Die dritte industrielle Revolution - die Zukunft der Wirtschaft nach dem Atomzeitalter
Verdiener des Landes verschwanden. 16 2007 verdiente dieses eine Prozent 23,5 Prozent des nationalen Einkommens (vor Steuern); 1976 waren es neun Prozent gewesen. Im selben Zeitraum ist das Durchschnittseinkommen amerikanischer Haushalte – ohne Senioren – gesunken, und der Anteil der Bevölkerung unter der Armutsgrenze steigt ständig an. 17
Die vielleicht treffendste Beschreibung der hierarchischen Organisationsform des Wirtschaftslebens, wie sie die Erste und Zweite Industrielle Revolution charakterisiert, ist die oft ins Feld geführte »Trickledown-Theorie«: Wenn die an der Spitze der auf fossilen Brennstoffen gebauten Pyramide Profit machen, dann sickert genügend Wohlstand nach unten durch bis zur untersten Sprosse der ökonomischen Leiter, den kleinen Geschäftsleuten und Beschäftigten, wovon wiederum die ganze Wirtschaft profitiert. Auch wenn hier nicht bestritten werden soll, dass der Lebensstandard von Millionen Menschen gegen Ende der Zweiten Industriellen Revolution höher ist als am Anfang der Ersten, so ist nicht zu übersehen, dass die an der Spitze vom Kohlenstoffzeitalter überproportional profitiert haben, vor allem in den Vereinigten Staaten, wo der Markt kaum Restriktionen kennt und wenig unternommen wurde, die Früchte des Industriezeitalters halbwegs gerecht zu verteilen.
Die kollaborative Wirtschaft
Die sich abzeichnende Dritte Industrielle Revolution dagegen organisiert sich um dezentrale erneuerbare Energien, die überall zu finden und größtenteils umsonst sind – Sonne, Wind, Wasser, Erdwärme, Biomasse, Gezeiten und Meereswellen. Diese »verstreuten« Energien werden an Millionen lokaler Standorte gesammelt und gebündelt. Mit |146| anderen über intelligente Stromnetze geteilt, garantieren sie optimale Energielevels und die Versorgung einer nachhaltigen Hochleistungswirtschaft. Das dezentrale Wesen erneuerbarer Energien erfordert eher Zusammenarbeit als hierarchische Befehls- und Kontrollmechanismen.
Diese neue laterale Energieordnung schafft das Organisationsmodell für die zahllosen ökonomischen Aktivitäten, die sich aus ihr ergeben. Und eine eher dezentral angelegte und kollaborative industrielle Revolution wird wiederum unweigerlich zu einer dezentraleren Aufteilung des erzeugten Wohlstands führen.
Der teilweise Umstieg von Märkten auf Netze bringt eine grundlegende geschäftliche Neuorientierung mit sich. Die im Grunde auf Gegnerschaft gebaute Beziehung von Käufer und Verkäufer weicht einer kollaborativen Beziehung zwischen Lieferant und Verbraucher. Das Eigeninteresse wird dem gemeinsamen Interesse untergeordnet; die betriebseigene und damit geschützte Information weicht einer neuen Offenheit und kollektivem Vertrauen. Der neue Fokus auf Transparenz – statt Geheimhaltung – gründet sich auf die Prämisse, dass es der eigenen »Aktie« nicht abträglich ist, für einen Mehrwert des Netzes zu sorgen. Im Gegenteil, da jeder einen gleichwertigen Knotenpunkt des Netzes ausmacht, hebt es den Wert aller Anteile an.
In immer mehr Industrien konkurrieren Netze mit Märkten, wird quelloffenes Gemeingut zur Herausforderung für das proprietäre Geschäftsmodell. Microsoft, ein traditionell marktorientiertes Unternehmen mit strenger Kontrolle über sein geistiges Eigentum, war auf so etwas wie Linux nicht gefasst. Als erstes von vielen Open-Source-Software-Netzen setzt die Linux-Gemeinde sich aus Tausenden von Software-Programmierern zusammen, die – unter Aufwand von Zeit und Sachkenntnis – an der Verbesserung eines von Millionen benutzten Software-Codes arbeiten. Alle Änderungen, Updates und Verbesserungen am Code bleiben gemeinfrei und für jeden im Linux-Netz kostenlos verfügbar. Hunderte weltweiter Unternehmen wie etwa Google, IBM, die amerikanische Post und Conoco haben sich dem Linux-Open-Source-Netz angeschlossen und sind damit Teil einer immer größer werdenden Gemeinde von Programmierern und Usern.
|147| Die großen Verleger von Enzyklopädien wie der
Britannica
und dem
Brockhaus
haben traditionell Akademiker dafür bezahlt, wissenschaftliche Artikel für ihre vielbändigen Hardcover-Lexika zu schreiben, in denen sich das versammelte Wissen unserer Welt nachschlagen lässt; nicht in ihren kühnsten Träumen hätten sie sich Wikipedia ausmalen können. Noch vor 20 Jahren wäre es undenkbar gewesen, dass Hunderttausende von Berufs- und Hobbygelehrten aus aller Welt unentgeltlich und gemeinsam akademische und populärwissenschaftliche Lexikoneinträge zu
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