkerungszuwachs, steigender Verbrauch von Nahrung, Wasser und Baumaterial, zunehmender Straßen- und Schienenverkehr sowie der Wildwuchs der Vorstädte, all das nagt an den noch verbliebenen Wildgebieten und bringt deren Bewohner an den Rand des Aussterbens.
Unsere Wissenschaftler sagen uns, dass aller Wahrscheinlichkeit nach noch innerhalb der Lebensspanne unserer Kinder »die Wildnis« von unserem Planeten verschwunden sein wird. Der Transamazonas-Highway, der das Regenwaldgebiet des Amazonas in seiner Gänze durchschneidet, beschleunigt die Vernichtung eines der letzten großen wilden Habitate. Auch der Umfang anderer noch verbliebener Wildgebiete von Borneo bis zum Kongobecken nimmt Tag für Tag in rasantem Tempo ab, um Platz für eine wachsende Weltbevölkerung auf der Suche nach Lebensraum und Ressourcen zu machen.
|103| Das alte Rom lehrt eine ernüchternde Lektion hinsichtlich der Konsequenzen davon, nicht vertretbare Bevölkerungsmassen in riesigen städtischen Ballungsräumen halten zu wollen. So schwer man sich das heute vorstellen kann: Italien war zu Beginn der römischen Herrschaft dicht bewaldet. Im Verlauf weniger Jahrhunderte jedoch war der Wald abgeholzt, und das Land wurde für Felder und Weiden genutzt. Die Zerstörung der Wälder setzte die neu gewonnenen Ackerflächen Wind und Wetter aus, was dazu führte, dass der kostbare Mutterboden abgetragen wurde.
Der üppige Lebensstil seiner Reichen sowie der Ernährungs- und Unterhaltsaufwand von Sklaven und Truppen führte zu einer zunehmenden Abhängigkeit vom Ackerland des übrigen Mittelmeerraums. In den späteren Jahrhunderten des Römischen Reichs, als keine neuen Territorien mehr erobert, sondern die ländlichen Gebiete im eigenen Herrschaftsbereich kolonisiert wurden, kamen über 90 Prozent der Staatseinnahmen aus der Landwirtschaft. 107 Schon damals begann man das verarmte Land übermäßig auszubeuten in dem verzweifelten Versuch, den Strom der römischen Einkünfte nicht abreißen zu lassen, was die Krume nur noch weiter in Mitleidenschaft zog. Im 3. Jahrhundert führte die Verarmung der Krume sowohl in Nordafrika als auch im restlichen Mittelmeerraum zur Entvölkerung der ländlichen Gebiete und zur Aufgabe von Agrarland. 108
Der Verlust von Einnahmen aus der Landwirtschaft schwächte die Zentralregierung und führte im ganzen Römischen Imperium zu Verfallserscheinungen. Straßen und Infrastruktur verfielen. Das einst mächtige römische Heer, nunmehr schlecht gekleidet und unterernährt, verwandte mehr Zeit darauf, nach Nahrung zu suchen, als auf den Schutz des Reichs. Reihenweise begannen die Truppen zu desertieren, sodass immer wieder Horden über die entlegenen Grenzen des Imperiums einfielen. Im 5. Jahrhundert dann drangen die Invasoren bis nach Rom vor. Das Weströmische Reich, einst Herrscher über den größten Teil der damals bekannten Welt, brach zusammen. Die Stadt selbst, die in ihrer Blütezeit über eine Million Menschen beherbergt hatte, schmolz auf weniger als 100 000, die in ihren Trümmern hausten. Letztlich war es |104| Mutter Natur, die sich als weit ernstzunehmender denn alle feindlichen Heere erwies und das Reich in die Knie gezwungen hatte.
Und
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